Portfoliocheck: Match Group ist Frank Sands neuer alter Favorit beim Onlinedating
Frank Sands leitet die gleichnamige Anlagegesellschaft Sands Capital Management seit mehr als 25 Jahren – inzwischen gemeinsam mit seinem Sohn Frank Sands Jr. Der äußerst erfolgreiche Investor engagiert sich bevorzugt in dominierenden Wachstumsunternehmen mit langfristig profitablen Aussichten.
Der klassische Konflikt zwischen Value und Growth, also bei der Auswahl zwischen unterbewerteten Buchwert-Schnäppchen oder Wachstumsaktien, beschäftigt Frank Sands nicht; wie Warren Buffett sieht er hier keinen Zwiespalt mehr. "Das Orakel von Omaha" ist inzwischen der Auffassung, Wachstum sei ein Bestandteil des Value-Ansatzes und daher liege hier kein grundsätzlicher Konflikt vor. Vielmehr müsse man jeweils den Einzelfall betrachten: ein Wachstumsunternehmen, das keinen nachhaltigen Wert schafft, ist kein gutes Investment. Ein Value-Unternehmen ohne Wachstum reduziert das Anlagespektrum auf die berühmten Zigarrenstummel nach Benjamin Graham. Buffett hingegen bevorzugt Unternehmen mit solidem Wachstum zu einem attraktiven Preis.
Und auch in einem weiteren Punkt folgt Sands Warren Buffett, denn auch er konzentriert seine Investments auf die besten Werte und verzichtet auf eine zu breite Streuung. Und hier schließt sich der Kreis zu einer weiteren Börsenlegende: Philip A. Fisher.
"Anleger sollten peinlich genau darauf achten, nicht die meisten, sondern die besten Aktien zu halten. Bei Aktien kann Masse niemals mehr als schwacher Ersatz für Klasse sein."
(Philip A. Fisher)
Dieses Verständnis ist auch die Grundlage der Investmentphilosophie von Frank Sands. Er ist auf der Suche nach dominierenden Wachstumsunternehmen und geht nach einem strikten Katalog mir sechs Kriterien vor:
1. nachhaltiges überdurchschnittliches Gewinnwachstum
2. Marktführerschaft in ihrer jeweiligen Branche
3. Burggraben: starke Wettbewerbsvorteile, einzigartiges Geschäftsmodell
4. eine klare Philosophie sowie einen wertschöpfenden Fokus
5. Finanzstärke
6. angemessene Bewertung im Hinblick auf Markt- und Geschäftsaussichten
Transaktionen im 3. Quartal 2020
Im 3. Quartal 2020 hielt Frank Sands 77 Werte im Portfolio im Gesamtwert von 46,2 Milliarden Dollar, darunter 4 Neueinsteiger; seine Turnover-Rate lag bei überschaubaren 8 Prozent.
Gleich zum Start gibt es am Tag von Donald Trumps Abschied aus dem Weißen Haus erstmal Fakenews: die Tabelle weist als Neueinsteiger die Tinder-Mutter Macht Group aus mit einem Startgewicht von knapp 2,5 Prozent. Doch die hatte Frank Sands schon länger im Depot. Also, was ist passiert?
Die Match Group IAC InterActiveCorp. hatte ihre rund 80 Prozent an der Match Group an die IAC-Aktionäre verschenkt im Wege eines Spin-offs. Die Match-Aktien bekamen daraufhin neue Börsenkennungen, während das Börsenkürzel MTCH beibehalten wurde. Die jungen Aktien sind nun neu im Depot, aber sie stellen kein neues Engagement dar. Match Group ist für Frank Sands kein neuer Flirt, sondern eine alte Liebe. Nun etwas freier als vorher ohne den züchtigenden Einfluss der Mutter, vielleicht etwas wilder, aber auf jeden Fall noch immer sehr attraktiv…
Wirklich neu im Depot hat Frank Sands das auch von Warren Buffett gezeichnete IPO Snowflake sowie iRhythm Technologies.
Aufgestockt hat er bei Square um rund ein Drittel und bei Alibaba um ein Zehntel; beim chinesischen Onlinegiganten hatte er im Vorquartal seine Position noch um gut ein Fünftel abgebaut.
Im Gegenzug reduzierte Frank Sands bei einigen Werten teils deutlich: Sarepta Therapeutics um57 Prozent, Amazon um 11 Prozent, Alphabet um 27 Prozent Monster Beverage um 50 Prozent, ServiceNow um 15 Prozent und bei Charles Schwab stieg er komplett aus.
Bei Sea Ltd. hatte es Sands zuletzt etwas ruhiger angehen lassen, nachdem er einige Quartale lang seine Position massiv aufgestockt hatte. Nun hat er knapp fünf Prozent abgegeben.
Top-Positionen im Portfolio zum Ende des 3. Quartals 2020
Communication Services setzten ihren Siegeszug in Sands Depot fort und sind mit einem Anteil von 28,9 Prozent weiterhin Spitzensektor vor Technology mit 27,2 Prozent auf dem zweiten Platz. Es folgen zyklische Konsumwerte mit 17,2 Prozent, die mit Healthcare (16,3 Prozent) den Platz tauschten. Auf dem fünften Rang folgen weiterhin Financial Services mit sechs Prozent.
Spitzenreiter in Sands Depot stark fokussiertem ist nun Sea Limited mit 8,6 Prozent Gewicht, die sich an Amazon vorbeigeschoben haben, die es noch auf 6,8 Prozent bringen. An Sea hält Frank Sands 5,4 Prozent aller Aktien und ist hinter Price T. Rowe zweitgrößter Aktionär des Unternehmens.
Hinter dem Spitzenduo haben Netflix (5,5 Prozent) und Visa (5,4 Prozent) ebenfalls die Plätze getauscht, wie auch die folgenden Alibaba und ServiceNow. Auf Rang sieben bis neun folgen mit Square, Facebook und Adobe alte Bekannte, bevor uns auf Platz zehn die neue alte Match Group anlächelt.
Im Fokus: Match Group
Bei seiner Gründung war Match Group eine einzelne Datingseite, nämlich match.com. Durch eine aggressive Wachstums- und Übernahmestrategie wurde das Unternehmen zum führenden Anbieter von Datingportalen auf- und ausgebaut und ist heute eine Holding, mit einer Vielzahl unterschiedlicher Dating-Portale wie Tinder, Match.com, Hinge, Meetic, OkCupid, PlentyOfFish, LoveScout24 und neu.de.
Hinter Match stand bisher die IAC InterActiveCorp, ein führendes Medien- und Internetunternehmen mit mehr als 150 Marken und Produkten. Der starke Mann hinter IAC ist seit 1995 Barry Diller, der zuvor viele Jahre Chef von Paramount Pictures war. IAC hat mehrere Sparten und baut innerhalb dieser Digital Leaders auf, die dann später an die Börse gebracht und/oder die Aktionäre abgegeben werden über Spin-offs. Frühere Erfolgsgeschichten der IAC sind HSN Home Shopping Network, Ticketmaster, Interval, LendingTree und Expedia. Und eben auch Match Group.
Match datet nun ohne die Mutter IAC
Vor einigen Monaten erfolgte die Trennung. Match Group ist eine große Erfolgsgeschichte und war so zum absoluten Schwergewicht im IAC-Portfolio geworden. Zu schwer, weil es die übrigen Aktivitäten zu Nebendarstellern degradierte. Daher hat IAC sein 81-prozentiges Match-Aktienpaket abgegeben und den IAC-Aktionären seine Match-Aktien ins Depot gebucht.
Für beide Unternehmen ein Gewinn. IAC kann sich wieder stärker auf seine anderen Aktivitäten konzentrieren und hat nun vier Milliarden Dollar in Cash für neue Ideen oder Aktienrückkäufe und ist bereits aktiv geworden. IAC stieg bei Care.com und Casinobetreiber MGM Ressorts ein und kündigte an, auch seine erfolgreiche Videoplattform vimeo abspalten zu wollen. Die Anleger finden das klasse und der Aktienkurs stürmt ungehindert weiter nach oben.
Die Match Group wiederum steckt nun nicht mehr in einem übergeordneten Konzernverbund fest wo sie sich den dortigen unternehmerischen Zwängen unterwerfen muss. Die neue Freiheit dürfte ihr im hart umkämpften und sich gerade mal wieder stark wandelnden Datingmarkt zugutekommen.
Neue Gewohnheiten, altes Ziel
Die diversen Dating-Apps und Online-Matching-Angebote erfreuen sich während der Corona-Pandemie einer noch größeren Beleibtheit, also ohnehin schon. Allerdings verändert Corona das Verhalten der Partnersuchenden teilweise erheblich.
Anstelle heißer Flirts und schneller Treffen rücken in der Coronapandemie tiefgründigere Gespräche und intensiveres Kennenlernen. "Nachhaltiges Dating" setzt sich zunehmend durch angesichts des weiterhin hohen Infektionsrisikos. Statt viele Kontakte zu daten und viele Treffen zu vereinbaren, ist Vorsicht angesagt. Die Dating-Partner werden kritischer unter die Lupe genommen, die Profile länger und genauer angeschaut, Gespräche intensiver geführt.
Tinder beobachtete während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 eine Zunahme der Interaktionen auf seiner App. So stiegen in Deutschland die Unterhaltungen in der Initialphase des Lockdowns von Februar bis März um 33 Prozent und die Gesprächsdauer um 17 Prozent. Die Corona-Warnhinweise, wie "Facetime Dates sind die cooleren Dates. Bleibt zu Hause und datet digital." zeigen Wirkung und die Datingportale haben inzwischen Video-Chats als neue Funktion in ihr Angebotsspektrum aufgenommen. Das wird rege genutzt und ist inzwischen ein "Must-Have", da viele Singles momentan auf reale Dates verzichten.
Quelle: Qualitäts-Check TraderFox
Harter Wettbewerb und Bumble-IPO
Die zunehmende Isolation und den Mangel an Sozialkontakten in der Coronazeit empfinden viele Menschen als bedrückend. Die weiter zunehmende Zahl der Singles ist dabei ein interessanter und lukrativer Markt und daher wundert es nicht, dass es unzählige Datingportale gibt. Nicht alle haben sich unter dem Dach der Match Group versammelt.
Wettbewerber Bumble zieht es nun an die Börse; soeben wurden die Daten für das IPO an die US-Börsenaufsicht verschickt. Dabei ist Bumble für Match keine Unbekannte. 2017 gab es sogar den Versuch von Match, Bumble zu übernehmen. Dieser scheiterte, auch oder gerade wegen der gemeinsamen Vergangenheit. Denn Bumble wurde gegründet und wird heute noch geführt von Whitney Wolfe Herd. Und Herd ist eine frühe Angestellte der heutigen Match-Tochter Tinder, die sie jedoch 2014 verließ, nachdem ihre Beziehung zu Mitgründer Justin Mateen sehr unliebsam endete. Hier wird es wohl kein Match geben…
Qualität zählt
Während früher die reine Zahl von Nutzern höchstes Interesse fand, ist es heute vor allem die Qualität dieser Nutzer. Es geht um das Monetarisierungspotenzial, die Euro und Dollars, die man den Partnersuchenenden aus der Tasche ziehen kann.
Durch das Freemium-Modell zahlt die Mehrheit der Benutzer (noch) nichts für Tinder, doch mehr als 60 Prozent der Nutzer sind an sechs Tagen in der Woche aktiv. Tendenz steigend. Denn durch Corona und die reduzierten Möglichkeiten zu realen Kennenlerntreffen steigt die Nachfrage nach besseren Suchergebnissen, nach besser passenden Partnervorschlägen. Und die Qualität lässt sich durch das Zubuchen von Features und Extrafunktionen deutlich erhöhen. Natürlich gegen Entgelt. Daher steigt durch Corona nicht nur die Zahl der möglichen Nutzer an, sondern auch der mit ihnen zu erzielende Umsatz.
Match dürfte es mit der führenden App Tinder und den weiteren Nischenapps noch besser gelingen über ihre Mehrwertdienste künftig noch mehr Geld aus jedem einzelnen Nutzer herauszuholen, als das bisher der Fall ist. Vor allem das starke Wachstum in Asien, wo deutlich mehr Nutzer zu zahlen bereit sind als im Stammland USA, wie auch der Launch der Eins-zu-Eins-Video-Massaging-Funktion als zugkräftiges Feature während der Corona-Lockdowns, dürften sich als die Treiber erweisen.
Zurzeit hat die Match Group knapp elf Millionen zahlende Abonnenten. Die operative Gewinnmarge ist auf 31 Prozent angewachsen und Match muss kein externes Kapital mehr aufnehmen, um in seine Dienste zu investieren und sie zu verbessern. Der durchschnittliche Umsatz pro Benutzer (ARPU) betrug im letzten Quartal 0,62 Dollar und lag damit um 4 Prozent über dem Vorjahreswert. Dass trotz zunehmender Konkurrenz ARPU und Gewinnmarge zulegen konnten, zeigt, über welch starke Marktstellung Match mit seinen Angeboten verfügt.
Facebook: weder überbewerten noch unterschätzen
Diese Entwicklung gilt es im Auge zu behalten, nachdem Social Media-Gigant Facebook seinen Datingdienst auch in Europa gestartet hat. Das kann zu einer Herausforderung und ernsten Gefahr für die Datingportale werden. Solange bei Facebook aber viele Fakeprofile und unwahre Profilangaben dominieren, haben die seriösen Datingportale hier einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Gerade auch, was die Monetarisierung angeht.
Andererseits hat Facebook bisher immer wieder bewiesen, dass man anpassungsfähig und -willig ist, um seine Dienste zum Erfolg zu führen, und Facebook verfügt über eine ungeheure Finanzmacht mit seinem hohen Cashbestand und seinem enormen operativen Cashflow. Als Gegner sollte Facebook daher nicht unterschätzt werden.
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