Tracking Banken-Stocks: Kommentar zum SVB-Crash und warum man Bank of America (BAC) auf die Watchlist setzen sollte!

Liebe Leser,

am Freitag, den 10. März, brach die Silicon Valley Bank zusammen. Dies war eine Bank mit einer 40jährigen Geschichte, die sich auf die Zusammenarbeit mit Technologieunternehmen spezialisiert hat und zugleich die 16. Bank in den Vereinigten Staaten in Bezug auf Vermögenswerte. Historisch betrachtet, war dies die größte Insolvenz seit der globalen Finanzkrise von 2008, was für panische SellOffs an den Märkten sorgte. Infolgedessen haben globale Finanzaktien in nur zwei Tagen rund 465 Mrd. USD an Marktwert verloren. Grund für die Insolvenz war eine Kombination aus einem viel zu schnellen Wachstum der Bank während der Pandemie, der übermäßige Optimismus, grobe Fehler im Kapital- und Risikomanagement, mangelnde Branchen-Diversifikation, sowie die angelaufene Krise im Technologiesektor, auf den sich die Bank konzentrierte.  

Dieses Update fokussiert sich zunächst auf die Betrachtung der aktuellen Situation im US-amerikanischen Banken-Sektor und einer expliziten Betrachtung der SVB-Insolvenz, um zu verstehen, ob wir uns tatsächlich auf die Finanzkrise 2.0 vorbereiten sollen.

Gleichzeitig halte ich persönlich viel von Banken-Stocks, die ich in regelmäßig thematisiere. Und so sehe ich den angelaufenen SellOff im Banken-Sektor als eine sehr nette Situation, die zukünftig sehr gute Entry-Chancen im fundamentalen Sinne ergeben wird. An dieser Stelle möchte ich explizit auf das Wort "fundamental" und nicht "charttechnisch" aufmerksam machen. Denn charttechnisch gutes CRV haben wir schon jetzt. Was wir allerdings für eine langfristig entspanntere Long-Positionierung benötigen, wäre die fundamentale Beruhigung, doch diese lässt weiter auf sich warten. Zurück aber zu der SVB-Bank.

Die Silicon Valley Bank wurde 1983 in San Jose, Kalifornien, gegründet. 1985 wurde eine Niederlassung in Palo Alto und 1986 in Santa Clara eröffnet. Im Jahr 1988 kam die Bank an die NASDAQ-Börse. Bis 1996 hatte die Bank Niederlassungen in 15 US-Bundes-Staaten, und begann seit den frühen 2000er Jahren die internationale Expansion. Im Jahr 2008 wurde bspw. eine Niederlassung in Israel eröffnet, im Jahr 2012 - in Großbritannien und China. Zehn Jahre später im Jahr 2022 hatte die Bank bereits Niederlassungen in neun Ländern der Welt.

Seit seiner Gründung fokussierte man sich im Gegensatz zu den klassischen Banken auf eine sehr enge Zusammenarbeit mit den innovativen Technologieunternehmen und Start-Ups. Die Bank selbst schätzt, dass fast die Hälfte der kalifornischen Technologie- und Biotech-Unternehmen zu ihren Kunden gehört haben. Dabei arbeitete man mit Unternehmen aus den Bereichen Fintech, Gesundheitswesen, Software etc. zusammen und bot ihnen sowohl klassische Bank- und Beratungsdienstleistungen an als auch Unterstützung bei der Beschaffung von Risikokapital und der Organisation von Transaktionen mit Investoren. Diese vorausschauende Positionierung im schnell wachsenden Technologiesektor hat dazu beigetragen, dass die Bank sehr schnell wuchs.

Anfang der 1990er Jahre beliefen sich die Aktiva der Bank auf weniger als 1. Mrd. USD, doch 2008, kurz vor der globalen Finanzkrise, waren es schon 9 Mrd. USD. Und ja, diese Summe ist dann weiter gewachsen und lag Ende 2022 mit sagenhaften 211 Mrd. USD auf einem neuen Rekord-Niveau. Verantwortlich dafür war der technologische Boom. Und dies sah man deutlich an der Entwicklung vom NASDAQ-Technology-Index, der sich seit 2009 verneunfachte und hat damit den deutlich breiter gestreuten S&P 500 Index komplett outperformt. Mit dem Wachstum des Technologiesektors wuchs auch das Geschäft der Silicon Valley schneller als erwartet. Besonders stark war das Wachstum während der COVID-Pandemie ab dem Jah 2020. Die Bank-Assets, die Ende 2019 bei rund 71 Mrd. USD lagen haben sich in nur drei Jahren (bis Ende 2022) auf 211 Mrd. USD mehr als verdreifacht.



Grund dafür war das "frischgedruckte Geld" infolge von zahlreichen Rettungspaketen und Unterstützungsmaßnahmen der US-amerikanischen Regierung u.a. für einfache Amerikaner, um die COVID-Pandemie mehr oder weniger sorglos zu überstehen. Und so landete dieses Geld in Form von neuen Anlagekonten u.a. bei SVB. Zur Erinnerung: Im März 2020 verabschiedete die US-Regierung bspw. einen Gesetzentwurf über Unterstützungszahlungen zur Bekämpfung der Auswirkungen der Pandemie in Höhe von 1.200 USD für jeden amerikanischen Erwachsenen und 500 USD für jedes Kind. Im Dezember 2020 wurden im Rahmen der zweiten Unterstützungsrunde Zahlungen in Höhe von noch mal 600 USD genehmigt, wobei man im März 2021 weitere Auszahlungen i.H.v. 1.400 USD pro Person genehmigte.

Der zweite wichtige Wachstumsfaktor war der enorme Zufluss vom Venture-Kapital. Dank einer lockeren Geldpolitik der FED haben die Venture-Fonds den Zugang zum "billigen Geld" bekommen, das sie wiederum massiv in technologische Star-Ups investiert haben. Und diese Situation erinnerte sehr stark an die Zeit der Dot.Com-Blase. Im Vordergrund stand dabei die Idee, unbedingt dabei zu sein. Und so wuchs die Anzahl von Venture-Deals von etwa 12.000 in 2019 auf rund 17.000 am Ende 2021. Die Start-ups die an das günstige Kapital herangekommen waren, haben es dann meistens einfach bei den Banken wie SVB angelegt. Und ja Ende 2022 waren rund 60 % aller Konten bei der SVB ganz einfache Anlagekonten mit Null-%.

Das Problem der Anlagestruktur bei SVB, das zum Verhängnis wurde.

Seit der Finanzkrise 2008 blieb der Leitzins der US-Notenbank für lange Zeit nahe Null, mit Ausnahme des Zeitraums von 2016-2019 (2,5 %). Und vor der Pandemie im Jahr 2020 senkte die US-Notenbank den Leitzins erneut auf Null, wo er auch bis März 2022 blieb. Banken haben in dieser Zeit freie Mittel in Anleihen mit höheren Zinssätzen investieren. System-technisch musste man aber die Investments in Wertpapiere im Voraus nach Liquiditätstyp klassifizieren: Held-to-Maturity (HTM) und Available-for-Sale (AFS). HTM-Assets sind nicht an Marktpreise gebunden und werden auf der Bilanz der Bank zu Nennwerten erfasst. AFS-Assets hingegen werden zu Marktpreisen bewertet und können jederzeit von der Bank verkauft werden.

Und genau dies wurde in der Krisenzeit zum Verhängnis für SVB. Denn, wenn man auch nur eine einzige Anleihe aus dem HTM-Portfolio verkauft, muss das gesamte HTM-Portfolio zu Marktpreisen zum Zeitpunkt dieser Transaktion neu bewerten werden. Und da wir gerade eine mega-stark angeschlagene Situation u.a. auch Im Technologie-Sektor haben, wäre eine solche Neubewertung für SVB einfach tödlich. Und ja, Silicon Valley Bank hatte im ersten Quartal 2022 Einlagen von 173 Mrd. USD, von denen man 27,3 Mrd. USD in kurzfristige Anleihen investiert hatte, die als AFS klassifiziert wurden. Das HTM-Portfolio wurde aber mit 98,7 Mrd. USD bewertet.

Dazu kamen negative Effekte auf der angelaufenen Zinserhöhung. Aufgrund des Anstiegs der Zinssätze begann der Wert der Anleihen zu fallen und führte Ende 2022 zu unrealisierten Verlusten in Höhe von 16 Mrd. USD. Das Bankmanagement blieb lange Zeit gelassen und versicherte Investoren, dass alles unter Kontrolle sei. Doch SVB hat die Probleme im Technologiesektor und die Wahrscheinlichkeit eines Bunk-Runs unterschätzt. Und genau dieses Ereignis mündete schließlich in die Insolvenz. Katalysierend waren zu dem damaligen Zeitpunkt auch die Meldungen von namhaften Fonds, die auf mögliche Liquiditätsprobleme bei SVB verwiesen und ihren Kunden (Start-Ups) empfohlen haben, ihr Geld von der SVB abzuziehen.

Gleichzeitig fingen Star-Ups aufgrund der angelaufenen Krise das u.a. bei der SVB zurückgelegte Geld für operatives Geschäft zu nutzen, um die schwierige Zeit zu überbrücken. Und so war SVB schließlich dazu gezwungen, in folge eines massiven Kapitalabfluss einen Teil der Vermögenswerte aus dem Portfolio zu verkaufen, wodurch nicht realisierte Verluste bilanziell realisiert wurden, was das vorhandene Liquidität-Problem offiziell bestätigte. Außerdem könnte die Bank keine Anleihen aus dem HTM-Portfolio verkaufen, da dies sonst zu einer viel zu starken negativen Neubewertung geführt hätte und ein noch größeres Loch in die Bilanz reißen würde.

Der traurige Höhepunkt wurde dann am 9. März erreicht, als die Anleger aufgrund von aufgekommenen Liquidität-Befürchtungen versucht haben, 42 Mrd. USD abzuziehen. Doch die SVB konnte seinen Verpflichtungen nicht nachkommen.

Was dann passierte (SVB-Insolvenz und Crash bei Banken-Stocks) haben wir alle sowohl charttechnisch als auch medial sehr eng verfolgt. Zu den Großkunden, die ihr Geld bei SVB hielten, gehörten Hersteller von intelligenten Top-Set-Boxen Roku (ROKU). Das Unternehmen hatte 478 Mio. USD auf den SVB-Konten, was etwa 26 % seines Kapitals ausmacht. Das Weltraum-Startup Rocket Lab (RKLB) - 38 Mio. USD, aber auch Roblox (RBLX), der rund 150 Mio. USD auf seinem SVB-Konto hatte. Am schlimmsten hat es wohl Ad-Tech-Konzern Acuity Ads (ATY) erwischt, der rund 91 % seines Kapitals bei SVB angelegt hat.



Wie man also sehr gut erkennen kann, kann ein ganz einfacher Bunk-Run ein ganzes System ins Schwanken bringen und dieses Ereignis ist fast immer unvorhersehbar. Dabei hat die SVB-Insolvenz auch die Krypto-Industrie getroffen. Das Unternehmen Circle, das bspw. den USDC-Token ausgibt, hatte 3,3 Mrd. USD aus ihren Gesamtreserven in Höhe von 40 Mrd. USD eben bei der SVB-Bank. Und ja, am vergangenen Wochenende fiel der Wert des USDC-Tokens auf 0,82 USD, was auch andere Krypto-Währungen inkl. Bitcoin (BTC) und zahlreiche Krypto-Stocks wie Coinbase (COIN) und Co. sehr stark ins Schwanken brachte.

Die Finanzkrise dürfte aber ausbleiben!

Doch obwohl das beschriebene Problem bei SVB einen System-Charakter hat, bin ich mir zu diesem Zeitpunkt sicher, dass man in diesem Fall eine globale Finanzkrise vermeiden wird. Das Einzige und gleichzeitig das Wichtigste, was man nun braucht in die Widerherstellung des Glaubens und des Vertrauens in das globale Banken- und Finanz-System. Und genau diese Maßnahmen sind nun angelaufen. Am Sonntagabend kündigte die Biden-Administration Maßnahmen zur Unterstützung des Bankensektors an, um eine systemische Krise zu verhindern. Auch FED zeigte sich dazu bereit, Banken zu unterstützen, die in naher Zukunft ähnliche Probleme haben könnten.

Dazu könnte FED bspw. schon bald eine etwas lockere Zinspolitik Richtung Ende 2023+ ankündigen, was ohnehin für Optimismus auf den Märkten sorgen würde. Und ja, potenziell wäre es sogar möglich, dass stark-abgestraften Banken-Stocks, die aktuell von allen gemieden werden, erneut ins Blickfelg der langfristig-orientierten und, womöglich, namhaften Investoren wie Waren Buffet und Co. geraten werden. Genau aus diesem Grund haben ich in der Überschrift auf Bank of Amerika (BAC) verwiesen. Buffets Holding hält immer noch 9 % von BAC, was für Zuversicht sorgt.

Was meine spekulative These angeht, so denke ich, dass wir demnächst sehen werden, dass sowohl Unternehmen, i.S. von Start-Ups, als auch einfache Anleger vor dem Hintergrund des aktuellen Banken-Sturms damit anfangen werden, ihr Geld in große, stark diversifizierte Banken wie Wells Fargo, J.P. Morgan, aber auch die schon erwähnte Bank of America (BAC) mit einer Marktkapitalisierung von 235 Mrd. zu verlagern.

Und so hatte BAC-Stock damit sehr gute Chancen, zukünftig nicht nur vom Aufschwung der globalen Wirtschaft mit niedrigeren Zinsen, sondern auch von der angelaufenen Kapital-Verlagerung zu profitieren. Genau deswegen sollte man BAC-Aktie auf die Watchlist setzen und zunächst eine Bodenkonsolidierung für einen möglichen Re-Entry-Move abwarten.

Viel Erfolg und bleiben Sie diversifiziert und profitabel!



Verantwortlicher Redakteur Kulikov Leonid: keine Eigenpositionen.