Ford zieht die Reißleine bei Elektroautos

Ford vollzieht einen der markantesten Strategiewechsel der US-Autoindustrie der letzten Jahre. Der Konzern nimmt in seiner Elektrosparte eine Wertberichtigung von 19,5 Mrd. USD vor und verabschiedet sich zugleich von zentralen Annahmen über Tempo und Struktur der Elektrifizierung. Schwache Nachfrage nach reinen Elektrofahrzeugen, hohe Kosten und ein verändertes regulatorisches Umfeld zwingen das Management zu einem Kurswechsel, der weniger Vision und mehr Marktrealität widerspiegelt.

Abschreibung mit klarer Botschaft an den Markt

Der Großteil der Sonderbelastungen wird im vierten Quartal 2025 sowie verteilt bis 2027 verbucht. Bemerkenswert ist, dass Ford die massive Abschreibung mit einer operativen Stabilisierung flankiert. Die EBIT-Prognose für 2025 wurde auf 7 Mrd. USD angehoben, nachdem zuvor 6 bis 6,5 Mrd. USD erwartet worden waren. Auch beim freien Cashflow hält der Konzern mit 2 bis 3 Mrd. USD an seinen Zielen fest. Die Abschreibung soll kein Zeichen von Schwäche sein, sondern ein Befreiungsschlag, um Kapital und Ressourcen neu auszurichten.

Das Ende des bisherigen F-150 Lightning

Symbolisch ist vor allem das Aus für die aktuelle Generation des F-150 Lightning. Der elektrische Pick-up stand lange für Fords Ambitionen im EV-Markt, entwickelte sich jedoch zum Sorgenkind. Die Nachfrage blieb hinter den Erwartungen zurück, während die Kosten hoch blieben. Künftig richtet Ford den Fokus stärker auf Hybride, Fahrzeuge mit verlängerter elektrischer Reichweite und kleinere EV-Modelle. Bis 2030 sollen diese Antriebsformen zusammen rund 50 % des weltweiten Absatzes ausmachen, nach aktuell etwa 17 %.

Neustart mit Extended-Range-Strategie

Ganz verabschieden will sich Ford vom Lightning dennoch nicht. Die nächste Generation soll auf einer Extended-Range-EV-Architektur basieren und im Rouge Electric Vehicle Center in Dearborn gefertigt werden. Der Ansatz zielt auf Kunden, die elektrisch fahren wollen, aber Reichweitenangst und Nutzungsgrenzen reiner Batterieautos scheuen. Für Ford ist das ein pragmatischer Mittelweg zwischen Elektrifizierung und Alltagstauglichkeit.

Arbeitsplätze und Batterien jenseits des Autos

Der Strategiewechsel hat auch industriepolitische Dimensionen. Durch den Ausbau preislich attraktiver Modelle plant Ford, in den kommenden Jahren mehrere tausend neue Arbeitsplätze in den USA zu schaffen. Gleichzeitig werden die Batterieaktivitäten neu ausgerichtet. Die Werke in Kentucky und Michigan sollen künftig verstärkt Energiespeicher für Stromnetze und Rechenzentren liefern. Ab 2027 ist der Versand stationärer Batteriespeichersysteme mit einer Jahreskapazität von 20 GWh geplant.


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