Empire Cannabis Summit 2021 - Vier wesentliche Katalysatoren der Cannabisbranche und ein paar Hidden Champions

Marius Müllerhoff ist als freier Redakteur beschäftigt. Artikel von freien Redakteuren stellen deren eigene Meinung dar und müssen mit der von aktien nicht korrespondieren.

Liebe Leser,

letzte Woche fand der Empire Cannabis Summit 2021 statt. Es wurden die aktuelle Situation der Cannabisbranche diskutiert, vier wesentliche Katalysatoren für ein steiles Wachstum der Branche thematisiert und einige Hidden Champions vorgestellt. Gäste waren u.a. Whitney Tilson, der ehemaliger CEO und Gründer des Value-Funds Kase Capital. Er begann seine Karriere in 1999 mit einem verwalteten Vermögen von 1 Mio. USD, konnte bis 2010 den S&P 500 klar outperformen und in der Spitze mehr als 200 Mio. USD verwalten. Heute leitet er Empire Financial Research. Es folgt nun eine Kurzzusammenfassung des Summits.

"Blue Wave", Bankenregulierung, Kamila Harris

Die Demokraten, die sich für eine Entkriminalisierung von Marihuana (Marihuana und Cannabis werden in diesem Artikel synonym verwendet) auf Bundesebene einsetzen, haben im Januar die "Blue Wave" geschafft. Das bedeutet, dass sie sowohl das Weiße Haus als auch den Kongress dominieren. Die Mehrheit in beiden Kammern ist notwendig für die Legalisierung von Cannabis auf Bundesebene. Umfassende Gesetze stehen kurz vor der Verabschiedung, einschließlich des SAFE Banking Act, des STATES Act und des MORE Act. Mittels des SAFE Banking Acts wird der Weg für Banken und Versicherungsunternehmen geebnet, Cannabisunternehmen ohne Einmischung des Bundes zu bedienen. Der STATES Act schützt Unternehmen vor der richterlichen Durchsetzung von Gesetzen durch den Bund, solange sie die Gesetze und Regularien des jeweiligen Bundesstaates einhalten. Schließlich gibt es den MORE Act. Mittels dieses Gesetzes würde Cannabis von der Liste der kontrollierten Substanzen gestrichen und auf Bundesebene entkriminalisiert. Und wer war der Senatssponsor für den MORE Act? Kamala Harris, die heutige US-Vize-Präsidentin.

Der erste und wichtigste Katalysator ist der Zugang zum US-Finanzsystem

Der Zugang zum US-Finanzsystem ist essentiell. Cannabisunternehmen soll dieser nun ermöglicht werden. Bis jetzt war es eine Grauzone für Banken, Cannabisunternehmen ihre Dienstleistungen anzubieten. Daher gab es nur eine sehr kleine Anzahl an lokalen (Klein-)Banken, die dieses Geschäft akzeptierten, wobei sie sich ihre Dienste üppig vergüten ließen. In Kürze soll es diese Grauzone nicht mehr geben. Cannabisfirmen soll es ganz legal erlaubt sein, die Dienstleistungen von lokalen und nationalen Banken in Anspruch zu nehmen. Großbanken wollen sich darauf einlassen. Eine Großbank als Finanzierungspartner an Bord zu haben, ist ein sehr großer Vorteil (Vertrauen, Netzwerk, weiteres Kapital). Die Großbanken warten aktuell nur noch auf die Gesetzgebung aus Washington, die in dieses Jahr, spätestens in 2022 erfolgen soll. Cannabis-Unternehmen können dann mit den meisten Banken ihrer Wahl Geschäfte eingehen, was einen besseren Zugang zu Kapital und niedrigere Gebühren bedeutet.

Der Zugang zu den US-Börsen stellt den zweiten Katalysator dar

Derzeit werden amerikanische Cannabisunternehmen entweder an ausländischen Börsen oder OTC (over the counter) gehandelt. Bald könnten sie aber Zugang zur New Yorker Börse und zur Nasdaq erhalten. Dies könnte diese Aktien für Millionen an Investoren sowie für Institutionen öffnen, die sie derzeit nicht besitzen können wegen Compliance and Regularien. Es sollte also viel neues Kapital in US-Cannabisaktien und somit in die gesamte Branche fließen. Einiges davon könnte bereits eingepreist sein.

Der dritte Katalysator heißt Konsolidierung

Am 3. Februar kündigte Jazz Pharmaceuticals die Übernahme von GW Pharmaceuticals für gut 7 Mrd. USD an. Erst im Dezember 2020 kündigten die beiden kanadischen Hersteller von Cannabis-Produkten Aphria und Tilray an, eine Fusion anzustreben. Planerisch soll diese im zweiten Quartal 2021 abgeschlossen sein. Das Konglomerat würde dann einen Marktanteil von fast 20 Prozent erreichen. Dank des bald geschaffenen transparenten Zugangs zum US-Bankensystem und zu den US-Kapitalmärkten könnten größere Cannabis- und Konsumgüterunternehmen beginnen, den Markt zu konsolidieren. So könnten diejenigen kleineren Marihuana-Unternehmen, die gut geführt sind und solide Bilanzen aufweisen, zu Prämienpreisen aufgekauft werden. Vermutlich finden zum aktuellen Zeitpunkt bereits solche Fusionsgespräche statt. Lassen wir uns überraschen.

Der vierte Katalysator sind die "picks and shovels companies"

Während des US-Goldrausches im 19. Jahrhundert haben vor allem diejenigen Firmen sich eine goldene Nase verdient, die die Werkzeuge, die für das Goldschürfen notwendig waren, zur Verfügung gestellt haben, und nicht mit dem eigentlichen Goldschürfen. Das sind die sogenannten "picks and shovel” Unternehmen, zu deutsch: Pickel und Schaufel Unternehmen. Mit steigender Nachfrage nach den Cannabis-Produkten (z.B. Marihuana, CBD, Getränke, Salben, Lebensmittel etc.), wird die Nachfrage nach Betriebssoftware, Düngermittel, Etiketten, Forschung & Entwicklung, Lichtersysteme, Maschinen, Recruitment-Firmen mit Fokus auf den Cannabissektor, Sprinkleranlage, Verpackung, u.v.m. Die marihuanabezogene Infrastruktur sollte einen Boom erleben.

Mögliche Hidden Champions

Während des Summits wurden u.a. folgenden Unternehmen erwähnt: Greenlane Holding (GNLN) vertreibt Verdampfungsprodukte und Zubehör für Vapour-Läden und Apotheken. Das Unternehmen bietet Verpackungen, Rollenpapiere, Mühlen, Glasprodukte und Rauchzubehör an. Power REIT (PW) ist eine Holdinggesellschaft, die sich mit der Entwicklung, dem Erwerb und der Verwaltung von Immobilienvermögen im Zusammenhang mit Transport- und Energieinfrastruktur befasst. Der Schwerpunkt liegt auf Neuerwerbungen von Immobilien, die an Projekte zur Erzeugung erneuerbarer Energien aber eben auch möglicherweise an Projekte bezogen auf die Cannabisbranche vermietet werden. Innovative Industrial Properties ist ähnlich aufgestellt. Trulieve Cannabis (TCNNF) stellt medizinische Cannabisprodukte und -dienstleistungen bereit. Das Unternehmen kultiviert und produziert seine Produkte im eigenen Haus und vertreibt sie über die Lieferung nach Hause an seine Markengeschäfte sowie direkt an die Patienten. Jushi Holdings (JUSHF) ist ein nationales Cannabisunternehmen, das hochwertige Einzelhandelsstandorte betreibt, in denen Premiummarken vertrieben werden. Es verfügt über hochmoderne Anbau-, Verarbeitungs- und Produktionsanlagen. Außerdem wurde der AdvisorShares Pure US Cannabis ETF (MSOS) erwähnt.

Was lässt sich abschließend sagen?

Der Zugang zum US-Finanzsystem ist wohl der wichtigste Katalysator für die US-Cannabisbranche. Es spricht vieles für diesen noch jungen Sektor. Der weltweite Markt für jegliche Art von Cannabis- und CBD-Produkten ist gewaltig. Natürlich ist die Branche weiterhin mit einigen Herausforderungen konfrontiert. Hierzu zählen z.B. die Überproduktion in den vergangenen Monaten/Jahren insbesondere in Kanada, Unprofitabilität etlicher Unternehmen und der weiterhin florierende Schwarzmarkt. Positiv ist auch, dass immer mehr Family Offices, Hedgefonds und große Institutionen investieren den Marihuana-Sektor für sich entdeckt haben. Er sollte also weniger von Spekulanten und Daytradern dominiert werden. Ich werde mich näher mit möglichen "pick and shovel" Playern befassen.


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