Fortinet - Ein Profiteur der explodierenden Nachfrage nach Cybersecurity-Lösungen!

Liebe Leser,

das Markt-Umfeld ist volatil. Der Krieg in der Ukraine, die restriktive US-Zentralbank, Halbleiter-Engpässe, angespannte Lieferketten, mehr offene Stellen als Arbeitslose am US-Arbeitsmarkt, hohe Inflation, ein angespannter chinesischer Immobiliensektor, explodierende Rohstoffpreise, uvm. führen zu Unsicherheit. In den Medien liest man häufig von Stagflation, also einer stagnierenden Wirtschaft und einer hohen Inflation. Einige Ökonomen gehen sogar davon aus, dass eine Rezession, also negatives Wirtschaftswachstum in mindestens zwei Quartalen in Folge, immer wahrscheinlicher wird. Trotz dieser angespannten Situation wird die Federal Reserve aller Wahrscheinlichkeit nach restriktiv bleiben und aggressive Zinssteigerungen durchsetzen. In den folgenden Absätzen werde ich diese These ausführlich begründen. Außerdem stelle ich eine spannende Aktie im Tech-Sektor vor, welche Investoren auf dem Schirm haben sollten. Viel Spaß!

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Ein Kommentar zu US-Geldpolitik: Was geht hier vor sich?

Was denkt überhaupt der Markt über die US-Geldpolitik? Mittlerweile gehen 77 % der Anleger von einem 50 Basispunkte Zinsanstieg im Mai, 85 % der Anleger von einem weiteren 50 Basispunkte Zinsanstieg im Juni und 65 % der Anleger von einem 50 Basispunkte Zinsanstieg im Juli aus. Sollte dies tatsächlich passieren, würde der Leitzins in den USA bereits Ende Juli bei 1,75-2,00 % stehen. Interessanterweise wurden die Zins-Erwartungen erst im letzten Monat eingepreist. Anfang März, also vor ziemlich genau einem Monat, wurde die Wahrscheinlichkeit eines Zinsanstiegs von 50 Basispunkten im Mai noch bei 0 % angesetzt. Diese Erwartungshaltung hat sich im Zuge der zahlreichen FED-Kommentare in den letzten Wochen bzgl. der hohen Inflation rasant gedreht.

Quelle: Bianco Research

Die US-Zentralbank hat zwei Ziele: Preisstabilität (Inflation von 2 %) und Vollbeschäftigung. Die Inflation in den USA ist auf dem höchsten Stand seit 40 Jahren und bei rund 8 %. Laut Moody’s ist der durchschnittliche US-Haushalt mit 296 USD Mehrkosten pro Monat konfrontiert. Da rund 40 % der US-Amerikaner weniger als 1.000 USD in Ersparnissen haben, sind die 296 USD Mehrkosten signifikant. Zeitgleich sind auf dem US-Arbeitsmarkt derzeit mit 11,28 Mio. offenen Stellen mehr Jobs als Arbeitslose (5,3 Mio. Menschen) vorhanden. Der Lohnanstieg lag mit 5,6 % im März 2022 auf einem historisch hohen Niveau. Heute schrieb Reuters, dass LKW-Fahrer von Walmart mit bis zu 110.000 USD Jahresgehalt vergütet werden. Der Arbeitsmarkt hat sich der Datenlage nach zu urteilen bereits erholt und ist in einem für Arbeitnehmer besseren Zustand als je zuvor. Deshalb wird die Federal Reserve basierend auf der Inflation über die Geldpolitik entscheiden - und jene schreit förmlich nach steigenden Zinsen.

Quelle: Bianco Research

Der Anleihemarkt preist die Zinspolitik der Federal Reserve bereits ein. Der Bloomberg Global Aggregate Index ist seit Jahresanfang um 7,77 % im Minus. Dies stellt den größten Drawdown seit Auferlegung im Jahr 1990 dar (siehe nachstehende Grafik). Die Renditen der 10-jährigen US-Staatsanleihen notieren derzeit bei 2,68 % und die Renditen der 2-jährigen US-Staatsanleihen stehen bei 2,52 %. Damit ist der 10J-2J-Zinsspread nahezu negativ und preist eine deutliche wirtschaftliche Abschwächung ein. Doch das Ziel der Federal Reserve ist es nicht 10 % Drawdowns an den Finanzmärkten zu vermeiden, sondern die Wirtschaft zu stabilisieren. Die hohe Inflation hat zwar keine verheerenden Auswirkungen auf den Aktienmarkt, da viele Unternehmen die Preise an den Endverbraucher abwälzen können, allerdings hat eine hohe Inflation gravierende soziale, damit auch wirtschaftliche und eventuell sogar politische Folgen (zunehmender Populismus, etc.).

Quelle: Bianco Research

Mit einer Inflation auf Rekordniveau und einem vollständig erholten Arbeitsmarkt wird die Federal Reserve restriktiv bleiben. Doch das bedeutet nicht, dass Unternehmen aufhören zu wachsen. Zuletzt zeigten sich Cybersecurity-Aktien im Technologie-Sektor wieder stärker.  In den folgenden Absätzen möchte ich euch ein Unternehmen, welches von den Umständen in der Ukraine profitieren sollte und die Kosten an die Kunden abwälzen kann, vorstellen.

Fortinet - Ein führendes Cybersecurity-Unternehmen

Fortinet ist in der IT-Security tätig. Das Unternehmen entwickelt und vertreibt Software, Appliances (funktionelle Einheit aus Hard- und Software für eine konkrete Aufgabe) und weitere Dienste wie Antivirenprogramme, Firewalls oder Angrifferkennungssysteme. Fortinet bietet Lösungen für viele unterschiedliche Geschäftsbereiche, wie z.B. Netzwerk-, Infrastruktur-, Cloud- und Endpoint-Sicherheit an. Zu den Kunden gehören Unternehmen wie Amazon, Microsoft, Google, Ritter Sport, aber auch Regierungsorganisationen. Außerdem hat Fortinet die Fabric-Plattform entwickelt. Jene nutzt eine offene Architektur, die darauf ausgelegt ist, verschiedene Lösungen von Fortinet und Drittanbietern in einem einzigen Ökosystem zu verbinden.

Fortinet unterteilt den Geschäftsbetrieb in zwei Segmente: Service und Product. Das "Service”-Segment beinhaltet die Einnahmen aus Abo-Modellen, Support und weiteren Services und hat einen Anteil von rund einem Drittel am Gesamtumsatz. Das "Product”-Segment umfasst die Verkaufserlöse der Hardware-Produkte und hat einen Umsatzanteil von rund zwei Dritteln. Das Unternehmen erwirtschaftet seine Einnahmen zu rund 40 % in den USA, 40 % in Europa, dem mittlere Osten und Afrika sowie 20 % im Raum Asien-Pazifik. Diese geographische Diversifikation von Fortinet ist im Cybersecurity-Sektor nicht üblich und könnte einen Wachstumstreiber in den kommenden Jahren darstellen.

Der Gründer und CEO Ken Xie hält derzeit 15,8 Mio. Aktien an Fortinet. Sein Bruder und CTO Michael Xie besitzt 14,3 Mio. Aktien an Fortinet. Zusammen sind die beiden Brüder im Besitz von rund 30 Mio. Aktien, was 18 % der Anteile am Unternehmen und einem Gegenwert von rund 10,5 Mrd. USD entspricht. Die Interessen der Aktionäre und des Managements dürften entsprechend übereinstimmen.

Der Zukunftstrend Cybersecurity

Dass Cybersecurity ein Zukunftstrend ist, dürfte mittlerweile bekannt sein. Die Unternehmensberatung Accenture schätzt, dass die Kosten, verursacht durch Cyberkriminalität, für die Gesellschaft zwischen 2019 bis 2023 bei 5,2 Bio. USD liegen werden. Dies umfasst Ransomware-Attacken, bei welchen Daten gestohlen oder blockiert und Bußgelder erpresst werden. Im Jahr 2021 wurde beispielsweise die Colonial Pipeline gehackt, sodass alle Computer-Programme lahmgelegt und der Betrieb der Pipeline gestoppt wurde. Das Unternehmen zahlte 4,4 Mio. USD an die Hacker-Gruppe. Neben Ransomware-Attacken gibt es auch Werkspionage und Daten-Diebstahl. Mastercard und Visa (2012), Target (2013), JP Morgan (2014) und Equifax (2017) wurden allesamt Opfer von Daten-Diebstählen, bei welchen Konsumenten- und Kreditkarten-Daten gestohlen wurden.

Der SAP CEO Christian Klein hat in einem Interview vor wenigen Wochen gesagt: "Es herrscht nicht nur der physische Krieg in der Ukraine, sondern auch ein Cyber-War." Klein zufolge steigt die Nachfrage nach der SAP-Cloud seitdem der Krieg in der Ukraine ausgebrochen ist. Dies ergibt Sinn, denn viele Unternehmen, vor allem Mittelständler, haben Angst vor Cyberangriffen, bei welchen Daten verloren gehen, Bußgeld erpresst oder im schlimmsten Fall sogar das Kundenvertrauen verloren geht sowie der Ruf nachhaltig geschädigt wird. Im Falle von Equifax hat die Sicherheitslücke im Jahr 2017 zu einem Kurseinbruch von über 35 % geführt. Kurzfristig könnte der Ukraine-Krieg also zu positiven Überraschungen bei den Quartalsergebnisse von Cybersecurity-Firmen führen. 

Netzwerksicherheitslösungen - Fortinet vs. Palo Alto Networks

Laut dem Marktforscher IDC ist Fortinet der drittgrößte Anbieter von Netzwerksicherheitslösungen mit einem globalen Marktanteil von 11,4 %. In den kommenden Jahren dürfte dieser Bereich stark wachsen, da durch das Hinzufügen von Mobilgeräten, Sensoren, autonomen Fahrzeugen, intelligenten Maschinen, etc. zu den Betriebsnetzwerken auch die potenziellen Angriffspunkte für Hacker zunehmen. Laut dem Fortinet CEO Ken Xie wurden im Jahr 1990 noch 1 % der IT-Ausgaben für Cybersecurity aufgewendet, heute sind es jedoch bereits 10 %. Die Ausgaben für Netzwerk-Sicherheit wachsen dabei schneller als die Ausgaben für Endpoint-Sicherheit.

Normalerweise installieren Cybersecurity-Firmen im Rahmen der Netzwerk-Sicherheit Firewalls, welche das eigene Betriebsnetzwerk vor anderen, nicht vertrauenswürdigen Netzwerken schützen. Fortinet ist zusammen mit Palo Alto Networks führend im Bereich Firewall-Applicances. Beide Unternehmen haben das Produkt-Sortiment aber auch um Switches, Netzwerksicherheitskontrollzentren, SD-WAN und Cloud-Storage-Produkte erweitert. Laut dem Marktforscher IDC liegt allerdings der globale Marktanteil bei Firewalls von Fortinet mit 38 % deutlich über dem Marktanteil von Palo Alto Networks mit 4 %.

Was unterscheidet die beiden Cybersecurity-Unternehmen laut Gartner? Gartner hat im Jahr 2019 Fortinet ein "Security Effectiveness Rating” von 93 % und Palo Alto Networks ein Rating von 98 % gegeben. Gartner sagt, dass die Lösung von Palo Alto Networks mehr Features hat, aber schwieriger zu konfigurieren sei und die Implementierung länger dauere. Außerdem ist die Lösung von Palo Alto Networks deutlich teurer. Während die Firewall von Fortinet unter 2 USD je Mbps kostet, liegen die Kosten der Palo Alto Networks Firewall mit 20 USD je Mbps rund 10x so hoch. Palo Alto Networks scheint insgesamt zwar die etwas ausgereiftere Firewall zu besitzen, allerdings beschreibt Gartner die Fortinet-Firewall als die Firewall mit dem "besten Preis-Leistungsverhältnis” - was sich auch an den Unterschieden im Marktanteil widerspiegelt.

Starkes Wachstum und hohe Margen

In den letzten fünf Jahren ist Fortinet mit durchschnittlich 21,3 % pro Jahr im Umsatz gewachsen. Die Analysten gehen davon aus, dass das Unternehmen im Jahr 2022 einen Umsatz von 3,95 Mrd. USD erzielen wird. Der Gewinn, welcher im Jahr 2018 noch bei 332,2 Mio. USD lag, soll in diesem Jahr 730 Mio. USD übersteigen. Damit ist das Unternehmen mit einem KGV22 von 75 bewertet. Der TraderFox Qualitäts-Check gibt der Aktie einen Score von 14/15 Punkte. Bereits heute arbeitet Fortinet profitabel. Im Jahr 2021 hat das Unternehmen einen Free Cashflow von 1,2 Mrd. USD erwirtschaftet, was einer FCF-Marge von 36 % entspricht.

Seit 2017 hat Fortinet Aktien im Wert von 3,2 Mrd. USD zurückgekauft. Momentan sitzt das Unternehmen auf einem Cash-Bestand von 2,5 Mrd. USD. Fortinet zeigt sich aktionärsfreundlich und hat genug Cash, um innovativ zu bleiben und neue Wachstumsmärkte zu erschließen. Ich würde mir die Aktie erstmal auf die Watchliste packen, da das Unternehmen in den kommenden zehn Jahren von zahlreichen Zukunftstrends profitieren und weiterhin hohe Wachstumsraten ausweisen dürfte. Das KGV22 von 75 ist in meinen Augen jedoch derzeit zu hoch, um bereits jetzt als langfristiger Anleger einzusteigen. 

Qualitäts-Check: https://aktie.traderfox.com/visualizations/US34959E1091/DI/fortinet-inc/

Beste Grüße,

Hinnerk Lührs

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Bildherkunft: Unsplash

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