Nikola Corporation - der kommende Highflyer für Wasserstoff betriebene Lkws mit einzigartigem Leasingmodell!?

Marius Müllerhoff ist als freier Redakteur beschäftigt. Artikel von freien Redakteuren stellen deren eigene Meinung dar und müssen mit der von aktien nicht korrespondieren.
Liebe Leser,

das Thema Wasserstoff elektrisiert aktuell die Märkte. Umweltbewusstsein, Klimaschutz, Zero-Emission. Immer öfter fällt hierbei der Name Nikola Motor bzw. Nikola Corporation. Nikola Corporation (NKLA), das in der KW 23 fusioniert mit VectoIQ an die Börse gegangen ist (reversed-merger), positioniert sich als der Leader im Wasserstoff-Bereich. Das von Trevor Milton geführte Unternehmen plant, brennstoffzellen- und elektrischbetriebene Lkws zu produzieren (12.000 Stück bis 2024). Hinzu kommt ein Netzwerk an Wasserstoff-Tankstellen, an denen die verkauften Lkws betankt werden sollen. Dadurch stellt Nikola den Verkauf von Wasserstoff an den eigenen Tankstellen sicher. Natürlich bestehen auch Herausforderungen. Vor allem die geplanten Produktionskosten, die deutlich höher ausfallen könnten als erwartet, wie Experten monieren. Außerdem hat das Unternehmen noch keinen eigenen Produktionsstandort. Dieser soll in erst 2021 erbaut werden. Es wäre weltweit der erste für die Massenfertigung dieser hochkomplexen Wasserstoff-Trucks. Auch dies birgt Risiken. Lohnt es sich auf Nikola als Leader im Wasserstoff-Bereich für Lkws zu setzen? Welche Potenziale gibt es?

Abkürzungen: BEV - Battery Electric Vehicle; FCEV - Fuel Cell Electric Vehicle

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"To be the zero emissions commercial transportation system leader”

Nikola Motor wurde 2015 von Trevor Milton (geb. 1981) gegründet mit der Vision: "To be the zero emissions commercial transportation system leader”. Milton, Entrepreneur mit jahrelanger Erfahrung im Bereich Automotive, hat sich also das Thema Klimaschutz auf die Fahne geschrieben und damit begonnen eine Reihe vollelektrischer Lkws zu entwickeln. Diese scheinen in den vergangenen Wochen und Monaten die Lkw-Branche, Investoren und Märkte zu elektrisieren. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Lkws wahlweise mit einer proprietären Batterie mit hoher Energiedichte oder einer Wasserstoff-Brennstoffzelle angeboten werden sollen. Ein weiterer Grund sind die mehr als 14.000 Vorbestellungen für diese Lkw. Auch die 3,3 Mrd. USD Bewertung (bei aktuell keinen Umsätzen und Gewinnen) macht von sich aufmerksam.

Wasserstoff und neue Batterietechnologien als die Zukunftsbringer

Nikola Motor will bis 2024 drei Arten von Lkws auf den Markt bringen (einen BEV und zwei FCEV). Mit einem $250 Mil. USD Investment des strategischen Kooperationspartners CNH Industrial wird eine neue Batterietechnologie entwickelt. Hierbei handelt es sich um eine Batterie mit der vierfachen Energiedichte bestehender Lithium-Ionen-Zellen (wie sie beispielsweise Tesla verwendet). Diese können in einem Fahrzeug die doppelte Reichweite eines Lithium-Ionen-Batteriepacks bei gleichem Gewicht und gleichem Volumen liefern. Die Errichtung einer Fabrik in Arizona für die Massenproduktion soll kurzfristig beginnen und in 2021 abgeschlossen sein. Dort sollen die BEVs Ende 2021 in die Produktionsphase gehen. Neben den BEVs liegt der Fokus vor allem auf den FCEVs, die ab 2023 auf den Markt gebracht werden sollen.

Einzigartiges Wasserstoff-Tankstellen Modell (Burggraben)

Nikola verfolgt das Ziel, seinen Kunden ein Ökosystem zu bieten. Soll heißen: Truck, Wartung, und Betankung. Bei diesem "Bundled Pricing" Modell hat der Kunde nach 7 Jahre oder 700.000 Meilen (=1.120.000 km) die Option, das FCEV gegen ein neues einzureichen. Auch sind Truckkosten, Wasserstoff-Betankung, Reparatur und Wartung inklusive. Letztlich liegt die Total Cost of Ownership (TCO) bei nur 0,95 USD/Meile (Vgl.: TCO von Diesel-Motoren belaufen sich auf 0,97 USD/Meile). Milton und sein Team verfolgen also die Strategie, neben der Produktion der FCEVs auch H2-Tankstellen zu errichten. Denn durch den Verkauf der Trucks hat das Unternehmen in gewisser Weise die Garantie, dass der Wasserstoff gekauft wird. Ggf. wird der Kunde sogar verpflichtet, ausschließlich bei Nikola´s Wasserstoff-Tankstellen zu tanken. Sehr guter Schachzug.
Toller Burggraben.

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Bemerkenswertes Netzwerk (Bosch, CNH/IVECO, Nel)

Im Laufe der vergangenen Monate und Jahre hat es das Unternehmen geschafft, wichtige Kooperationspartner zu gewinnen. Angefangen mit VectoIQ (VTIQ), bei dem es sich um ein kleines Unternehmen handelt, das mit Veteranen von GM und Mitsubishi Motors besetzt ist. Mit dem Unternehmen ist Nikola in der KW 23 fusioniert an die Börse gegangen (Tickersymbol: NKLA). Nikola Motor´s Bewertung im Rahmen der Transaktion belief sich auf 3,3 Mrd. USD. Außerdem hat es Milton geschafft, eine enge Kooperation mit CNH/IVECO (CNH ist ein Ableger von Fiat und Muttergesellschaft des europäischen Marktführers für Lkws, IVECO) und Bosch zu etablieren. Hinzu kommen Partnerschaften mit Nel, EDAG und ein 800 LKW-Auftrag von der US-Brauerei Anheuser Busch.

Gut 3,2 Mrd. USD an Umsatz in 2024

Das Unternehmen stellt in seiner Road Show Presentation vom 27.04.2020 das Umsatzmodell vor, das aus 3 Komponenten besteht: 1) Verkauf von BEV (Verkaufspreis 250 TEUR) und FCEV (Verkaufspreis 235TEUR) Trucks, 2) Dienstleistungen und Wartung, 3) Wasserstoff (Leasing-Modell). In 2021 plant Nikola einen Gesamtumsatz von 150 Mio. USD. In 2022 sollen es 300 Mio. USD und in 2023 1,41 Mrd. USD werden (Umsatz). In 2024 soll sich der Gesamtumsatz planerisch auf 3,23 Mrd. USD belaufen. Ab Ende 2021 sollen die Trucks in der dann gebauten Fabrik in Arizona produziert werden. Nikola plant bis 2028 mehr als 700 Wasserstoff-Tankstellen zu errichten. Es sollte ungefähr 10 Minuten dauern, bis ein Fahrzeug mit einer Reichweite von 600 Meilen betankt ist.

Wie könnte man Nikola bewerten

Obwohl das Unternehmen Stand heute weder Umsätze noch Gewinne generiert, könnte eine Grobbewertung wie folgt aussehen. Der Aktienkurs von NKLA per 18.06.2020 lag bei 67,73 USD. Schauen wir uns das erwartete KUV (2024) an. In 2024 wird Nikola Motor planerisch 3,23 Mrd. USD an Umsätzen generieren. Per 18.06.2020 beläuft sich NKLA´s Marktkapitalisierung auf 23,12 Mrd. USD (67,73 USD x 360,9 Mio. Aktien). Das KUV (2024) beträgt also 7,16. Werfen wir einen Blick auf den Enterprise Value zum Umsatz (EV/Umsatz). Der EV errechnet sich aus Marktkapitalisierung + Verschuldung – Cash und ergibt 11,45 Mrd. USD. Damit ergibt sich ein EV/Umsatz in Höhe von 7,36. Ob Nikola nun üppig bewertet ist oder nicht, hängt davon ab, wie Nikola in die Umsetzung der Produktion kommt und von der Bilanzstruktur in 2024. Andere "umweltfreundliche" Hersteller, wie beispielsweise Tesla, wurden in den vergangenen 10 Jahren im Durchschnitt mit EV/Umsatz-Multiples zwischen 4,5 und 30 bewertet.

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Bemerkenswertes Unternehmen in einem Wachstumsmarkt mit vielen Chancen bei gleichzeitig aktuell noch schwer einschätzbaren Risiken

Was lässt sich abschließend sagen?
Nikola Motor versucht, sich als der Leader im Wasserstoff-Bereich für Klasse 8 Trucks (BEV und FCEV) zu positionieren. Milton und seine Mannschaft sind in den vergangenen Jahren vielversprechende Kooperationen eingegangen. Das Unternehmen kann Vorbestellungen von 14.000 Trucks vorweisen. Sie haben ein Leasingmodell und eine neue Batterietechnologien entwickelt, die man als Burggraben interpretieren kann. Das Thema "Zero Emission" ist ein gewaltiger Katalysator. Gleichzeitig ist das Unternehmen einigen Herausforderungen ausgesetzt. Die Produktionskosten scheinen sehr eng kalkuliert zu sein. Aktuell gibt es lediglich Prototypen. Die Errichtung des Produktionsstandortes für die Massenfertigung dieser hochkomplexen Wasserstoff-Trucks wurde noch nicht einmal begonnen. Wasserstoff als Betankung ist deutlich teurer. Auch die Beschaffung der notwendigen Rohstoffe (Lithium und Platin) ist ein Risiko. Nikola Motor scheint mir ein Unternehmen mit Potenzialen zu sein. Daher habe ich es mir auf die Watchlist gelegt. Ich bin gespannt wie die Umsetzung der ambitionierten

Bildherkunft: https://nikolamotor.com/press#assets