Aphria/Tilray-Fusion – Heute soll die Fusion abgesegnet werden. Kommt es zu einem Sell the News?

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Liebe Leser,

die Aktionäre von Tilray (TLRY) werden heute (30. April 2021) über die Fusion mit Aphria (APHA) abstimmen. Im Rahmen dieser Fusion werden die Aktionäre von Aphria 0,8381 Aktien der Tilray-Aktie für je eine ihrer Aphria-Aktie erhalten. Die Aktionäre von Aphria haben bereits am 15. April über die Fusion abgestimmt und sie genehmigt. Am 15.12.2020 hatten der kanadische Cannabis-Produzent Aphria und der US-Cannabis-Produzent Tilray bekannt gegeben, sich in einem "All Stock Deal" zum umsatzstärksten Cannabis-Unternehmen zusammenschließen zu wollen. Die Tilray-Aktien schossen daraufhin +20 % nach oben, Aphria-Aktien um über +7%. Es ist ein sinnvoller Zusammenschluss und eine notwendige Konsolidierung in der Branche. Kommt es heute zu einem Sell the News?

Quelle: desk.traderfox.com

Kurzübersicht der angedachten Fusion

Das fusionierte Unternehmen soll unter dem Symbol-Ticker von Tilray (TLRY) an der Nasdaq gehandelt werden. Die Aphria-Aktionäre werden 62% der Tilray-Aktien im Rahmen der Transaktion besitzen. Aphria zahlt eine Prämie von 23% auf Tilrays Schlusskurs vom 15. Dezember 2020, welcher bei 7,87 USD lag. Der Gesamtumsatz für 2021 wird mit 930 Mio. CAD (625 Mio. EUR) beziffert. Damit wird es das umsatzstärkste Unternehmen der Marihuana-Branche werden. Irwin Simon, CEO von Aphria, soll zum CEO des neuen Unternehmens ernannt werden, das laut Bericht seinen Hauptsitz in die USA verlegen wird. Der Unternehmenszusammenschluss wird voraussichtlich zu operativen Effizienzgewinnen führen. Das Management beziffert diese auf ca. 100 Mio. CAD (67 Mio. EUR) innerhalb von 24 Monaten nach Abschluss des Unternehmenszusammenschlusses.

Quelle: desk.traderfox.com

Würdigung des Deals

Eine Konsolidierung in der stark fragmentierten Cannabis-Branche ist absolut sinnvoll. Für Aphria, das bis vor kurzem ausschließlich auf dem kanadischen Markt im Bereich der medizinischen Marihuana tätig war, ermöglicht die Fusion mit Tilray zunächst den Eintritt in den US-Markt. Hinzu kommt der Markt für Freizeitkonsum von Marihuana. Tilray ist ein in den USA ansässiges Unternehmen, das international sowohl auf dem medizinischen Markt als auch auf dem Freizeitmarkt für Marihuana vertreten ist. Außerdem sind Synergien im Getränkebereich zu erwähnen. Erst Anfang November hat Aphria das US-amerikanische Craft-Beer-Unternehmen Sweetwater Brewing Company übernommen, das auf cannabis-infundierte Getränke spezialisiert ist. Gleichzeitig ist Tilray Partner von Anheuser-Busch InBev. Die kombinierten Vertriebsaktivitäten in den USA werden sich auf Sweetwater von Aphria und Manitoba Harvest von Tilray (Manitoba Harvest stellt Hanf- und CBD-Markenprodukte her) konzentrieren. Das fusionierte Unternehmen wird aber nicht nur auf dem kanadischen und US-Markt stärker vertreten sein. Auch der europäische Markt spielt eine übergeordnete Rolle für die Fusion. Hier ermöglicht die Produktionsstätte von Tilray in Portugal einen zollfreien Zugang zur Europäischen Union. Dies verspricht viel Wachstum, insbesondere in Deutschland. Denn in Deutschland verfügt Aphria über ein Vertriebszentrum für medizinische Rezepte und eine Kultivierungsanlage. Insgesamt viel Wachstumsfantasie. Die Fusion wird also ein global operierendes Business schaffen. Was lässt sich kritisch beäugen an der Fusion? Das Management sieht Synergien auf der Kostenseite von 100 Mio. CAD in den kommenden 24 Monaten. Das sind über 5% des Umsatzes pro Jahr (ca. 50 Mio. CAD pro Jahr oder 100 Mio. CAD über zwei Jahre bei einem Umsatz von knapp 1 Mrd. CAD). Ein sportliches Ziel. Auch ist es ein offenes Geheimnis, dass Fusion in der Mehrheit der Fälle nicht die avisierten Synergien generieren. Der Vorstand wird sich aus neun Mitgliedern zusammensetzen, sieben aus dem Aphria-Haus und lediglich zwei von Tilray. Warum wurde diese Ungleichheit gewählt, könnte man sich fragen. Aphria übernimmt Tilray, während die fusionierte Company das Ticket-Symbol von Tilray tragen wird. Auch ist dies ein wenig merkwürdig, obgleich dies lediglich einen symbolischen Charakter hat. Wenn dafür das operative Geschäft umso besser läuft, werden die Aktionäre sicherlich nichts dagegen haben.

Was lässt sich abschließend sagen?

Es dürfte einer großen Überraschung gleichkommen, falls die Aktionäre von Tilray der Fusion widersprechen sollten. Ich erwarte keine signifikante Kursausschläge, sofern die Fusion durchgewunken wird seitens der Tilray-Aktionäre. Falls es doch zu einer Ablehnung der Fusion käme, könnte ich mit einen stärkeren Sell-off vorstellen, der sich auf die gesamte Branche auswirken könnte. Im Allgemeinen denke ich, dass trotz ambitionierter Kosteneinsparungspotenziale die Fusion ein Schritt in die richtige Richtung ist für beide Unternehmen (Wachstum in den USA und Europa sowie Einführung weiterer Produkte) und für den gesamten, stark fragmentierten Cannabis-Sektor. Man muss sich als Investor und Trader darüber bewusst sein, dass der Cannabissektor nach wie vor sehr volatil und spekulativ ist. Ich bin gespannt, wie das fusionierte Unternehmen performen wird und wie die Entwicklung der gesamten Branche weitergeht.


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