IPO-RADAR (Adagene, Viant Technology, Apria, Bumble,...)
REVIEW
Big Commerce Holdings Corp. (August 2020)
ISIN: US08975P1084
Big Commerce wurde 2009 gegründet und hat seinen Sitz in Austin, Texas. Das Unternehmen mit 690 Mitarbeitern betreibt eine Cloud-basierte Software-Plattform mit dem Schwerpunkt Marketing. Im Zentrum der angebotenen Dienstleistung steht die Erstellung und erfolgreiche Betreibung individuell eingerichteter Online-Shops. Neben der Unterstützung von E-Commerce-Shops sorgt die Plattform für kanalübergreifende Verbindungen zu verschiedenen Online-Marktplätzen, sozialen Netzwerken und Offline-Kassensystemen. Big Commerce zählt aktuell mehr als 60.000 Online-Shops aus 150 Ländern auf seiner Plattform. Zu den Kunden gehören bekannte Marken wie Ben & Jerrys, Skullcandy, Sony, Leica und Woolrich. Die Texaner sehen in ihrem Segment bis 2025 hohes Wachstumspotential, denn nach ihren Projektionen wird der weltweite Online-E-Commerce-Markt im jährlichen Durchschnitt bis dahin um 20% auf insgesamt 7,8 Mrd. USD wachsen. Hohes Wachstum verzeichnete Big Commerce in den vergangenen 12 Monaten vor allem im Bereich Sport, Industrie und Automobile. Das Umsatzwachstum betrug von 2018 bis 2019 rund 22% auf zuletzt 112 Mio. Der Verlust stieg im selben Zeitraum von 43,6 Mio. USD auf 49,9 Mio. USD. Der Ausgabepreis der Aktie am 5. August 2020 lag mit einem Volumen von 9 Mio. Aktien bei 24 USD, dabei wurden 216,6 Mio. USD erlöst. Das Börsentief lag Anfang Januar 2021 bei 47,60 USD, das Allzeithoch bei 119,10 USD wurde Ende August 2020 erreicht. Die Marktkapitalisierung beträgt 5,6 Mrd. USD.
Oak Street Health (August 2020)
ISIN: US67181A1079
Oak Street Health hat seinen Sitz in Chicago, Illinois und wurde im 2012 gegründet. Das Unternehmen mit 2700 Mitarbeitern bietet über seine Tochtergesellschaften umfassende Gesundheitsdienstleistungen an. Das Angebot beinhaltet alle Formen von Pflegediensten für stationäre und mobile Pflege. Oak Street zählt 75 Gesundheitszentren in Illinois, Indiana, Michigan, Ohio, North Carolina, Pennsylvania, Rhode Island, Texas und Tennessee. Allein seit 2018 wurden 36 neue Gesundheitszentren eröffnet. Ein Center betreut mit 6 Teams rund 600 Patienten. Derzeit arbeitet das Unternehmen mit 18 nationalen Gesundheitsdienstleistern zusammen und betreut dabei fast 90.000 Patienten. Patienten können zudem, ebenso wie die kooperierenden Dienstleister, die von Oak Street betriebene Plattform nutzen, um Betreuung und Verwaltung effizienter und schneller zu machen. Für 2021 erwartet das Unternehmen vor allem auch wegen der COVID-19-Pandemie ein deutlich stärkeres Wachstum. Viele Patienten können über bestehende digitale Kanäle medizinisch beraten werden, die Versorgung stellt Oak Street über ein wachsendes Netz an Mitarbeitern und Centern sicher. Das Umsatzwachstum betrug allein von 2018 bis 2020 im jährlichen Durchschnitt 73,3 % auf zuletzt 954 Mio. USD. Im selben Zeitraum stieg der Verlust von 119 Mio. USD auf 152 Mio. USD. Der Ausgabepreis der Aktie lag am 6. August 2020 mit einem Volumen von 15,6 Mio. Aktien bei 21 USD, dabei sammelte das Biotech-Unternehmen 328 Mio. USD an frischem Kapital ein. Der niedrigste Aktienkurs lag im August 2020 bei 39 USD, das Allzeithoch wurde Ende Dezember 2020 bei 63,70 USD erreicht. Die Marktkapitalisierung liegt bei 12,9 Mrd. USD.
CureVac (August 2020)
ISIN: NL0015436031
CureVac wurde 2000 gegründet und hat seinen Sitz in Tübingen, Deutschland. Das Unternehmen mit 500 Mitarbeitern entwickelt verschiedene, transformative Arzneimittel auf der Basis von Messenger- Ribonukleinsäure (mRNA). CuerVac hat verschiedene Präparate in der Pipeline, die in sich in unterschiedlichen Entwicklungsstufen befinden. Ganz vorne in dieser Rangliste befindet sich CV8102, dass gegen vier verschieden Hautkrebsarten eingesetzt werden soll. Von der Entwicklung dieses Präparats erhoffen sich die Tübinger künftig den größten Anteil seiner Umsätze. Dahinter folgt mit CV 7202 ein Medikament gegen Tollwut sowie weitere Medikamente gegen Gelb- und Lassafieber, Lungenkrebs und Augenerkrankungen. In den Fokus von Investoren sind die Tübinger aber wegen der Entwicklung eines COVID-19-Impfstoffes gerückt. Das Unternehmen hofft auf die Zulassung seines Impfstoffes bis Ende März und hat bereits mit Bayer eine Produktionsvereinbarung getroffen. Zu den weiteren Partner der Deutschen gehören Boehringer-Ingelheim, Genmab, CEPI, Bill & Melinda Gates-Foundation sowie GlaxoSmithKline. Mit den Briten will man an einem "Superimpfstoff" gegen alle Varianten von COVID-19 arbeiten. Der Umsatz erhöhte sich von 2018 auf 2019 um 35,3% auf 17,4 Mio. USD. Der Verlust legte im selben Zeitraum von 71,6 Mio. USD auf 99,9 Mio. USD zu. Für 2021 erwartet CureVac wegen der Auslieferungen von 300 Mio. COVID-19-Impfdosen einen deutlich höheren Umsatz. 2022 sollen 1 Mrd. Impfdosen ausgeliefert werden. Der Ausgabepreis am 14. August 2020 lag mit einem Volumen von 13,3 Mio. Aktien bei 16 USD, dabei wurden 213,3 Mio. USD an neuem Kapital generiert. Den Höchstkurs erreichte die Aktie im Dezember 2020 mit 151,80 USD, der Tiefstkurs lag im September 2020 bei 43,80 USD. Die Marktkapitalisierung beträgt derzeit 21,6 Mrd. USD.
GreePower Motor (August 2020)
ISIN: CA39540E3023
GreenPower Motor wurde 2010 gegründet und hat seinen Sitz in Vancouver, Kanada. Das Unternehmen produziert und Elektrofahrzeuge für gewerbliche Märkte in den USA und Kanada. In der Angebotspalette befinden sich mehrere Modelle von Hoch- und Niederflurfahrzeugen wie z.B. Transit-, Schul- und Shuttlebusse sowie Doppeldecker. Von den sechs angebotenen Fahrzeugen ziehen die beiden Kleinbusse EV Star und EV Star Plus mit Reichweiten von 350 km und 480 km die meiste Nachfrage auf sich. Zudem verkauft sich die Lieferwagenversion EV Star Cargo ebenfalls recht gut. Mit B.E.AS.T. hat man zudem noch ein innovatives Schulbusmodell im Programm. Im vergangenen Jahr hat GP zudem mit EV STAR CC ein Fahrzeug vorgestellt, mit dem man in den LKW-Markt einsteigen will. Das Fahrzeug aus Aluminium kann auf der Basis eines Kleinbusses individuell zu einem LKW oder Transporter umgebaut werden. Seit 2018 haben die Kanadier insgesamt 140 Fahrzeuge ausgeliefert, die aktuellen Bestellungen belaufen sich auf 200 Einheiten. Der Umsatz legte im jährlichen Durchschnitt von 2017 bis 2019 um 95 % auf 13,5 Mio. USD. Der Verlust kletterte von 2,8 Mio. USD auf 5,1 Mio. USD. Bis 2025 erwartet GP im Kleinbus- und Bussektor ein Nachfrageanstieg in den USA von derzeit 1.600 auf 50.000 Einheiten. Bis 2030 sollen bereits 227.000 Fahrzeuge abgesetzt werden. Der Ausgabepreis am 28. August 2020 lag mit einem Volumen von 1,9 Mio. Aktien bei 20 USD, dabei wurden 37,2 Mio. USD erlöst. Die Aktie verzeichnete im November mit 5,79 USD ihren Tiefststand, der Höchststand wurde vor Kurzem bei 13,95 USD erreicht. Die Marktkapitalisierung beträgt 674,6 Mio. USD.
OUTLOOK
In der 6. Kalenderwoche planen vorläufig 19 Unternehmen den Gang an die Börse, um insgesamt rund 3,1 Mrd. USD an neuem Kapital aufzunehmen. 17 Kandidaten planen an der Technologiebörse Nasdaq zu debütieren, zwei Debütanten werden an der NYSE starten.
Adagene (NYSE)
Adagene wurde 2011 gegründet und hat seinen Sitz mit 200 Mitarbeitern in Suzhou, China. Das Biotechnologie-Unternehmen erforscht und entwickelt neue Antiimmun-Therapien zur Bekämpfung verschiedener Krebsarten. Hierzu haben die Chinesen eine eigne Plattform entwickelt, die Algorithmen aus der künstlichen Intelligenz mit den eigenen Forschungsergebnissen und denen kooperierender Unternehmen verknüpft. Mit dem kontinuierlichen Screening will man so die Entdeckung von Antikörpern zur Entwicklung neuer Medikamente vorantreiben. Das Unternehmen hat vier Präparate in der Pipeline, die alle zur Krebsbehandlung und speziell zur Tumorbekämpfung mit antigenen Therapien vorgesehen sind. Am weitesten fortgeschritten in der klinischen Testphase ist ADG 106, dass sich der 2. von 3 klinischen Testphasen befindet. Zwei weitere Präparate, ADG 126 und ADG 116, stehen am Ende der ersten Testphase. Anfang der vergangenen Woche haben die Chinesen eine Kooperationsvereinbarung mit dem US-Biotechnologiekonzern Exelixis getroffen, der Meilensteinzahlungen von insgesamt 11 Mio. USD beinhaltet. Der Umsatz sank von 2018 bis 2019 um 68,2% auf 0,48 Mio. USD, der Verlust erhöhte sich leicht von 14,6 Mio. USD auf 16,7 Mio. USD zu. Geplant ist mit der Emission von 7,4 Mio. Aktien am 9. Februar an der Nasdaq ein Erlös von rund 161 Mio. USD. Der Angebotspreis für Investoren beträgt 17-19 USD, woraus sich eine Marktkapitalisierung von 762 Mio. USD errechnet. Außerbörsliche Taxen liegen zwischen 21 und 23 USD.
Viant Technology (Nasdaq)
Viant Technology wurde 1999 gegründet und ist in Irvine, Kalifornien beheimatet. Das Unternehmen mit 282 Mitarbeitern hat die Unternehmens-Software-Plattform Adelphic entwickelt, die Marketing-Fachleute und Werbeagenturen verwenden, um die Planung, Messung und den Kauf ihrer Werbung über die meisten Online- und Social-Media-Kanäle zu zentralisieren. Abgedeckt werden Desktop-, Mobil- und vernetzte Fernsehgeräte, Audio-Streams und digitale Werbetafeln. Ziel ist mithilfe genauer Datenanalyse Berichte und Prognosen zu erstellen, um eine treffsicherere und effizientere Kundenansprache zu ermöglichen. Die zunehmende Aversion der Kundschaft gegen Cookies, hat zu einer Zunahme der Nachfrage nach Analyse-Plattformen geführt, die eine Alternative zum Cookie-Tracking bieten. Nach Ansicht von Analysten wird der US-Markt für programmatische Werbung von 65 Mrd. USD im Jahr 2018 auf mehr als 140 Mrd. USD im Jahr 2022 wachsen. Das würde eine durchschnittliche, jährliche Wachstumsrate von 21 % bedeuten. Der Emissionserlös soll vollständig zur Investition in das weitere Wachstum des Unternehmens fließen. 2019 konnte der Jahresumsatz um 52 % auf rund 161 Mio. USD gesteigert werden, dabei wurde ein Gewinn von 13,7 Mio. USD erzielt. Nach einem Rückgang des Umsatzes um 4 % im vergangenen Jahr geht das Management für dieses Jahr von einem mittleren, prozentual zweistelligen Umsatzzuwachs aus. Vorgesehen ist bei einer Emission von 7,5 Mio. Aktien am 10. Februar an der Nasdaq ein Erlös von rund 181,2 Mio. USD, die Marktkapitalisierung läge dann bei 1,1 Mrd. USD. Der Angebotspreis beträgt 19-21 USD. Außerbörsliche Taxen liegen bei 23-25 USD.
Apria (Nasdaq)
Apria wurde 1995 gegründet und hat seinen Sitz mit 6.350 Mitarbeitern in Lake Forest, Kalifornien. Das Unternehmen bietet integrierte Geräte für die häusliche Gesundheitsversorgung und dazugehörige Dienstleistungen. Die Produktpalette ist in drei Segmente unterteilt: häusliche Atemtherapie, Behandlung von Atemaussetzern im Schlaf sowie Unterdruck-Wundtherapie. Darüber hinaus werden Patienten mit medizinischen Heimgeräten wie Gehhilfen, Krankenhausbetten und Wundtherapiegeräten versorgt. Den Hauptteil seiner Einnahmen generiert Apria durch Service- und Leasing-Vereinbarungen für Geräte, Lieferungen und Dienstleistungen. Aktuell verfügt das Unternehmen über 275 Filialen sowie Dienstleistungszentren und versorgt mehr als 1,8 Mio. Patienten. Im Zuge der COVID-19-Pandemie stellt das Unternehmen zudem zusätzliche Sauerstoff- und Beatmungsgeräte auch außerhalb der US-Grenzen zur Verfügung. Nach einer Marktforschungsstudie von Gartner soll der Markt für Gesundheitsdienstleistungen in den USA bis 2025 auf insgesamt 5,1 Mrd. USD wachsen. Das wäre ein jährlicher, durchschnittlicher Zuwachs von 10.9%. Apria will neben dem zu kalkulierenden organischen Wachstum auch durch Zukäufe weiter zulegen und den zu erwartenden Emissionserlös entsprechend verwenden, um seine Marktposition weiter auszubauen. Von 2017 bis 2019 stieg der Umsatz um 1,4% auf 1,1 Mrd. USD. Der Nettogewinn reduzierte sich von 96 Mio. USD. auf 15 Mio. USD. Die Emission an der Nasdaq von 7,5 Mio. Aktien am 11. Februar soll 181,2 Mio. USD erlösen. Die Preisspanne beträgt 19-21 USD. Damit wäre Apria mit 704 Mio. USD bewertet. Außerbörsliche Taxen liegen bei 22-24 USD.
Bumble (Nasdaq)
Das in Austin, Texas beheimatete Unternehmen Bumble wurde 2014 gegründet und betreibt mit 650 Mitarbeitern eine Dating-App. Der Ansatz des Unternehmens ist nicht nur auf das "daten" bezogen, sondern soll auch das Aufbauen von Freundeskreisen und Netzwerken ermöglichen. Der Fokus von Bumble liegt dabei auf den Bedürfnissen der weiblichen Kundschaft, Chat- und Bildfunktionen zu individualisieren und ein begrenztes, selbst gewähltes Publikum zuzulassen. CEO Whitney Wolfe-Herd nutzte bei der Gründung 2014 ihre Erfahrungen als ehemalige Mitarbeiterin von Tinder. Neben dem Label Bumble betreibt man mit Badoo ein zweites Label, dass eine breitere Zielgruppe im Fokus hat. Nach Angaben der Texaner nutzten die Bumble-App im vergangenen Jahr monatlich 42 Millionen User, wovon 2,4 Mio. zahlende Kunden waren. Dabei wurden in der ersten neun Monaten 2020 rund 150 Mio. Nachrichten verschickt. In 30 von 89 Ländern gehört man zu den fünf erfolgreichsten iOS-Liftstyle-Apps. Bedingt durch die COVID-19-Pandemie hat vor allem die Generation der Millennials (14-20jährige) für ein deutliches Wachstum bei Bumble gesorgt. Seit 2019 hält die Investmentgesellschaft Blackrock einen Mehrheitsanteil für 3 Mrd. USD. Der Umsatz legte von 2018 auf 2019 um 35,8 % auf 489 Mio. USD zu. Der Turnaround gelang bereits, denn nach einem Verlust von 23,7 Mio. USD wurde ein Nettogewinn von 85,8 Mio. USD erzielt. Bis 2022 erwarten die Texaner einen Umsatzzuwachs im mittleren, zweistelligen Prozentbereich. Geplant ist eine Emission an der Nasdaq im Volumen von 34,5 Mio. Aktien am 11. Februar in einer Angebotspreisspanne von 28 bis 30 USD. Erlöst werden sollen rund 1,1 Mrd. USD, die Bewertung beträgt damit 5,5 Mrd. USD. Außerbörsliche Taxen liegen bei 33-35 USD.
FAZIT:
In der ersten Februarwoche erreichte die IPO-Tätigkeit ihren ersten Höhepunkt. Insgesamt 42 Unternehmen starteten an den Börsen von NYSE und Nasdaq, wobei ein überwiegend großer Anteil nach wie vor sogenannte Börsenmäntel sind, die zur Abwicklung von Übernahmen und Fusionen gegründet wurden. Fortgesetzt wird auch der Biotechnologie-Trend des vergangenen Jahres. Viele kleinere Unternehmen des Sektors erhalten unter dem Eindruck der COVID-19-Pandemie deutlich leichter den Zugang zu neuem Kapital als in den vergangenen Jahren. Nur zwei der jüngsten Börsengänge beendeten die Börsenwoche im Minus.
Von den im IPO- Rückblick vorgestellten Unternehmen sticht sicher das Tübinger Unternehmen CureVac wegen der COVID-19-Impfstoffentwicklung am deutlichsten hervor. Doch auch mit Unternehmen aus dem E-Commerce-Bereich, der E-Mobilität oder dem Gesundheitsbereich ließ sich in den vergangenen 6 Monaten eine gute Rendite erzielen.
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