Zwei vielversprechende IPO-Unternehmen mit spannenden Storys

Marius Müllerhoff ist als freier Redakteur beschäftigt. Artikel von freien Redakteuren stellen deren eigene Meinung dar und müssen mit der von aktien nicht korrespondieren.

Nach einem fulminanten IPO-Jahr 2021 mit mehr als 1000 IPOs an den US-Börsen sahen wir in 2022 und 2023 zwei sehr schwache IPO-Jahre (siehe folgende Abbildung). Die Gründe für diese Schwäche waren u. a. die hohen Bewertungen vieler Startups, die durch die steigenden Zinsen signifikant gekappt wurden. Außerdem kamen Inflations- und Rezessionsängste hinzu, weshalb Investoren sehr restriktiv mit frischem Kapital umgegangen sind.

In 2024 scheinen wir wieder mehr IPOs zu sehen. Wenn man das aktuelle Niveau von 140 IPOs auf das gesamte Jahr hochrechnet, kommt man auf ungefähr 200 IPOs. Das entspricht mehr oder weniger dem Durchschnittswert seit dem Jahr 2000, wenn man das Ausreißerjahr 2021 nicht berücksichtigt. Das ist somit positiv zu deuten. Der Hauptgrund für diese erfreuliche Entwicklung sind die erwarteten Zinssenkungen der US-Notenbank und der damit einhergehende größere Risikoappetit der Anleger.

Quelle: https://stockanalysis.com/ipos/statistics/

Knife River Corporation – Traditionsunternehmen und großer Profiteur des US-Infrastrukturprogramms, steht am Allzeithoch

Die Knife River Holding (KNF) ist der erste IPO-Kandidat, der vorgestellt wird. Mit einer Marktkapitalisierung von knapp 5 Mrd. USD handelt es sich um einen bedeutenden Akteur in der Bau- und Bergbauindustrie, der hauptsächlich in den Vereinigten Staaten tätig ist. Bekannt für sein umfangreiches Netzwerk an Produktionsanlagen für Zuschlagstoffe, spielt das Unternehmen eine entscheidende Rolle bei der Bereitstellung von Rohstoffen, die den Ausbau der Infrastruktur, den urbanen Bau und verschiedene Bauprojekte vorantreiben.

Gegründet im Jahr 1917 als kleines Bauunternehmen, hat sich Knife River zu einem der größten Lieferanten von Baumaterialien in den USA entwickelt. Die Wurzeln des Unternehmens liegen im Mittleren Westen und in den nördlichen Gebieten. Die Gründer waren eine Gruppe von Unternehmern, die sich auf die schnell wachsende Nachfrage nach Baumaterialien nach dem Ersten Weltkrieg konzentrierten.

Anfangs agierte Knife River als regionaler Anbieter und fokussierte sich auf die Produktion von Kies, Sand und Schotter. Mit dem wachsenden Bedarf an Infrastruktur in den USA, insbesondere während des Autobahnbaubooms in der Mitte des 20. Jahrhunderts, expandierte Knife River. In den 1970er und 1980er Jahren diversifizierte das Unternehmen und weitete seine Geschäftsfelder auf Asphalt, Fertigbeton und spezialisierte Dienstleistungen im Bereich Infrastruktur aus.

Die 1990er Jahre markierten eine transformative Phase für Knife River. Hier begann das Unternehmen, kleinere Anbieter von Zuschlagstoffen und Baumaterialien aufzukaufen und so seinen geografischen Einfluss auszubauen. Anfang der 2000er Jahre hatte das Unternehmen sich den Ruf als einer der führenden Lieferanten von Baumaterialien in den USA gesichert.

Am 25. Mai 2023 ging das Unternehmen an die US-Börse (NYSE). Heute betreibt Knife River Niederlassungen in mehreren Bundesstaaten.

Das Unternehmen ist auf die Lieferung einer breiten Palette von Baumaterialien und Dienstleistungen spezialisiert. Diese Materialien bilden die Grundlage für den Bau von Wohn-, Gewerbe- und öffentlichen Infrastrukturen. Hier sind einige der Hauptangebote:

Zuschlagstoffe: Knife River produziert und vertreibt Zuschlagstoffe wie Schotter, Sand und Kies. Diese Materialien sind essenziell für den Bau von Straßen, Gebäuden und Brücken. Zuschlagstoffe sind das weltweit am häufigsten verwendete Baumaterial. Somit spielt Knife River eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung des Infrastruktursektors.

Asphalt: Das Unternehmen ist ein bedeutender Produzent von Asphaltprodukten (für den Bau von Straßen, Einfahrten und Parkplätzen). Knife Rivers Asphaltproduktionsanlagen sind mit modernster Technologie ausgestattet, um qualitativ hochwertige, langlebige Pflastermaterialien zu gewährleisten.

Fertigbeton: Ein weiteres wichtiges Produkt ist Fertigbeton. Das weitreichende Netzwerk an Fertigbetonwerken des Unternehmens ermöglicht es, Kunden in ihren Betriebsregionen effizient zu bedienen.

Allgemeine Bauleistungen: Neben Rohstoffen bietet Knife River eine Vielzahl von baubezogenen Dienstleistungen an, darunter die Bauvorbereitung, Erdarbeiten und die Installation von Versorgungsleitungen.

Recycelte Materialien: Knife River hat sich auch der Nachhaltigkeit verschrieben, indem es recycelte Baumaterialien herstellt und anbietet. Dies trägt zur Reduzierung der Umweltauswirkungen von Bauprojekten bei und entspricht den wachsenden Bedenken hinsichtlich der Nachhaltigkeit in der Branche.

Die letzten Quartalszahlen vom 06. August waren sehr erfreulich, weshalb die Aktie im Hoch um knapp 6 % zulegen konnte. Das Unternehmen erzielte im zweiten Quartal einen Rekordumsatz. Die EBITDA-Marge lag bei knapp 20 %, die Netto-Marge bei knapp 10 %. Außerdem sitzt das Unternehmen auf einem Auftragsbestand von knapp 1 Mrd. USD. Des Weiteren hob das Management die Jahresprognose für Umsatz und EBITDA an.

Charttechnisch macht die Aktie einen sehr bullischen Eindruck. Am Freitag brach sie unter erhöhtem Volumen auf ein neues Allzeithoch aus. Am gestrigen Montag folgte die Bestätigung des Ausbruchs. Nach sechs Tagen hintereinander im Plus ist die Aktie überkauft. Es ist ratsam, eine Seitwärtskonsolidierung abzuwarten, bevor eine Position eröffnet wird.

Welche Storys spielt der Markt?

Die erste und wichtigste Story bzw. Wachstumstreiber für Knife River ist der im Jahr 2021 verabschiedete Infrastructure Investment and Jobs Act, welcher insgesamt 1,2 Billionen USD an Bundesmitteln bereitstellt. Davon sind über einen Zeitraum von fünf Jahren etwa 550 Mrd. USD für den Ausbau und die Modernisierung der Infrastruktur vorgesehen, einschließlich Straßen, Brücken, öffentlicher Verkehrsmittel, Wasser- und Stromnetze sowie Breitbandinternet. Als führender Anbieter von Baumaterialien wird Knife River erheblich von diesem langfristigen Engagement profitieren.

Eine zweite Story liegt in der steigenden Nachfrage nach nachhaltigen Baupraktiken. Da die Branche zunehmend auf umweltfreundlichere, nachhaltigere Lösungen setzt, könnten Knife Rivers Bemühungen, recycelte Materialien anzubieten und den CO₂-Fußabdruck seiner Betriebe zu reduzieren, das Unternehmen als führenden Anbieter von nachhaltigen Baumaterialien positionieren.

Der Wohnungsbaumarkt stellt eine dritte Story dar. Da städtische Gebiete wachsen, es ein Mangel an Wohnungen und Häusern gibt und die Nachfrage nach Wohnraum steigt, werden Fertigbeton und Zuschlagstoffe des Unternehmens weiterhin stark nachgefragt. Dies trifft insbesondere auf die Errichtung von Fundamenten und anderen wesentlichen Bauelementen zu. Der anhaltende Trend zur Urbanisierung und das Bevölkerungswachstum werden das Geschäft von Knife River im Wohnungssektor weiter unterstützen.

Eine vierte Story ist das Thema Expansion. Während Knife River bereits in mehreren wichtigen US-Märkten tätig ist, besteht Potenzial für eine weitere regionale Expansion, vorwiegend im Süden und Westen der USA. Dies sind Regionen, in denen das Bevölkerungswachstum und die Infrastrukturentwicklung boomen. Eine Expansion in diesen Gebieten könnte es Knife River ermöglichen, einen größeren Marktanteil zu gewinnen und den Umsatz zu steigern.

Quelle: https://aktie.traderfox.com/visualizations/US4988941047/XNYS/knife-river-holding-co

Diebold Nixdorf – Großer Profiteur des Megatrends der Digitalisierung und Automatisierung von Finanz- und Einzelhandelsprozessen steht knapp unter Allzeithoch

Diebold Nixdorf (DBD) mit einer Marktkapitalisierung von lediglich 1,6 Mrd. USD ist ein global agierendes Technologieunternehmen, das sich auf den Bereich der automatisierten Transaktionssysteme, hauptsächlich im Bankensektor und im Einzelhandel, spezialisiert hat. Konkret spielt das Unternehmen eine zentrale Rolle bei der Bereitstellung von Geldautomaten, Kassensystemen und Softwarelösungen für Banken und Einzelhändler weltweit.

Diebold Nixdorf entstand aus der Fusion zweier führender Unternehmen: Diebold Inc. und Wincor Nixdorf. Jedes dieser Unternehmen brachte eine lange Geschichte und eine starke Marktpräsenz in das fusionierte Unternehmen ein.

Diebold Inc. wurde 1859 von Charles Diebold in den USA gegründet. Ursprünglich auf die Herstellung von Tresoren und Sicherheitslösungen spezialisiert, entwickelte sich das Unternehmen im Laufe der Zeit zu einem führenden Anbieter von Selbstbedienungslösungen für den Bankensektor, insbesondere von Geldautomaten. In den 1970er Jahren, als der Bankensektor zunehmend auf Automation setzte, stieg Diebold zu einem führenden Hersteller von Geldautomaten auf und etablierte sich als eine der treibenden Kräfte bei der Digitalisierung des Bankwesens.

Wincor Nixdorf hingegen hat seine Wurzeln in Deutschland und wurde 1999 aus der Fusion von Nixdorf Computer und Siemens Nixdorf Informationssysteme gegründet. Das Unternehmen war ebenfalls stark im Bereich der Selbstbedienungslösungen tätig und hatte sich primär auf Kassensysteme für den Einzelhandel und Geldautomaten spezialisiert.

Im Jahr 2016 fusionierten Diebold und Wincor Nixdorf, um Diebold Nixdorf zu gründen. Ziel der Fusion war es, Synergien zwischen den beiden Unternehmen zu nutzen und ihre Position im globalen Markt für Bank- und Einzelhandelslösungen zu stärken.

Im August 2023 gab das Unternehmen bekannt, dass es seine finanzielle Umstrukturierung erfolgreich abgeschlossen und somit den Weg aus der Insolvenz geschafft hat. Die Wiedernotierung neuer Aktien an der NYSE wurde genehmigt (ersichtlich in der folgenden Abbildung). Seit dem 14. August 2023 sind die neu ausgegebenen Stammaktien unter dem Symbol "DBD" handelbar.

Das Dienstleistungs- und Produktportfolio umfasst verschiedene Bereiche. Erstens ist Diebold Nixdorf im Bereich der Geldautomaten (Automated Teller Machines bzw. ATM) weltweit einer der führenden Anbieter. Diese ATMs sind darauf ausgelegt, schnelle, sichere und effiziente Bargeldtransaktionen zu ermöglichen. Die ATM-Lösungen des Unternehmens umfassen sowohl Hardware als auch die dazugehörige Software, die es Banken ermöglicht, ihre Systeme zu optimieren und neue Funktionen wie kontaktloses Bezahlen oder mobile Integration zu integrieren.

Zweitens bietet das Unternehmen im Bereich Kassensysteme und Selbstbedienungslösungen für den Einzelhandel eine Reihe von Dienstleistungen an, die auf die Automatisierung des Verkaufsprozesses und die Verbesserung der Effizienz abzielen. Dazu gehören unter anderem Selbstbedienungskassen, die es Kunden ermöglichen, ihre Einkäufe eigenständig zu scannen und zu bezahlen, sowie Softwarelösungen für die Verwaltung von Warenbeständen und Verkaufsdaten.

Drittens umfassen die Softwareprodukte von Diebold Nixdorf weitreichende Funktionen zur Optimierung von Bank- und Einzelhandelsprozessen. Die Softwarelösungen sind darauf ausgelegt, die Integration von physischen und digitalen Transaktionen zu unterstützen, die Datensicherheit zu gewährleisten und den Zahlungsverkehr zu vereinfachen. Die Software wird sowohl in Banken als auch im Einzelhandel eingesetzt und bietet Funktionen wie Datenanalyse, Optimierung von Arbeitsabläufen und die Verbesserung der Benutzererfahrung.

Viertens hat die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung von Transaktionssystemen auch die Notwendigkeit von robusten Sicherheitslösungen verstärkt. Diebold Nixdorf bietet Cybersecurity-Lösungen zur Absicherung von Transaktionen und Daten, einschließlich Verschlüsselung, Authentifizierung und Betrugserkennung.

Die letzten Quartalszahlen wurden am 07. August vorgelegt. Die Aktie schoss um bis zu 14,5 % nach oben. Die Brutto-Marge konnte um 3 % gesteigert werden. Bei der EBITDA-Marge wurde sogar ein Wachstum um 3,7 % verzeichnet. Für den Jahresumsatz erwartet das Management kein Wachstum (vor allem wegen negativer Wechselkurse), jedoch wurde für das angepasste EBITDA die Jahresprognose erhöht. Auf Halbjahressicht wurde beim Cashflow ein Rekord in Höhe von 53 Mio. USD erwirtschaftet.

Charttechnisch sieht die Aktie vielversprechend aus. Sie steht 6 % unter ihrem Allzeithoch. Sie befindet sich über allen wichtigen gleitenden Durchschnitten wie dem 20-, 50- und 200-Tagesdurchschnitt. Wir sehen eine Kontraktion der Volatilität. Das nächste Longsignal wird ausgelöst, wenn die Aktie das Allzeithoch bei 45,15 USD herausnimmt.

Welche Storys spielt der Markt bei Diebold Nixdorf?

Erstens ist der Trend zur Digitalisierung und Automatisierung von Finanz- und Einzelhandelsprozessen zu nennen. Banken und Einzelhändler suchen nach Möglichkeiten, ihre Abläufe effizienter zu gestalten, Kosten zu senken und ihren Kunden ein besseres Erlebnis zu bieten. Die Produkte und Dienstleistungen von Diebold Nixdorf spielen eine Schlüsselrolle in diesem Wandel.

Eine zweite Story wird die zeitnahe Einführung der Software Vynamic® Connection Points 7 (VCP7) sein. Diese Software ist eine Schlüsselkomponente der Lösungssuite des Unternehmens zur Verbesserung des Einzelhandels- und Bankensektors. Sie dient als Omnichannel-Plattform, die eine nahtlose Integration zwischen verschiedenen Servicepunkten wie Geldautomaten, mobilen Banking-Apps und Filialdiensten ermöglicht. VCP7 ist Teil der umfassenderen Vynamic® Retail Platform, die darauf ausgelegt ist, die Effizienz, Flexibilität und Kundenerfahrung im Banken- und Einzelhandelsumfeld zu verbessern.

Quelle: Wachstums-Check TraderFox


Bildherkunft: AdobeStock_506342603

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