Vonovia – Gebeutelter Immobilienkonzern weckt Turnaround-Fantasie bei Analysten, die sich mehr als eine Kursverdopplung vorstellen können. Nur ein Hirngespinst?
Immobilienaktien warnen über Jahre eine Gelddruckmaschine – nicht nur für die Unternehmen selbst, sondern auch für die Aktionäre. Billiges Geld der Null-Zins-Jahre ermöglichten das Wachstum. Kredite nach dem Motto "Money for nothing" konnten für den Ausbau des Immobilienportfolios aufgenommen werden, Konkurrenten für Mondpreise übernommen werden, auch wenn sich die zugekauften Objekte nur in einer deutschen oder europäischen Großstadt befanden (und nicht auf dem Mond). Kostet ja nix und die jährlichen Zinsleistungen fielen kaum ins Gewicht. Fielen! Denn wie wir alle wissen, gilt auch an der Börse "What goes up, must come down". In diesem Fall kam zwar nichts wieder runter, sondern die Null-Zins-Politik der Notenbanken endete = Zinsen stiegen. Steigende Zinsen haben jetzt aber die ganz Immobilienbranche mit einem neuen Problem konfrontiert. Zu Null-Zinsen aufgenommene Kredite müssen irgendwann refinanziert werden, wenn man sie denn zurückzahlen kann.
Die fetten Jahre sind vorbei
Doch das ist nicht das einzige Problem der Immobilienbranche. Nicht nur die Immobiliengesellschaften haben Mondpreise für die Übernahme von irdischen Konkurrenten gezahlt, auch am Immobilienmarkt generell stiegen die Preise ins Unermessliche. Leider sind bei Preissteigerungen in der Branche zuletzt weniger die erzielbaren Verkaufspreise im Fokus, sondern viel eher die extrem gestiegenen Baukosten. Lieferengpässe waren der Anfang der Misere. Doch inzwischen dürften sich die meisten institutionellen Immobilieninvestoren von Bauvorhaben verabschieden, weil die Forderungen der Bundesregierung hinsichtlich Energieeffizienz die Kosten für Neubauten so hochtreiben, dass sich das keiner mehr leisten will. Das ist im Kern die Story, die sich in den Charts der Immobilienaktien widerspiegelt – natürlich vereinfacht gesagt.
Die Aktie von Vonovia [WKN: A1ML7J, ISIN: DE000A1ML7J1] habe seit August 2021 laut Focus Money (Ausgabe 22-2023) einen Kursrutsch von rund 70 % verzeichnen müssen. Inzwischen dürfte die Börse aber die meisten negativen Faktoren bei der Bewertung des DAX-Titels eingepreist haben. Langfristig orientierten Anleger biete sich daher eine Einstiegschance.
Vonovia sei in den zurückliegenden Jahren mit einem Eigenbestand von 548.000 Wohneinheiten zum größten privaten Wohnungskonzern in Europa aufgestiegen. Überwiegend seinen die Einheiten der Bochumer in Deutschland, aber rund 60.000 befänden sich auch in Schweden und Österreich.
Jüngste Geschäftszahlen noch schlecht – aber 2024 soll besser werden
Die Zahlen für das 1. Quartal 2023 hätten nicht für Jubelsprünge gesorgt. Aufgrund einer Wertminderung des Immobilienbestandes um 3,6 Mrd. auf 91,2 Mrd. Euro habe man einen Verlust von 2,1 Mrd. Euro ausgewiesen. Damit habe Vonovia an die Entwicklung im Vorjahr angeknüpft, als nach einer vorangegangenen Wertkorrektur auch ein Minus ausgewiesen worden sei.
Auf der anderen Seite habe Vonovia durch den Verkauf von Wohnungen und Beteiligungen 1,5 Mrd. Euro vereinnahmt. Allerdings werde diese Summe für den Abbau des Schuldenbergs von zuletzt 43,2 Mrd. Euro herangezogen.
Erste Aufgabe von Vorstandschef Rolf Buch sei aktuell, den Konzern finanziell wetterfest zu machen. Eine Herausforderung angesichts steigender Kosten und höherer energetischer Anforderungen an die Wohnobjekte. Die naheliegende Lösung sei daher der Verzicht auf Neubauten und auch weitere Objektverkäufe.
Für Anleger sei wichtig zu wissen, dass der Immobilienbestand aus Sicht vieler Marktteilnehmer noch immer zu hoch bewertet werde. Weitere Wertminderungen seien daher wahrscheinlich. Mindestens das Geschäftsjahr 2023 dürfe daher mit einem Verlust enden. Allerdings würde von den meisten Analysten damit auch das Ende des Leidens einhergehen. Ab 2024 könne Vonovia zur Wende ansetzen und Dividendenjäger könnten auf steigende Ausschüttungen spekulieren – erwartete Rendite für 2024 von 7 % (2022: 4,6 %). Langfristanlegern rät Focus Money angesichts einer möglichen Aufhellung der Rahmenbedingungen mit einem Kursziel von 34 Euro zum Kauf (89 % Potenzial).
Weitere Analysteneinschätzungen
Nach den Zahlen für das 1. Quartal hat Goldman Sachs ein Kursziel von 38,20 Euro für Vonovia aufgerufen (114 % Potenzial), das Buy-Rating bestätigt und den Titel auf der "Conviction Buy List" belassen. Analyst Jonathan Kownator der US-Investmentbank bewertete die jüngsten Verkäufe aus dem Portfolio positiv. Damit erhalte die Immobiliengesellschaft liquide Mittel für den Schuldenabbau.
Noch ein paar Prozentpunkte mehr Kurspotenzial sieht Warburg Research mit dem Kursziel von 38,60 Euro (117 % Potenzial). Auch Analyst Simon Stippig hob die Fortschritte von Vonovia bei der Veräußerung von Immobilien hervor, um eine Verbesserung der Bilanz zu erreichen und die Liquidität zu erhöhen.
Quelle: Qualitäts-Check TraderFox
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Bildherkunft: Vonovia
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