Anlagetrend Abfallbeseitigung: der Ukraine-Konflikt als indirekter Wachstumstreiber?
Liebe Leser,
der aufgeflammte Ukraine-Konflikt hat das globale geopolitische und wirtschaftliche Gleichgewicht gestört und wird in den kommenden Jahren u. A. zur enormen Umverteilung und Neuordnung der Handelsgüter- und Kapitalströme führen. Massive Sanktionen gegen die Russische Föderation in Kombination mit der enormen Abhängigkeit des Westens und v. A. der EU von russischen Rohstoffen werden dazu führen, dass man mit dem dynamischen Ausbau der heimischen Produktion anfangen wird, um dieser kritischen Abhängigkeit zu entkommen. Und so ist es sehr wahrscheinlich, dass sowohl die USA als auch die EU in den kommenden Monaten und Jahren sowohl die Öl- als auch die Gas-Förderung massiv nach oben fahren werden. Gleichzeitig wird man die dazugehörige Infrastruktur, wie LNG-Terminals, Verflüssigungsanlagen etc. aufbauen müssen.
Parallel dazu wäre auch der deutlich schnellere Umstieg auf Erneuerbare Energie, eine logische Konsequenz. Der hierzu gehörige Infrastrukturaufbau betrifft sowohl die Installation von Wind- und Solar-Anlagen als auch den schnelleren Umstieg auf die Wasserstoffwirtschaft, die sehr viele Vorteile bieten dürfte. Schließlich werden sehr viele Industriebetriebe modernisiert und i. S. der Energieeffizienz umgerüstet.
Die logische Konsequenz, die sich nun aus dieser Annahme ergibt, ist der bevorstehende Bauboom i.S. der angestrebten Energieunabhängigkeit. Und jeder Bauboom ist unweigerlich mit einer enorm steigenden Anzahl von Abfällen verbunden. Und so gelangen wir auch schon zu der Hauptthese, wo der aufgeflammte Ukraine-Konflikt in den kommenden Monaten das Geschäft der Abfallbeseitigungsbetriebe v. A. in den USA sehr stark mitankurbeln wird. Zumal die Bedeutung des Recyclings von wichtigen Materialien, deren Bedeutung u. A. bei der Produktion von High-Tech-Produkten wie Akkus für Elektroautos etc. weiterhin kontinuierlich zunehmen sollte.
https://viz.traderfox.com/peer-group-tabelle/US94106L1098/DI/waste-management-inc/aktien-68163-3973933-68551-17733977-68279-21063133-7874049
Was die allgemeine Trend-Story rund um Abfallbeseitigung angeht, so ist diese zwar langweilig, aber sehr trendstabil und erinnert im Großen und Ganzen an Wasseraufbereitung. Einer der wichtigsten Wachstumsfaktoren ist hier das andauernde Bevölkerungswachstum. Die Anzahl an Menschen steigt unaufhaltsam weiter und dürfte nach der UNO-Schätzung bereits 2050 eine Größe von 9,7 Milliarden erreichen. Eine logische Folge, die sich daraus ergibt, ist die zunehmende Umweltverschmutzung und das kontinuierlich steigende Volumen an Abfällen, die sowohl von privaten Haushalten als auch von der Industrie produziert werden.
Die weiterhin andauernde COVID-Pandemie spielt in diesen Zusammenhang weiterhin eine katalysierende Rolle. Aufgrund des hohen Infektionsrisikos neigen einige Hersteller immer stärker dazu, simple Einwegverpackungen zu verwenden, oder Produkte, die früher unverpackt waren, eben zu verpacken. Auf der gesellschaftlichen Ebene ist die Veränderung ebenfalls deutlich zu beobachten. Einige Menschen bleiben weiterhin sehr vorsichtig und konsumieren eine Menge zusätzlicher Einwegverbauchsprodukte und Hygieneartikel. Sollte man die Zweifel an der Sauberkeit bekommen, so neigen sehr viele dazu verdächtige Sachen aus dem low- und middle-Preissegment einfach wegzuwerfen und schnell einen Ersatz zu kaufen. Und so haben wir eine Situation, wo die Menge von Abfällen, gerade in dichtbesiedelten urbanen Gebieten weiter signifikant hochbleibt.
Auf der anderen Seite trifft die wachsende Menge an Abfällen auf eine durchaus begrenzte Abfallbeseitigung-Infrastruktur. Die Errichtung neuer Deponien ist in der modernen Welt keine einfache Sache und stößt auf heftigen Widerstand der Menschen in der unmittelbaren Umgebung. Folglich steigen auch die Preise für Abfallbeseitigung mit der zunehmenden Urbanisierung und Wachstum von regionalen Zentren kontinuierlich weiter. Und so ist die Entsorgung einer Mülltonne in den USA heute statistischen Untersuchungen zufolge rund 25 % profitabler als es im Jahr 2008 der Fall war. Dabei beseitigen vier größte Unternehmen des Landes für Feststoffabfälle rund 56 % des gesamten Abfallvolumens, wobei 2008 man etwa 38 % des Marktes rund um Feststoffabfälle kontrollierte.
Profiteure dieser Entwicklung sind logischerweise Müllentsorgung- und Recycling-Betriebe. Den Anfang mach das Unternehmen Waste Management (WM). Es ist mit der Marktkapitalisierung von 62,08 Mrd. USD der größte Abfallbeseitigungsspezialist in den USA. Das Unternehmen spezialisiert sich auf die Beseitigung von Feststoffabfällen und kann daher kontinuierlich von dem starkem Preisumfeld für feste Abfälle profitieren. Aktuell betreibt Waste Management rund 263 aktive Mülldeponien und mehr als 348 spezielle Übergabestellen. Betreut werden sowohl private, gewerbliche als auch industrielle Kunden in einem breiten Netzwerk von Niederlassungen. Das Businessmodell ist sehr robust und wird noch durch zahlreiche Verarbeitungs- und Recyclinganlagen erweitert, was an sich einen geschlossenen Produktionszyklus darstellt und daher nicht so einfach nachzuahmen ist.
Zudem kommt, dass die Geschäftsbeziehungen auf Basis langfristiger Verträge zur Erbringung einer Dienstleistung basieren. Dies bedeutet eine hohe Plansicherheit, was den Konzern vor Schwankungen schützt. Daher bleibt der Konzern in seiner Entwicklung von politischen und ökonomischen Schwankungen mehr oder weniger abgekoppelt, denn wirtschaftliche Tiefen und Höhen hin oder her: Auf die Müllabfuhr wird man in der zivilisierten Welt niemals verzichten können. Und so gelang es dem Unternehmen in der aktuellen Berichtssaison mit besser als erwarteten Zahlen und einer starken FY22-Prognose aufzuwarten. Der Q4-Umsatz stieg dabei im Vergleich zum Vorjahreswert um 15,7 % auf 4,68 Mrd. USD (Konsens: 4,62 Mrd. USD). Das EPS von 1,26 USD fiel ebenfalls besser als die erwarteten 1,25 USD aus. Als wachstumstreibend erweis sich die angelaufene Wirtschaftserholung und Reopening, was immer mehr wirtschaftliche und soziale Prozesse in Gang setzt, die u.a. zur steigenden Abfallmenge führen. Und so rechnet man nun für 2022 mit einem Umsatzwachstum im Bereich von 5,8-6,2 % auf rund 18,97-19,04 Mrd. USD (Konsens: 19,05 Mrd. USD).
Die Nummer zwei der US-amerikanischen Abfallbeseitigung ist der mit rund 40,04 Mrd. USD kapitalisierte Konzern Republic Services (RSG). Das Unternehmen spezialisiert sich genau wie Waste Management auf die Beseitigung von Feststoffabfällen in den USA und betreibt aktuell rund 186 Mülldeponien, mehr als 239 spezielle Übergabestellen, 71 Recycling-Anlagen etc. in 41 US-Bundesstaaten. Auch in diesem Fall werden sowohl private, gewerbliche als auch industrielle Kunden betreut. Gewinne und Umsätze nehmen Jahr für Jahr zu und das Wachstum wird branchenspezifisch durch die Übernahme kleinerer Wettbewerber forciert. So werden sowohl das businessrelevante Netzwerk als auch die Reichweite erbrachter Leistungen vergrößert.
Und so gab man bspw. Anfang Februar die Übernahme von US Ecology (ECOL) für rund 2,2 Mrd. USD bekannt. Es ist ein Anbieter von Umweltlösungen, die die Behandlung, das Recycling und die Entsorgung von gefährlichen, ungefährlichen und Spezialabfällen anbieten. Diese strategische Akquisition erweitert zunächst die geografische Präsenz von RSG in den USA und Kanada und bietet vertikale Integrationsmöglichkeiten für das Geschäft mit Umweltlösungen, was sich später auszahlen dürfte. Republic Services erwartet innerhalb von drei Jahren nach der Übernahme Kostensynergien in Höhe von rund 40 Mrd. USD, die voraussichtlich zu zweistelligen Renditen führen werden. Und damit scheint auch diese trendstabile Wachstumsstory weiterhin vollkommen intakt zu sein.
Die Nummer drei ist der mit rund 34,60 Mrd. USD kapitalisierte Konzern Waste Connections (WCN). Das Unternehmen bietet Abfallsammlungs-, Transfer-, Entsorgungs- und Recyclingdienstleistungen in den USA und Kanada an. Adressiert werden ebenfalls Privat-, Gewerbe-, Kommunal-, Industrie- und E&P-Kunden. Zudem kommen Recycling-Dienstleistungen für verschiedene recycelbare Materialien, einschließlich Kompost, Pappe, Mischpapier, Kunststoffbehälter, Glasflaschen sowie Eisen- und Aluminiummetalle. Darüber hinaus bietet das Unternehmen seinen Kunden Leasing-Dienstleistungen an.
Darüber hinaus bietet es E&P-Abfallbehandlungs-, Verwertungs- und Entsorgungsdienstleistungen für Abfälle aus der Exploration und Produktion von Öl und Erdgas an, wie Bohrspülungen, Bohrschnitte, Fertigstellungsflüssigkeiten und Rückflusswasser; Produktionsabfälle und produziertes Wasser während der Betriebsdauer eines Brunnens; kontaminierte Böden, die während der Standortsanierung behandelt werden müssen; und Substanzen, die nach einem Verschütten, einer Reservegrubenreinigung oder einem Pipeline-Bruch gereinigt werden müssen. Und diese Services werden beim kommenden Ausbau der US-Gas- und Öl-Förderung schon bald sehr gefragt sein. Im Betrieb sind derzeit etwa 91 Deponien, 142 spezielle Übergabestellen, 68 Recycling-Betriebe, 23 E&P Injektionsbohrungen für flüssige Abfälle; und 19 E &P-Abfallbehandlungs- und Ölrückgewinnungsanlagen etc.
Abschließend lässt sich sagen, dass die Auswahl an Topprofiteuren im Abfallbeseitigungssegment relativ klein ist und lässt sich ganz einfach ohne großen Aufwand tracken. Zu den trendstabilsten Unternehmen, die man in diesem Trend auf der Watchlist haben sollte, gehören u. a. kleinere, aber sehr aufstrebende und ebenfalls trendstabile Wettbewerber wie z. B. die mit rund 4,71 Mrd. USD kapitalisierte Casella Waste Systems (CWST), deren Aktie zuletzt auf ein neues Allzeithoch zog. Auch CWST hat zuletzt eine strategische Übernahme von getätigt. Übernommen wurden Vermögenswerte von Northstar Pulp & Paper, Northstar Disposal und bestimmte Immobilienbestände. Northstar ist ein Ressourcenmanagementunternehmen, das sich auf recyclingverarbeitende, Brokerage-Dienstleistungen im Nordosten der USA für industrielle, institutionelle und gewerbliche Kunden konzentriert. Und damit erweitert CWST sowohl ihren geografischen Fußabdruck als auch das Produktangebot, was sich in Zukunft v. A. in Bezug auf Recycling auszahlen dürfte.
Trendtechnisch betrachtet, verfügen schon heute einige der Müllentsorgungskonzerne über eine sehr aussichtsreiche Recyclingtechnologie, die mit der bald kommenden Massenproduktion von bspw. Elektroautos an Bedeutung gewinnen dürfte. Und so dürfte Recycling perspektivisch eine hochtechnologische und in zunehmenden Maßen strategisch wichtige und innovative Ebene erreichen, die aber auch höhere Gewinnmargen mit sich bringen wird. Sonst ist es aber die kommende, großangelegte Infrastrukturerneuerung und -Aufbau in den USA, was für signifikant steigende Abfallmenge sorgen dürfte. Und somit haben wir in diesem Trend neben der langweiligen Trendstabilität auch eine interessante Wachstumsperspektive.
Favorisiert werden derzeit eher die Aktien der vorgestellten Big-Player: RSG, WCN, CWST und WM. Denn im Vordergrund steht hier v. A. die Strategie eines langfristigen Investments und nicht ein schneller Hit&Run-Trades.
Viel Erfolg und bleiben Sie profitabel!
Verantwortlicher Redakteur Kulikov Leonid: Keine Eigenposition