Japans Aktienmarkt auf 30-Jahreshoch! Was steckt dahinter? Welche Katalysatoren gibt es?

Marius Müllerhoff ist als freier Redakteur beschäftigt. Artikel von freien Redakteuren stellen deren eigene Meinung dar und müssen mit der von aktien nicht korrespondieren.

Liebe Investoren und Trader,

vor knapp 2 Wochen ist der japanische Leitindex Nikkei 225 aus der schrägen Widerstandslinie ausgebrochen. Seitdem hat er im Hoch knapp 8% zugelegt, während die Indizes anderer Industrienationen an Wert verloren haben (der S&P 500 ist um gut 2%, der Dax um 1% gefallen). Was war passiert? Welche Katalysatoren gibt es? Werfen wir einen genaueren Blick nach Japan.

Quelle: desk.traderfox.com

Neuer möglicher Premier steht für eine expansive Fiskalpolitik
Am 03.09.2021 trat der japanische Premierminister, Suga, vor die Presse. Zur großen Überraschung verkündete er, dass er sein Amt als Parteichef der Liberaldemokratischen Partei (LDP) aufgeben werde. Somit dürften auch seine Tage als Premier gezählt sein. Die größten Kritikpunkte an seiner einjährigen Amtszeit waren seine Corona-Politik und sein vehementes Festhalten an den Olympischen Spielen. Der späte Start des Impfens und der seit Monaten geltenden Ausnahmezustand (u.a. müssen Gastronomen abends ihre Geschäfte geschlossen halten) haben die Umfragewerte der LDP in den Keller stürzen lassen. Ende September soll nun ein neuer Parteivorsitzender gewählt. Der frühere Außenminister Fumio Kishida ist hier der aussichtsreichste Kandidat. Sofern die LDP es schafft, bei den Unterhauswahlen im Herbst stärkste Partei zu bleiben, würde Kishida Regierungschef werden. Er steht für eine expansive Fiskalpolitik. Die Märkte waren elektrisiert. Der Rücktritt Sugas und die erwartete Ernennung von Kishida zum Parteivorsitzenden sowie später als wahrscheinlicher Regierungschef führten dazu, dass der Nikkei sofort um 2% nach oben schoss und seitdem keinen Halt mehr kennt.

Weiterhin expansive Geldpolitik dank negativer Inflation
Die Verbraucherpreise in Japan gingen im Juli 2021 um 0,3% im Jahresvergleich zurück, nachdem sie einen Monat zuvor bereits um 0,5% gefallen waren. Juli war der zehnte Monat in Folge, in dem die Verbraucherpreise gesunken sind. Hauptgrund ist der nachlassende Konsum aufgrund der weiterhin anhaltenden COVID-19-Pandemie und des damit verbundenen Ausnahmezustandes. Die Kosten für Transport und Kommunikation (-5,4 %), medizinische Versorgung (-0,5 %) und Lebensmittelpreise (-0,6%) sanken weiter. Während in anderen Industrienationen heiß über Inflation (temporär vs langfristig) debattiert und somit über Zinserhöhungen und die Reduzierung der Anleihenkäufe laut nachgedacht wird, kann sich die japanische Zentralbank diesbezüglich zurücklehnen. Somit stellen steigende Leitzinsen und/oder die Reduzierung der Anleihenkäufe keine Gefahr für Investoren dar. Beides ist bullisch für den japanischen Aktienmarkt. Auch für die nahe Zukunft erwarten Analysten keine wesentliche Inflation (im Unterschied zu den USA oder Europa). Eine Reduktion der Inflationserwartung seitens der japanischen Zentralbank würde Analysten nicht überraschen.

Monatliche Inflationsrate in Japan verglichen mit dem Vorjahresniveau, Quelle: https://tradingeconomics.com/japan/inflation-cpi

Aktienmarkt am 30-Jahreshoch

Man wird es kaum glauben können, aber der japanische Aktienmarkt hat ein neues 30-Jahreshoch erklommen. Per 13.09.2021 notierte der Nikkei 225 bei 30.447. Dies ist zwar noch weit entfernt vom Allzeithoch bei 38.957 vom 29.12.1989, aber ist es ein erster Hoffnungsschimmer. Neue Hochs wecken das Interesse von Investoren und Tradern. Wie den Handelsvolumina zu entnehmen ist, scheinen es vor allem die großen institutionellen Investoren zu sein, die hier auf den "Japan-Zug" aufspringen. Ggf. versuchen sie noch "schnell" in Q3 und Q4 Rendite "nachholen", um den Gesamtmarkt zu schlagen. Hinzu kommt die Tatsache, dass der japanische Markt in vielen Portfolio tendenziell "underweight" ist, sowohl auf nationaler Ebene als auch auf internationaler Ebene. Dies ist ein wenig überraschend. Denn, wenn wir über den japanischen Aktienmarkt sprechen, reden wir über große und wichtige Titel wie Toyota, Sony, Nintendo etc. Und trotzdem haben viele Investoren diesen Markt/ Titel auf "underweight" eingestuft. Kommen nun die großen institutionellen Anleger zurück auf den japanischen Markt? Ggf. bietet er für den Rest von 2021 eine attraktive Renditemöglichkeit.

Nikkei 225 Chart, Quelle: https://www.macrotrends.net/2593/nikkei-225-index-historical-chart-data

Wie kann man von dem Momentum auf dem japanischen Aktienmarkt profitieren?

Der japanische Aktienmarkt (Nikkei 225) ist relativ industrie-lastig, wenn man ihn mit den Indizes der anderen Industrienationen vergleicht wie bspw. mit dem S&P 500. Nach Marktkapitalisierung kategorisiert, steht Toyota Motor Corp. auf Platz eins, gefolgt von Sony Corp., Nippon Tel & Tel Corp., Recruit Holding und Daikin Industry. Falls man eher auf einen breit gestreuten ETF setzen möchte, bietet sich der iShares MSCI Japan ETF (EWJ) an. Die Top Holdings sind Toyota, Sony, Keyence, Softbank und Recruit Holding.

Quelle: desk.traderfox.com

Quelle: Qualitäts-Check TraderFox

Was lässt sich abschließend sagen?

Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet der japanische Aktienmarkt Stärke zeigt, wenn die Indizes der anderen Industrienationen auf Talfahrt gehen. Der japanische Aktienmarkt hat eine lange Durststrecke hinter sich. Nachdem er 1990 aufgrund des Platzens der Asset Blase einstürzte (bis 2000 verlor er ca. 75% seines Wertes!), befindet er sich heute immer noch gut 20% unter seinen Höchstständen von Ende 1989. Aus politischer Sicht stehen die Zeichen auf grün (expansive Fiskalpolitik). Dies sollte durch die Zentralbank mit ihrer expansiven Geldpolitik weiter befeuert werden, da es keine Inflation gibt. Hinzu kommt ein neues 30 Jahreshoch am Aktienmarkt, was neue (institutionelle) Investoren und Trader anzieht.

Aufklärung über Eigenpositionen: Der Autor hält Aktien von Softbank.


Bildherkunft: AdobeStock: 265032224