Portfoliocheck: Beim brasilianischen Fintech StoneCo ist Steve Mandel nun viertgrößter Aktionär – nach Buffett

Steve Mandel ist einer der erfolgreichste Hedgefonds-Manager unserer Zeit. Er gehört zu den sogenannten Tiger Cups, den Tigerwelpen. Die Bezeichnung geht zurück auf den legendären Hedgefonds-Manager Julian Robertson, der mit einem durchschnittlichen ROI von über 30 Prozent seiner Tiger Management Group zu den erfolgreichsten Fondsmanagern des letzten Jahrhunderts gehört. Robertson war aber nicht nur ein großartiger Investor, sondern ein mindestens ebenso guter Lehrer. Zu seinen Schülern gehören 50 der erfolgreichsten Fonds Manager der Welt, wie Andreas Halvorsen (Viking Global), Rob Citrone (Discovery Capital Management), Philippe Laffont (Coatue Management), Lee Ainslie (Maverick Capital) und eben Stephen Mandel (Lone Pine Capital).

Stephen "Steve" Frank Mandel Jr. wurde 1956 als jüdischer Amerikaner geboren. Nach seinem Abschluss an der Phillips Exeter Academy folgte im Jahre 1978 sein Bachelor of Arts am Dartmouth College sowie sein M.B.A. an der renommierten Eliteuniversität Harvard. Erste Berufserfahrungen sammelte er beim Unternehmensberater Mars & Co. und dort erlag er auch der Begeisterung für die Finanzmärkte. Im Alter von 28 Jahren wurde er Analyst bei Goldman Sachs, doch seine wohl beste Entscheidung traf Steve Mandel 1990, als er eine Stelle als Analyst beim damals revolutionären Hedgefonds Tiger Management und dessen Gründer Julian Robertson bekam.

Unter Robertsons schützenden Händen entwickelte sich der damals 34-jährige Mandel so zu einem der bedeutendsten Investoren unserer Zeit. Nach sieben lehrreichen Jahren wagte "Tiger Cup" Mandel 1997 den Schritt in die Selbständigkeit und gründete den unter seiner Regie stehenden Hedgefonds Lone Pine Capital LLC.

Inzwischen verwaltet Lone Pine rund 32 Milliarden Dollar an Investorengeldern und erzielte in den letzten 13 Jahren durchschnittlich eine Rendite von über 20 Prozent.

Top Transaktionen im 3. Quartal 2020

Steve Mandel pflegt einen aktiven und fokussierten Investmentstil. Seine Turnoverrate lag im dritten Quartal bei 29 Prozent und unter den nun 32 Werten in seinem rund 23,2 Milliarden Dollar schweren Portfolio finden sich gleich elf neue.

Die größte Auswirkung auf sein Depot im 3. Quartal hatte der beinahe vollständige Verkauf der Anteile am Online-Reiseportal Booking Holdings. Bei Salesforce.com ist er komplett ausgestiegen, ebenso bei Visa, Ceridan MCM und Zoom. Bei TransDigm Group verkaufte er immerhin 57 Prozent seiner Aktien.

Das Geld hat er umgehend wieder investiert und zwar in eine ganze Reihe von angesagten Wachstumsaktien. So stieg er bei DoguSign mit 3,8 Prozent seines Anlagekapitals ein, bei Square mit 3,8 Prozent, bei Match Group mit 3,7 Prozent, bei Altlassian mit 2,6 Prozent und bei StoneCo mit 1,9 Prozent. Verdoppelt hat Steve Mandel seine Position bei Coupa Software.

Während der Markt im Herbst dazu überging, die vermeintlichen Corona-Loser zurückzukaufen und die bereits stark gestiegenen Corona-Gewinner zu verkaufen, tat Steve Mandel genau das Gegenteil und stockte bei den Herausforderern aus der zweiten Reihe der Technologiewerte beherzt auf.

Top Positionen am Ende des 3. Quartals 2020

Technology stellt mit knapp 47 Prozent den stärksten Sektor in Mandels Portfolio. Ihm folgen Communication Services mit 15,2, Financial Services mit 10,9 und Healthcare mit 10,4 vor zyklischen Konsumwerten mit 9,6 Prozent.

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Die größte Position stellt der kanadische Webshop-Anbieter Shopify mit einem Gewicht von 7,6 Prozent dar. Ihm folgen die beiden Schwergewichte Facebook und Microsoft mit 6,6 und 5,9 Prozent. Dahinter folgt der Krankenversicherungskonzern United Health mit 5,3 Prozent vor Coupa Software und PayPal mit jeweils gut 5,1 Prozent. Es schließt sich Global Payment mit 4,9 Prozent an vor Netflix und Amazon mit 4,9 und 4,6 Prozent. Mit Humana taucht ein zweiter Wert aus dem Gesundheitswesen in den Top 10 auf, bevor mit DocuSign, Square und Match Group drei Neuaufnahmen folgen, bevor ServiceNow das Bild abrundet.

Aktie im Fokus: Stone Pagamentoas SA (StoneCo)

StoneCo ist mit seiner Börsenkapitalisierung von gerade einmal 16,5 Milliarden Dollar kein Schwergewicht und das erklärt, weshalb Steve Mandel mit einem Einsatz von gerade einmal knapp 440 Millionen Dollar 2,7 Prozent des Unternehmens erwerben und so aus dem Stand heraus zu dessen viertgrößten Aktionär werden konnte. Vor ihm liegen nur Price T. Rowe mit 11,1 Prozent, Capital Research Global Investors mit 9,2 Prozent und Warren Buffetts Berkshire Hathaway mit 4,6 Prozent Anteil. Berkshire war bereits vor dem IPO im Herbst 2018 eingestiegen und die Entscheidung ging ursprünglich auf Buffetts "Investmentleutnant" Todd Combs zurück.

Quelle: Wachstums-Check TraderFox

StoneCo ist ein brasilianisches Fintech-Unternehmen und offeriert in Südamerika digitale Zahlungslösungen für den Handel, sowohl online als auch mobil. Der Cloud-basierter Online-Zahlungsabwickler mit Sitz in Sao Paulo wurde erst 2012 gegründet und wächst seitdem mit atemberaubender Geschwindigkeit; er ist in sechs Bereichen aktiv:

1. Stone ist lizenzierter Visa– und Mastercard-Partner, der es Händlern ermöglicht, Kreditkartenzahlungen anzunehmen. Hierzu bietet das Unternehmen spezielle Kartenlesegeräte am Point-of-Sale an, wobei Stone an jeder Transaktion verdient, die über diese Geräte abgewickelt wird. Über die Marke Stone bietet man auch Geschäftskundenkonten an, und vermittelt sogar Kleinkredite, die allerdings zumeist weiterverkauft werden, um nicht selbst im Risiko zu bleiben. Für Stone bietet man noch weitere diverse Softwarelösungen an, z.B. "collact" für Werbeaktionen und Kundenbindungen und "raio-x" zur Inventar- und Preisverwaltung.

2. Pagar.me ist die Lösung im digitalen Vertrieb. Die Softwarelösungen lassen sich in Online-Shops integrieren, wodurch Online-Shops schnell und einfach Online-Zahlungen abwickeln können. In diesem Segment geht es nicht nur um die Zahlung an sich, sondern auch um den Aufbau von Webshops. Das Hauptgeschäft von StoneCo ist aber die Zahlungsabwicklung und die Webshoplösungen sind somit eher Mittel zum Zweck.

3. Mundipagg stellt als vollständiges eCommerce-Gateway die Verbindung zu Visa, Mastercard und anderen Kreditkartenbietern her. Über Mundipagg kann man viele Funktionen seines Shops steuern, wie Rabatte oder Abonnements. Hauptzweck ist allerdings das Finanzcontrolling durch das Verfolgen von Verkäufen, Zahlungen und Ratenkäufen.

4. Equals ist eine Online-Finanzmanagementplattform, die am kundeneigenen ERP-System andockt (Enterprise-Ressource-Planning). Sie kann daher automatisiert Abschreibungen auf Forderungen vornehmen oder Steuerberichte erstellen. Bedeutender Kunde ist hier zum Beispiel Mercado Pago, der im Bereich Digital Payments einer der größten Wettbewerber von StoneCo ist.

5. Cappta: Ist eine weitere Point-of Sale-Lösung.

6. Ton befindet sich noch im Aufbau. Es ist eine Kooperation zwischen Stone und dem brasilianischen Mediengiganten Globo und zielt auf den Massenmarkt. Es sollen Finanzlösungen (PoS-Lösungen, Cash-in und Cash-out-Funktionen) vertrieben werden, wie Kredite und Versicherungen, die vor allem über die Kanäle von Globo angeboten werden.

Geschäftsverlauf und Corona

Die Corona-Pandemie hat in Südamerika gnadenlos zugeschlagen und im Börsenabsturz im März kam auch der Aktienkurs von StoneCo massiv unter die Räder. In der Spitze fiel er sogar wieder unter den seinerzeitigen Einstiegskurs von Berkshire Hathaway, nachdem er sich zuvor bereits mehr als verdoppelt hatte. Doch dieser Einbruch war eine Kaufgelegenheit, wie sich am Aktienkurs zeigt, der inzwischen immer neue Höchststände markiert.

Doch auch bei den Geschäftszahlen kann StoneCo überzeugen. Das Geschäftsmodell hat sich in der Corona-Krise als robust und resilient erwiesen: der elektronische Zahlungsverkehr und der digitale Handel haben weiter stark zugelegt, so dass das Gesamtzahlungsvolumens (TPV) weiter wachsen und sich sogar noch beschleunigen konnte. Im April, auf dem Hochpunkt der Krise, musste StoneCo seinen bislang schlechtesten Monat in der Unternehmensgeschichte berichten und dennoch gelang es selbst da, das Zahlungsvolumen gegenüber dem Vorjahreswert zu steigern.

Ein kritischer Punkt ist und bleibt die Währungsseite. Brasilien wird von Corona stark getroffen, aber die Wirtschaft war zuvor schon angeschlagen und das Land leidet unter Korruption. Die Landeswährung Real ist latent schwach und die Notenbank tendiert zu Zinserhöhungen. Das dämpft die wirtschaftlichen Aussichten des Landes, vor allem wenn die Ergebnisse in Dollar oder Euro umgerechnet werden.

Erfreulicheres gibt es aus dem Unternehmen selbst zu berichten. Im dritten Quartal konnte StoneCo seinen Umsatz gegenüber dem Vorjahr um 39,2 Prozent steigern und der bereinigte Nettogewinn legte sogar um 42,6 Prozent zu. Das noch relativ junge Bankensegment läuft auf Hochtouren und steigerte die Zahl Konten im Vergleich zum Vorquartal um 40 Prozent auf 357.000. Darüber hinaus legten die Transaktionen auf StoneCos Fintech-as-a-Service-Plattform, einschließlich der Bankdienstleistungen, um 820 Prozent zu – es gab also fast eine Verzehnfachung!

Chancen und Risiken

Die Wachstumschancen sind enorm, den in Lateinamerika hat weniger als die Hälfte der Bevölkerung ein Bannkonto. Sie nehmen am Wirtschaftsleben entweder durch Bargeldzahlungen teil, oder durch Online- und Mobilzugänge über Notebooks, vor allem aber über Handys und Smartphones. Anstelle klassischer Bankkonten nutzen sie Apps und digitale Paymentanbieter.

Und da sind wir schon bei der Konkurrenz, denn StoneCo ist natürlich nicht der einzige Player im Markt. In einigen Bereichen steht man mit MercadoPago im Wettbewerb, dem Zahlungsdienstleister des in Lateinamerika führenden Online-Marktplatzes MercadoLibre. Und in anderen Bereichen hat man es mit PagSeguro zu tun.

Ein Vorteil ist, dass das Marktvolumen von digital Payments weiter wächst und der "War on Cash" auch in Südamerika klar gegen Bargeld läuft und somit StoneCo – und seinen Wettbewerbern – in die Hände spielt. Wegen Corona boomen Online- und Mobilkäufe, so dass Bargeld zurückgedrängt und digitale Paymentlösungen genutzt werden.

Die Bewertung spiegelt die großen Wachstumschancen wider und ist alles andere als billig. Auf der anderen Seite wird gerade jetzt, heute, dieser Zukunftsmarkt verteilt und daher fließt viel Geld in den Sektor, was die Bewertungen zusätzlich anheizt.

Auch StoneCo ist an der Übernahmefront tätig. So hat man jüngst die brasilianische Firma Linx für 1,28 Milliarden Dollar übernommen. Linx ist auf Technologie für den Einzelhandel spezialisiert und hält in seinem Segment einen Marktanteil von knapp 46 Prozent. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 3.500 Mitarbeiter, verteilt auf seinen Hauptsitz in São Paulo, 15 Niederlassungen in Brasilien und fünf Länder in den Amerikas. StoneCo will die Akquisition nutzen, um sich zu einem integrierten Anbieter von Systemen und Zahlungsdiensten weiterzuentwickeln. Und natürlich hofft StoneCo, seinen eigenen Kundenstamm, der überwiegend aus kleinen und mittleren Unternehmen besteht, auf die großen Unternehmen ausdehnen zu können, die Linx bereits bedient.

StoneCo ist in einem schnell wachsenden Markt aktiv und in einer Zukunftsbranche. Steve Mandel hat die Chance genutzt und sich einen fetten Anteil an diesem aufstrebenden brasilianischen Fintech-Unternehmen gesichert und ist nun dessen viertgrößter Aktionär. Die bisherige Kursentwicklung im vierten Quartal dürfte ihm jedenfalls Freude bereitet haben, denn der Kurs ist seit Anfang Oktober um fast 40 Prozent weiter angezogen. So kann es weitergehen…


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