Der Kampf um den Corona-Impfstoff: Welche Pharma-Aktien haben derzeit die besten Chancen?

Michael Seibold ist als freier Redakteur beschäftigt. Artikel von freien Redakteuren stellen deren eigene Meinung dar und müssen mit der von aktien nicht korrespondieren.

Liebe Leser,

gegen SARS-CoV-2, der durch das Coronavirus ausgelösten Pandemie, sind laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) 165 Impfstoffprojekte angelaufen. Dementsprechend hoch ist die Kauflaune vieler Anleger in der Pharma-Branche. Bei jeder noch so kleinen Erfolgsmeldung winken schließlich hohe Aktien-Gewinne. Der Schein trügt jedoch, wenn etwas nicht so funktioniert. Viele Anleger springen auf die Impfstoff-Euphorie auf und erleiden schmerzhafte Verluste. Am Ende machen sich die Milliardenumsätze nur wenige Unternehmen unter sich aus, viele werden auf der Strecke bleiben. Normalerweise dauert eine Virusanalyse bis zur Zulassung mindestens 10 Jahre – meist noch viel länger. Durch neue Technologien und Vorerfahrungen mit Impfstoffprojekten gegen verwandte Viren lassen sich einige Schritte beschleunigen. Insgesamt erfolgt die Impfstoffentwicklung in sieben Etappen bis zur Zulassung:

1. Analyse des Virus

2. Design des Impfstoffes

3. Erprobung mit Tieren

4. Erprobung mit Freiwilligen

5. Großproduktion beginnt

6. Zulassungsverfahren

7. Versorgung der Bevölkerung

 

Quelle: Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa)


Phasen der Erprobung

In Phase I liegt der Fokus auf Sicherheit sowie Verträglichkeit des Impfstoffs. Es geht darum, eine Immunabwehrreaktion auszulösen. Hier wird die geeignete Dosierung bei einer kleinen Gruppe gesunder Frauen und Männer grob abgeschätzt (zwischen 10 und 30 Personen). Diese Gruppe wird mit einer gleich großen Kontrollgruppe verglichen, die eine Spritze ohne einen Impfstoff erhält. Bei den Covid-19-Impfstoffen werden meist eine Injektionslösung in die Oberarmmuskulatur gespritzt. Sobald die erste Person die Dosis verträgt, folgen weitere Probanden. Es werden standardisierte Fragebögen verteilt sowie Personen persönlich mindestens sechsmonatig überwacht. Phase 1 und Phase 2 können für eine schnellere Prüfung von Covid-19-Impfstoffen miteinander verbunden werden.

In Phase II geht es um eine deutlich größere Gruppe (zwischen 50 und 500 Probanden). Auch hier ist das Ziel, die bestmögliche Dosierung zu finden sowie bereits gewonnenes Wissen hinsichtlich der Verträglichkeit und Immunreaktion zu vertiefen. Die Dosierungen werden in verschiedenen Untergruppen von niedrigen Mengen bis zu höheren Mengen gesteigert. Unterschiedliche Wirkungen werden anhand von Blutproben getestet (Antikörperbildung, Immunregulation wichtiger Zytokine usw.). Bei Covid-19-Studien dauert diese Phase zwischen wenigen Wochen bis wenigen Monate (normalerweise mehr als zwei Jahre).

Mit der Phase III beginnt die aufwändigste Etappe. Mit einigen Tausend an potenziell mit dem Virus zu infizierenden Freiwilligen soll sich jetzt erweisen, ob der Impfstoff zuverlässig vor einer SARS-CoV-2 Infektion schützt. Es werden wieder zwei Gruppen gebildet, die nichts voneinander wissen. Die eine Gruppe bekommt den tatsächlichen Wirkstoff, die andere Gruppe eine Placebobehandlung. Nach der Impfung kehren die Probanden in den Alltag zurück. In regelmäßigen Intervallen finden ärztliche und labormedizinische Untersuchungen statt, darunter auch Tests auf Infektion mit dem Virus.

Wie gut der Impfstoff vor Covid-19 schützt wird durch einen Vergleich von Geimpften mit Nicht-Geimpften ermittelt. Wie hoch ist die Anzahl der Erkrankten trotz Impfung in jeder Gruppe? Die ersten Phase-III-Studien haben Anfang Juli begonnen.


Welche Unternehmen befinden sich bereits in Phase III der Impfstoffentwicklung?

Wer hat bereits mit der Phase III der Impfstoffentwicklung begonnen? Wer wird der Erste sein, der einen Impfstoff auf den Markt bringen kann? Wie schnell mit Impfkampagnen begonnen werden kann, hängt unter anderem von den Produktionskapazitäten, der Erprobung, Zulassung sowie von der Geschwindigkeit der Entwicklung ab. Erste Unternehmen sowie Forschungsinstitute weiten ihre Produktionskapazitäten bereits für einen Covid-19-Impfstoff aus. Darunter Moderna/Lonza, Janssen (Johnson & Johnson), Kentucky BioProcessing, BioNTech/Pfizer, Oxford University, AstraZeneca, Serum Institute of India sowie das Konsortium ReiThera/Leukocare/Univercells. Auch CureVac hat Mitte Mai bekanntgegeben, größere Mengen der Hauptkomponenten seines Wirkstoffes (mRNA) zu produzieren. Manche Unternehmen wie Takeda oder Bayer haben Unterstützung bei der Produktion anderer Impfstoffe zugesagt.

Von allen bisherigen Firmen befinden sich fünf in Phase III. Darunter das Mainzer Unternehmen BionTech, ein Forscherteam der britischen Oxford University, der US-Pharmakonzern Moderna, das Wuhan Institute of Virology und das Sinovac Biotech Unternehmen. Wer das Rennen am Ende macht, ist eine reine Spekulation und nicht vorhersehbar. Kleine Hoffnungsmeldungen genügen meist, um in kürzester Zeit das Börsenbaromerter nach oben zu katapultieren. Aber genauso schnell geht es dann oft in die andere Richtung, wenn gewünschte Erfolge nicht eintreffen. Angefeuert werden die Impfstoffhersteller von den Staatskassen sowie Millionen-Investitionen von privaten Investoren. Für Spekulanten ist das eine wahre Freude. Für den normalen Privatanleger jedoch ein heißes Eisen.

Den steilsten Anstieg verzeichnete bislang das US-amerikanische Unternehmen Novavax. Stand die Aktie im Januar noch bei 3 Euro, wird sie jetzt mit mehr als 154 Euro gehandelt. Befeuert wurde der rasante Kursanstieg von US-Präsident Trump, der dem Konzern Zuschüsse von mehr als 1,6 Mrd. US-Dollar zugesagt hat. Ende Mai hat man mit den ersten klinischen Studien begonnen und wenige Tage danach verdoppelte sich der Kurs, alles basierend auf der Hoffnung.

 

 

Mit einer derzeitigen Börsenbewertung von mehr als 8 Mrd. US-Dollar hat das nichts mehr mit Normalität zu tun. Wenn wir uns das Mainzer Pharmaunternehmen Biontech anschauen, so sehen wir, dass der Kurs der Aktie extrem stark schwankt. Seit März schwankt die Aktie zwischen 30 Euro und 90 Euro. Aktuell steht sie bei 61 Euro. Das deutsche Unternehmen arbeitet mit dem Pharmariesen Pfizer sowie dem chinesischen Unternehmen Fosun Pharma zusamen – hier hat die US-Behörde FDA eine beschleunigte Zulassung zugesprochen, sollte es eben zu der besagten Zulassung kommen – auch überhaupt nicht absehbar und eine reine Spekulation.

 

 

Was wir aber tatsächlich sehen, ist dass noch kein Anwärter die Phase III der Impfstoffentwicklung überstanden hat – das ist eben auch die Phase, in der die meisten Pharma-Konzerne scheitern. Primär wird der Impfstoff zur Prävention entwickelt, sekundär zur Behandlung der Erkrankten getestet.

 

Fazit

Am Ende bleibt die Frage, welcher Ansatz (Lebendimpfstoffe mit Vektorviren, Totimpfstoffe mit Virusproteinen oder mRNA/DANN-basierte Impfstoffe) sich durchsetzt. Im großen Weltindex MSCI World beträgt der Health Care Anteil ca. 14 Prozent. Also sollte sich das Szenario bei einer erfolgreichen Zulassung auch in den großen Welt-Indizes abbilden, jedoch ist die Wette auf ein einzelnes Pharma-Unternehmen in diesem Bereich hochspekulativ.

Liebe Anleger,

ich wünsche Ihnen noch viele erfolgreichen Investments!

Bis zur nächsten spannenden Story,

Michael Seibold

Tipp: Im Aktien-Screener von TraderFox könnt ihr im sogenannten Listen-Viewer Aktien aus bestimmten Anlagetrends bestimmen. Beispielsweise könnt ihr nach Coronavirus-Aktien screenen, also alle Unternehmen, die von der Pandemie sogar profitieren können.
Dazu benötigt ihr das Morningstar Datenpaket von TraderFox. Hier könnt ihr es bestellen.


Bildherkunft: https://unsplash.com/photos/MwPkry9H4gI