Was bedeuten die JPMorgan Quartalsergebnisse für die US-Wirtschaft?

Manchmal hat sogar JPMorgan Chase einen schlechten Tag. Das war vergangenen Freitag unschwer zu erkennen. JPMorgan ist die größte Bank der Welt, berühmt für ihre im Bankensektor außerordentlich gute Bilanz, mit praktisch keinen negativen Bewertungen von Sell-Side-Analysten. Und mit Jamie Dimon hat sie darüber hinaus den bekanntesten und gesprächigsten Bankchef.

Geringere Rückstellungen für Kreditausfälle bescherten JPMorgan überraschend viel Gewinn

Dennoch sank die Aktie am Freitag um fast 6,5 % und verzeichnete damit die schlechteste Tagesperformance seit fast vier Jahren. Die übergeordneten Daten waren in Ordnung. Die Gewinne von JPMorgan für das 1. Quartal übertrafen die Erwartungen, und die Erträge stiegen im Rahmen der Erwartungen der Wall Street-Analysten. Mit gut 13,4 Mrd. USD lag der Überschuss 6 % höher als ein Jahr zuvor. Die Bank meldete jedoch einen niedrigeren Nettozinsertrag (NII), und ihre Prognose von 89 Mrd. USD, d.h. 1 Mrd. USD mehr, blieb hinter den Erwartungen zurück. Für 2024 rechnet das Unternehmen außerdem mit höheren Kosten.

JPMorgan war nicht die einzige Bank, die einen suboptimalen Nettozinsertrag meldete. Die Kennzahl bei Wells Fargo und Citigroup fielen ebenfalls geringer aus als von einigen Analysten prognostiziert, aber ihre Aktien reagierten weitaus positiver als die von JPMorgan. Die Erwartungen, dass JPMorgan seine Prognose für den Nettozinsertrag anheben und von den nach Ansicht vieler Ökonomen höheren und länger anhaltenden Zinsen profitieren würde, waren hoch. Es war auch das erste Mal in diesem Zinszyklus, dass die Bank einen Rückgang gegenüber dem Vorquartal verzeichnete, bemerkt Wells Fargo-Analyst Mike Mayo.

Aber es hat sich nicht allzu viel geändert. Die Bilanz von JPMorgan ist nach wie vor solide, und seine Vorrangstellung im US-Bankengeschäft ist unverändert. "Gibt es irgendwelche Spannungen oder systemische Risiken für JPMorgan? Nein", sagt Kenneth Leon, Leiter der Aktienanalyse bei CFRA Research. Er geht demnach von Gewinnmitnahmen aus, da die Aktie die letzten Monate sehr gut gelaufen ist.

Jamie Dimon rechnet mit anhaltender Inflation und befürchtet weiterhin hohe Zinsen

Oder vielleicht waren auch die pessimistischen Aussichten von Dimon für den Kursrutsch verantwortlich. Er zeichnete ein gemischtes Bild von der Zukunft. Zwar seien viele Wirtschaftsindikatoren weiterhin günstig. Allerdings gebe es bedeutende Unsicherheiten. Dazu zählt er Kriege, wachsende geopolitische Spannungen, anhaltende Inflation und die Folgen der strafferen Geldpolitik der US-Notenbank. Hierbei führte er die niedrige Arbeitslosigkeit, die steigenden Immobilienpreise, die Schwäche der Verbraucher mit niedrigem Einkommen und das Wachstum der Kreditkartenkredite an.

Die Extrapolation all dessen auf das übrige Bankensystem und die Wirtschaft sollte die Anleger vorsichtig machen, meint Richard Farr, Chief Market Strategist der Merion Capital Group. "Die Kommentare von JPM ... bestärken uns nur noch mehr in unserer Einschätzung der Aktienmarktpositionierung", schreibt er. "Wir bleiben im Verbraucher- und Bankensektor short, da sich die makroökonomischen Kräfte verschlechtern".

Nicht alle Nachrichten aus dem Bankensektor waren schlecht

Dennoch gab es nicht nur schlechte Nachrichten. Die Citi, die um 1,7 % fiel, übertraf die Schätzungen dank niedrigerer als erwarteter Ausgaben und höherer Gebühreneinnahmen, da sie sich weiterhin neu aufstellt. Wells Fargo verlor nur 0,4 %, obwohl nicht klar war, wann die Regulierungsbehörden die Wachstumsbeschränkungen für die Bank aufheben werden. Ein möglicher Grund: Die Abschreibungen für faule Kredite gingen zurück, und CFRA stufte die Aktie von Halten auf Kaufen hoch.

Als nächstes steht die Bank of America, die zweitgrößte US-Bank, an, die am Dienstag ihre Ergebnisse vorlegt. Laut Barclays-Analyst Jason Goldberg dürften die Gebühreneinnahmen im Handels-, Investmentbanking- und Brokerage-Geschäft der BofA steigen. Aber wie bei den großen Bankkonkurrenten erwarten die Analysten auch hier einen niedrigeren Nettoinventarwert.


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