Boeing Co.: Der Auftrag aus dem Pentagon könnte aus dem Fallen Angel einen Highflyer machen!
Boeing hatte in den letzten Jahren mit einer ganzen Serie an Problemen zu kämpfen. Obwohl der neue CEO Kelly Ortberg eine radikale Kehrtwende einläutete, stand der Konzern am Ende des letzten Jahres vor dem Abgrund.
Doch nun kamen sensationelle Nachrichten aus dem Pentagon: Boeing soll die F-47 bauen, den ersten Kampfjet der sechsten Generation. Das Schicksal des Fallen Angel könnte sich wenden.
Im Herbst 2024 drohte Boeing zum größten Fallen Angel aller Zeiten zu werden
Im Oktober 2024 häuften sich die Nachrichten über Boeing – es waren keine guten. Die Analysten von JP Morgan publizierten eine Mitteilung, der zufolge sich die Schulden von Boeing auf 52 Mrd. USD beliefen. Mit dieser gigantischen Summe drohte der amerikanische Luftfahrtkonzern zum größten "Fallen Angel" aller Zeiten zu werden. Denn die Herabstufung von einer Topbonität auf Ramschniveau stand im Raum. Der Grund: Die Rückzahlung der Schulden von Boeing galt nicht mehr als gesichert.
Eine solche Herabstufung wird aber erst vollzogen, wenn zwei der drei Ratingagenturen sie vornehmen. Standard & Poors hatte seine Bewertung der Kredite des Flugzeugherstellers bereits auf "Credit Watch Negative" gesetzt. Dies bedeutet, dass sich die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens verschlechtern könnte. Moody’s and Fitch bewerteten den Ausblick für Boeing ebenfalls negativ. Als außerordentlich bedenklich galt dabei der hohe Anteil langfristiger Verbindlichkeiten: Er belief sich auf gut 45 % aller Schulden.
Heftige Krisen führten zur Entlassung von 17.000 Mitarbeitern
Zu diesem Zeitpunkt war dies nicht die einzige Schwierigkeit, gegen die Boeing ankämpfen musste. Vielmehr steckte der Konzern damals schon seit Jahren in der Krise. Eine Reihe von Produktions- und Sicherheitspannen hatten dem Konzern das Leben schwer gemacht. Der gerade noch abgewendete Bruch eines Türverschlusses während eines Fluges Anfang 2024 stand symptomatisch für die Vielzahl der Probleme. Im Herbst desselben Jahres musste der Konzern dann auch noch die Auslieferung seines 777X-Jets um ein Jahr verschieben. Das Flugzeug befand sich 6 Jahre im Rückstand und die Testflotte fand keine weitere Verwendung, nachdem sich bei den ersten Testflügen strukturelle Schäden an einem der Flugzeuge gezeigt hatten. Hinzu kam der Entschluss, die Herstellung des Frachtflugzeugs 767 einzustellen und sie 2027 auslaufen zu lassen. Aber als sei dies nicht genug, traten 33.000 Maschinisten an der US-Westküste in einen wochenlangen Streik. Die Produktion der Flugzeuge 737 Max, 767 und 777 konnte nicht mehr fortgeführt werden. Die Reserven des Unternehmens schmolzen zusammen. Der erst seit dem 8. August 2024 amtierende CEO Kelly Ortberg entschloss sich deshalb zu einem radikalen Schritt: Er kündigte 17.000 Mitarbeitern; dies entsprach 10 % der globalen Belegschaft. Seine Entscheidung rechtfertigte er damit, dass sich Boeings Geschäft in einer kritischen Lage befinde und die anstehenden Herausforderungen kaum zu meistern seien. Kelly schrieb in einem Memo an seine Mitarbeiter: "Neben der Bewältigung unseres aktuellen Umfelds erfordert die Wiederherstellung unseres Unternehmens schwierige Entscheidungen, und wir werden strukturelle Änderungen vornehmen müssen, um sicherzustellen, dass wir wettbewerbsfähig bleiben und unsere Kunden langfristig zufriedenstellen können. Wir müssen uns auf die Bereiche konzentrieren, die für uns von zentraler Bedeutung sind, anstatt uns auf zu viele Anstrengungen zu verteilen, die oft zu einer eingeschränkten Leistung und zu wenigen Investitionen führen können."
Kelly Ortberg legt ein Programm für Sicherheit und Qualität auf
Kelly Ortberg wollte einen grundlegenden Wandel herbeiführen, damit Boeing an seine einst ruhmreiche Geschichte wieder anknüpfen könnte. Die notwendigen Veränderungen müssten an der Konzernspitze beginnen. Dazu sollten die Führungskräfte wieder in die Fabrikhallen und Entwicklungslabore zurückkehren, um sich mit den Angestellten zu vernetzen. Zum Abbau von Barrieren berief der CEO eine Arbeitsgruppe für Unternehmenskultur ein. Die Chancen stünden mit der Aussicht auf einen Bedarf von fast 44.000 Flugzeugen bis zum Jahr 2043 gut. Es gälte, sie zu nutzen und die Stabilität der Produktion sowie der Lieferketten wiederherzustellen und die Entwicklungsprogramme umzusetzen. Dies sei sowohl für den Sektor der zivilen als auch der militärischen Luftfahrt zu erstreben. Die Streitkräfte der USA und ihre Verbündeten seien auf die Produkte von Boeing angewiesen. Boeing sei bereit, zusätzliche strategische Investitionen in die Zukunft zu tätigen.
Schon 2024 hatte Boeing 6 Mrd. USD für Forschung und Entwicklung ausgegeben. Diese flossen in Erweiterungen für die Produktion moderner Kampfflugzeuge und Wartungsteile sowie in den Ausbau von Produktionsstandorten. Von besonderer Wichtigkeit ist aber auch ein Programm zur Gewährleistung von Sicherheit und Qualität. Dieses soll vier Schwerpunktbereiche umfassen: Investitionen in die Personalschulung, Vereinfachung von Plänen und Prozessen, die Beseitigung von Defekten und die Erhöhung der Sicherheits- und Qualitätskultur.
Das Modell X-66 soll gegenüber der Konkurrenz 30 % weniger Kraftstoff verbrauchen
Im zivilen Sektor räumt Kelly Ortberg der sicheren Zertifizierung der 737-7, 737-10 und 777X höchste Priorität ein. Laut Boeing wird die 777-X das größte und effizienteste zweimotorige Flugzeug der Welt sein. Sie soll sich durch einen 10 % niedrigeren Kraftstoffverbrauch und um 10 % geringere Betriebskosten gegenüber den Jets der Konkurrenz auszeichnen. Eine Integration in die 777- und 787 Dreamliner-Familien soll nahtlos ermöglicht werden. Mit einer geräumigen, breiten Kabine, einer auf die Kunden ausgerichteten Architektur sowie Innovationen aus dem 787-Dreamliner tritt die 777X an, um das Flugerlebnis der Zukunft zu bieten.
Die potenzielle Zukunft der Luftfahrt stellt das Modell X-66 dar, das kürzlich zwei erste Windkanaltests erfolgreich bestanden hat. Dies ist wichtig, weil eine vollständige Version zu Demonstrationszwecken erst dann getestet werden kann, wenn das Flugzeugdesign mit kleineren Modellen validiert wurde. Das Modell X-66 zielt darauf ab, die Luftfahrt mit extralangen Flügeln, die die aerodynamische Effizienz des Flugzeugs erhöhen, zu revolutionieren. Gleichzeitig soll sie neue Standards für umweltfreundliche Flugreisen mit einem um 30 % niedrigeren Kraftstoffverbrauch als herkömmliche Flugzeuge setzen.
Boeing leistet einen entscheidenden Beitrag zu Forschungen auf der ISS
Boeings zweites Geschäftsfeld ist die Raumfahrt. So ermöglicht Boeing Forschungen auf der Internationalen Raumstation (ISS), die der zukünftigen Raumfahrt, der Erforschung des Weltraums und dem Leben auf der Erde zugutekommen. Genauso sorgt Boeing in Zusammenarbeit mit Lockheed Martin dafür, dass Satelliten in die Erdumlaufbahn gebracht werden. Raumfahrer werden mit dem Raumschiff CST-100-Starliner zur Erde zurückgebracht und Kommunikationssatelliten verbinden Raumfahrzeuge mit Einrichtungen am Boden.
Virtuelle Szenarien können in Boeings Schulflugzeug vom Boden aus in das Cockpit eingespielt werden
Im militärischen Bereich fokussierte Ortberg eine Beschleunigung des Zeitplans für die Inbetriebnahme des T-7A Red Hawk-Programms und kontinuierliche Gespräche mit den Kunden an, um den Anforderungen des VC-25B-Programms gerecht zu werden. T-7A Red Hawk ist die Abkürzung für ein brandneues Advanced Pilot Training System (APTS) für die U.S. Air Force. Das Schulflugzeug löst die bisherige Northrop T-38 der Vereinigten Staaten ab. Mehrere Flugzeuge können kooperativ oder gegeneinander fliegen. Sie sind in der Lage, gegen Bodensimulationen anzutreten und Missionsszenarien in das Cockpit einzuspielen, die vom Flugkoordinator vom Boden aus aufgerufen werden. Die Auszubildenden profitieren von einem verbesserten Situationsbewusstsein, einer optimierten Entscheidungsfindung sowie einer realistischen Vorbereitung. Diese drei Faktoren erhöhen allesamt die Sicherheit der Piloten.
"Die F-47 wird das fortschrittlichste, fähigste und tödlichste Flugzeug sein, das jemals entwickelt wurde" (Donald Trump)
Die möglicherweise entscheidende Wende für Boeing läutet jedoch eventuell ein Auftrag aus dem Pentagon ein. US-Präsident Donald Trump und sein Verteidigungsminister Pete Hegseth gaben kürzlich bekannt, dass Boeing den Kampfjet F-47 bauen soll. Mit ihm möchte Trump die Maßstäbe für Kampfjets neu definieren. Es gebe auf der Welt nichts, das mit diesem Flugzeug verglichen werden könne. Der F-47 sei das erste Kampfflugzeug der sechsten Generation. Während Flugzeuge der fünften Generation mit verbesserten Sensoren und Tarnkappentechnik ausgerüstet sind, kämpfen die der sechsten Generation mit Hilfe von KI und im Verbund mit unbemannten Systemen. Die F-47 soll die amerikanische Dominanz in der Luft für die nächsten Generationen sichern. Dieser Anspruch ist vor allem gegen China gerichtet, das sich mit den USA ein Wettrennen um den ersten Jet der neuen Generation liefert. Um ihre Luftüberlegenheit im Indopazifik, in dem der potenzielle Konflikt zwischen den beiden Nationen sich wie in einem Brennspiegel abzeichnet, auszubauen, benötigen die USA ein Flugzeug, das die großen Entfernungen zwischen den Stützpunkten problemlos überwinden kann.
Pete Hegseth betonte, dass auch die Manövrierfähigkeit, die Geschwindigkeit und die Nutzlast in neue Dimensionen vorstießen. Die F-47 leitet ihren Namen aus dem Gründungsjahr 1947 der U.S. Air Force ab, dem P-47-Kampfflugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg und der Tatsache, dass Donald Trump der 47. Präsident der USA ist. Die Entscheidung für die F-47 sichert die Zukunft des Entwicklungsprogramms Next Generation Air Dominance (NGAD), das aufgrund hoher Kosten und der aversiven Haltung, die Trumps Berater Elon Musk gegenüber Kampfflugzeugen einnahm, pausiert worden war. Mit dem Zuschlag des Auftrags zum Bau des neuen Kampfjets stach Boeing den Mitbewerber Lockheed Martin aus, dessen Papiere nach der Verlautbarung der Neuigkeit um gut 10 % nachgaben. Über die Kosten der F-47 ist nichts bekannt. Am Ende von Trumps zweiter Amtszeit soll sie einsatzfähig sein.
Die Zahlen spiegeln die Rückschläge des Jahres 2024 wider
Im letzten Geschäftsjahr ist der Umsatz von Boeing von 77,8 Mrd. USD auf 66,5 Mrd. USD um 14,5 % gefallen. Dabei sank der Gewinn von -2,2 Mrd. USD auf -11,8 Mrd. USD. Im 4. Quartal 2024 wurden 348 Verkehrsflugzeuge ausgeliefert und 279 Neubestellungen verbucht. Der Umsatz betrug 15,2 Mrd. USD und der Verlust 3,77 Mrd. USD. Im Vorjahresquartal stand noch ein Gewinn von 0,28 Mrd. USD in den Büchern. Trotzdem zeigte sich Kelly Ortberg zuversichtlich mit den Worten: "Wir haben im Laufe des Quartals in wichtigen Bereichen Fortschritte bei der Stabilisierung unseres Betriebs erzielt und wichtige Aspekte unseres Sicherheits- und Qualitätsplans weiter gestärkt." Im Bereich Verkehrsflugzeuge wurden ein Umsatz von 4,76 Mrd. USD und ein Verlust von 2,0 Mrd. USD verbucht. Im Sektor Verteidigung, Raumfahrt und Sicherheit ergaben sich ein Umsatz von 5,4 Mrd. USD und ein Verlust von 2,2 Mrd. USD. Und der Bereich Global Services kam auf einen Umsatz von 5,1 Mrd. USD und einen Gewinn von 998 Mio. USD.
Aufgrund des negativen letzten Geschäftsjahres kann das KGV nicht berechnet werden. Das KUV ist mit 2,0 niedrig. Boeing zahlt keine Dividende.
Quelle: Qualitäts-Check TraderFox
Fazit
Der Niedergang, der sich bei Boeing in den letzten Jahren vollzog, ist beinahe beispiellos. Wäre der Luftfahrtkonzern im Oktober 2024 von zwei der drei Rating-Agenturen herabgestuft worden, hätte er das bisherige Rekordvolumen an Schulden von 51 Mrd. USD von Ford aus dem Jahr 2020 noch übertroffen. Ob die von Kelly Ortberg eingeleiteten Maßnahmen in Zukunft ausgereicht hätten, um das strauchelnde Unternehmen zu stabilisieren, ist zumindest fraglich. Doch mit dem Großauftrag aus dem Pentagon besteht nun eine realistische Chance, dass sich der Fallen Angel Boeing wie Phoenix aus der Asche erhebt, um sich erneut in die Lüfte zu schwingen.
Bildherkunft: AdobeStock_296404170