Beim Kalten Technologie-Krieg stehen 3,5 Billionen USD auf dem Spiel – eine Studie benennt Gewinner- und Verlierer-Aktien

Die USA und China sind derzeit als die beiden größten Weltmächte einzustufen. Bei Beobachtern kommen da schnell mulmige Gefühle auf, wenn sich das Verhältnis zwischen diesen beiden Kräften negativ zuspitzt, so wie das seit einigen Jahren der Fall ist und wie es auch aktuell leider wieder zu beobachten ist. Jedenfalls hat das im Streit um die Einschränkung der Autonomie Hongkongs von den USA gegen China verhängte Sanktionsgesetz den Beziehungen einen neuen Tiefpunkt beschert.

Schon länger schwelt bekanntlich auch ein Handelsstreit zwischen China und den USA, bei dem es letztlich auch um die weltweite technologische Vorherrschaft geht. Jetzt, wo sich das Verhältnis wieder spürbar eingetrübt hat, stellt sich speziell auch aus Anlegersicht natürlich die Frage, ob der mit einem wackeligen Kompromiss zuletzt vorerst auf Eis gelegte Handelsstreit wieder aufflammt und was das für den Technologiesektor für Folgen haben könnte?

Die Deutsche Bank hat in dieser Woche einen Themenreport veröffentlicht, in dem sich Autor Apjit Walia genau mit dem letzteren Punkt intensiv beschäftigt. Der globale Leiter des Bereichs Tech-Strategie bei der Deutschen Bank sinniert in dem Bericht über einen möglichen Kalten Technologiebereich zwischen den USA und China sowie über die damit verbundenen generellen wirtschaftlichen Auswirkungen, inklusive der Folgen auf Unternehmensebene.

Wie viel ein kalter Technologie- Krieg kosten könnte

Zunächst geht Walia auf die Frage nach den mit einem Kalten Technologiekrieg verbundenen Kosten ein. Dazu stellt er zunächst allgemein fest, dass es sich bei der Rally im Technologiesektor und bei einem möglichen kalten Krieg rund um diesen Bereich um 2 der bedeutsamsten Aspekte im aktuellen Marktumfeld handelt. Die Spannungen zwischen den USA und China nähmen weiter zu und breiteten sich auf andere Teile der Welt aus, wobei auch viel über die möglichen Folgerisiken diskutiert werde.

Walia hat im Zuge einer Top-down-Analyse versucht, die Auswirkungen eines ausgewachsenen Kalten Krieges auf den Sektor der globalen Informations- und Kommunikationstechnologie zu beziffern. Das Ergebnis lautet, dass sich aus der daraus ergebende Nachfrageunterbrechung, der Umwälzung der Lieferkette und die daraus resultierende "Tech-Wall", welche die Welt in rivalisierende Technologiestandards abgrenzen würde, den Sektor in den nächsten 5 Jahren mehr als 3,5 Billionen USD kosten könnte. Wie sich diese Summe gemäß Deutsche Bank zusammensetzt, zeigt die nachfolgende Grafik.

Finanzielle Auswirkungen des Kalten Tech-Krieges auf den globalen ICT-Sektor

DB Tech Kalter-Krieg-Index

Um den Lärm rund um die subjektiv gefärbten geopolitischen Kommentare zu reduzieren, hat die Deutsche Bank die Intensität der Spannungen in den vergangenen 5 Jahren mit Hilfe des maschinellen Lernens gemessen und den DB Tech Kalter-Krieg-Index (DB Tech Cold War Index) erstellt. Er erreichte im April 2020 ein neues Allzeithoch, als die Coronavirus-Krise die Spannungen anheizte, und ist seitdem weiter gestiegen.

Die geopolitischen Schlagzeilen entsprechen demnach auch der Stimmung in der Bevölkerung. Wiederkehrende Umfragen, die man im Rahmen von DBdig von April bis Juni durchgeführt habe, zeigten, dass die Stimmung auf einem hohen negativen Niveau bleibe: mehr als 41 % der Amerikaner und mehr als 35 % der Chinesen gäben an, dass man keine vom anderen Land hergestellten Produkte kaufen würde.

Die bisherige Entwicklung des DB Tech Cold War Index

Quelle: Deutsche Bank

Halbleiter trotzen dem Trend

Vergleiche man zudem die Aktienperformance der globalen Informations- und Telekommunikations-Konzern (Information and Communications Technology (ICT)) mit dem DB Tech Kalter-Krieg-Index, so scheine der Markt recht effizient zu sein, denn es bestehe eine Korrelation zwischen Unternehmen mit hohem Verkaufsengagement in China und der negativen Reaktion ihrer Aktien auf eskalierende Spannungen.

Es gebe jedoch eine überraschende Ausnahme von diesem Trend, nämlich den Halbleitersektor. Entgegen der übereinstimmenden Meinung am Markt zeige die eigene Analyse, dass Halbleiteraktien positiv auf die steigenden Spannungen des Kalten Krieges reagierten, obwohl sie die größten Streitpunkte in dem Konflikt darstellten und ein hohes Verkaufs- und Lieferkettenengagement auf dem chinesischen Markt aufweisen würden.

Umsatzexposition der ICT Industrie-Gruppen gegenüber China

Quelle: Factset, Deutsche Bank

Korrelation der ICT Industrie-Gruppen zum DB Tech Kalter-Krieg-Index

Quelle: Factset, Deutsche Bank

Wie reagieren die staatlichen Tech-Ausgaben der Regierungen weltweit einen Kalten Krieg?

Eine einzige positive Folge aus dieser geopolitischen Spaltung könnte sich dann ergeben, wenn die beiden Nationen ähnlich wie während des Kalten Krieges zwischen den USA und der Sowjetunion im letzten Jahrhundert reagieren, als diese ihre Verteidigungsausgaben erhöhten.

Stelle sich ähnliches dieses Mal auch mit Blick auf den Tech-Sektor ein, dann könnte daraus ein erheblicher Anstieg der staatlichen Ausgaben resultieren. Um diesbezüglich mehr Klarheit zu bekommen, hat sich die Deutsche Bank die Ausgaben der US-Regierung für Forschung und Entwicklung sowie für Wissenschaft und Technologie vor und nach den Spannungen Mitte der 1950er Jahre angesehen und diese mit dem heutigen Niveau verglichen. Aus der nachfolgenden Grafik ist zu entnehmen, dass sich die Ausgaben der US-Regierung für Forschung und Entwicklung in % des Bruttoinlandsproduktes in den Jahren 1957 bis 1964 mehr als verdoppelten.

Entwicklung der Ausgaben der US-Regierung für Forschung und Entwicklung

Außerdem hat man, allerdings ohne die Angabe weiterer Details dazu, 2 Gruppen mit Aktien weltweit erstellt, die positiv bzw. negativ mit dem möglichen Kalten Krieg im Technologiebereich korreliert sind.

Aktien mit positiver Korrelation zum DB Tech Kalter-Krieg-Index

Aktien mit negativer Korrelation zum DB Tech Kalter-Krieg-Index


Bildherkunft: Adobe Stock: 320206973