KI-Megatrend: Gewinner- und Verliereraktien rund um GenAI – die Disruptoren und Disruptierten

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Eine aktuelle Analyse von BCA Research zeigt, welche Unternehmen mit GenAI-Strategien ganze Märkte aufrollen und welche Konzerne um ihr Geschäftsmodell kämpfen müssen. TraderFox berichtet und nennt die Namen der potenziellen Gewinner und Verlierer.

Die Debatte um Generative KI (GenAI – Generative Künstliche Intelligenz – generative Artificial Intelligence GenAI) spaltet Ökonomen, Analysten und Investoren gleichermaßen. Handelt es sich nur um ein "besseres Google", oder steht die nächste industrielle Revolution bevor? Die Analysten von BCA Research positionieren sich hierzu eindeutig: GenAI werde ganze Branchen umkrempeln und enorme Gewinnpotenziale für die Gewinner eröffnen – während andere Unternehmen um ihre Existenz kämpfen, so das Investment-Research-Institut in einer Studie.

GenAI-Adoption beschleunigt sich

Die Geschwindigkeit der Einführung steigt rasant. Laut US Census Bureau nutzen inzwischen 9,2% der US-Unternehmen KI, doppelt so viele wie noch 2023. Innerhalb von sechs Monaten dürfte der Anteil auf 11,6% steigen. Spitzenreiter ist der Informationssektor mit derzeit 21,4%, gefolgt von Bildungs- und Finanzdienstleistern sowie Versorgern.

Grafik von  US Census Bureau

Auch auf der Ebene einzelner Tätigkeiten ist KI angekommen: Laut Anthropic Economic Index wird Softwareentwicklung am stärksten durch GenAI beeinflusst (37,2% aller Anwendungen), gefolgt von Kreativbereichen (10,3%) und Bildung (9,3%). Allerdings sind bisher nur 4% der Jobs zu 75% automatisiert – Augmentation überwiegt noch vor vollständiger Automatisierung.

Kostenseitig sorgt GenAI für eine Revolution: Die Abfragekosten für ein Modell auf GPT-3.5-Niveau sind von 20,00 USD pro Million Tokens (Ende 2022) auf nur noch 0,07 USD (Oktober 2024) gefallen. Hardware wird leistungsfähiger, günstiger und energieeffizienter – wenn auch die Trainingskosten aufgrund steigender Rechenlast klettern.

2024 erreichte privates KI-Investment mit 109 Mrd. USD ein Rekordhoch, davon entfielen 33,9 Mrd. USD auf GenAI. Allein Microsoft, Amazon, Google, Meta und Oracle investierten zusammen 309 Mrd. USD in KI-Infrastruktur – rund 1% des US-BIP. Parallel dazu explodieren die Patentanmeldungen, wobei 70% der neuen KI-Patente inzwischen aus China stammen.

Produktivitätsschub noch nicht sichtbar – aber frühe Anwender berichten über Vorteile

Trotz der hohen Erwartungen ist der Produktivitätsschub statistisch noch nicht sichtbar. Die US-Produktivität sank im zweiten Quartal von 1,4% auf 1,3%. BCA erinnert an die Einführung des PCs, bei dem es rund 15 Jahre dauerte, bis sich die Effekte in den Zahlen niederschlugen. Dennoch sehen die Analysten bereits in eigenen Prozessen klare Effizienzgewinne.

Immer mehr Unternehmen berichten in Quartalszahlen von messbaren Erfolgen mit KI. Meta erzielte durch KI-optimierte Anzeigen 4% höhere Conversions bei Reels. Booking.com und TripAdvisor verbessern ihre Suchergebnisse und senken die Belastung des Kundenservice. Intuit konnte die Bearbeitungszeit von Steuererklärungen um 12% reduzieren. Google meldet, dass bereits ein Viertel seines Codes durch KI erstellt wird, Expedia beschleunigt Entwicklungszyklen um 20%. UPS spart durch Routenoptimierung jährlich 300 Mio. USD. Nasdaq automatisiert Compliance-Prüfungen und reduziert Arbeitslasten um über 80%. Auch 3M, SLB und Quest Diagnostics treiben ihre GenAI-Strategien voran.

Kluft bei Performance und Bewertung

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache und belegen die enorme Dynamik im GenAI-Sektor. Seit Anfang 2023 haben die Aktien im GenAI-"Disruptoren"-Korb die "Disruptierten" um beeindruckende 216% übertroffen (Stand jeweils vom August 2025). Allein im laufenden Jahr beträgt der Performance-Vorsprung 52%.

Grafik zeig Total Return Performace

Diese Performance spiegelt sich auch in den Bewertungen wider. Die Disruptoren werden mit einem KGV von 43,9 gehandelt, verglichen mit 17,1 bei den Disruptierten. Auch das Umsatzwachstum zeigt eine klare Differenz: Im zweiten Quartal 2024 stiegen die Umsätze der Disruptoren im Jahresvergleich um 12,1%, während die der Disruptierten nur um 3,5% zulegten.

Grafik zeig P/E 12-Months

Konsensschätzungen gehen davon aus, dass die Gewinne der Disruptoren in den nächsten 12 Monaten um 34,5% wachsen werden, verglichen mit nur 7,1% bei den Disruptierten. Auf Basis des PEG-Verhältnisses sind die Disruptoren laut BCA mit 1,3 günstiger bewertet als die Disruptierten mit 2,4.

Infos zu den Disruptoren

Die Unternehmen, die als "GenAI-Disruptoren" gelten, sind entweder "GenAI-native", da sie von Grund auf für KI-Automatisierung gebaut sind, oder etablierte Akteure, die in der KI-Adaption führend sind. Beide Gruppen verändern ihre Branchen und schaffen neue Wege, um Dinge zu tun.

Unternehmen wie Roblox und Shopify gelten als Paradebeispiele für die enthusiastische Einführung der Technologie. Roblox, ein Gaming-Unternehmen, das sich verstärkt auf GenAI konzentriert, hat über 1 Mio. 3D-Modelle mit seinem "Cube 3D generational foundational model" generiert, was die Infrastruktur für eine Zukunft des "AI on-demand" im Gaming-Bereich darstellt. Shopify hat einen KI-Store-Builder eingeführt, der aus einer einfachen Textbeschreibung in Sekundenschnelle einen individuellen Online-Shop erstellen kann. Darüber hinaus bietet Shopify einen KI-Assistenten namens "Sidekick" an, der Händler bei der Bestandsoptimierung und der Maximierung des Cashflows unterstützt.

Auch GenAI-native Unternehmen wie Upstart und Lemonade zeigen, wie KI das Geschäftsmodell antreibt. Upstart hat einen Höchstwert von 92% vollautomatisierter Kredite erreicht, bei denen der gesamte Prozess ohne menschliches Eingreifen abläuft. Bei Lemonade, einem KI-gesteuerten Versicherer, bearbeitet ein Chatbot namens "AI Jim" 98% der Schadenfälle, wobei 40% davon ohne menschliche Beteiligung abgeschlossen werden. Palantir, dessen Aktienkurs in den letzten Jahren stark gestiegen ist, ist führend bei GenAI-Diensten, die unter anderem die Entwicklung intelligenter Lieferketten umfassen. Das Unternehmen entwickelt auch GenAI-basierte Entscheidungsplattformen für das Pentagon, während das US-Militär GenAI-Modelle testet, um bei der Krisenplanung zu helfen.

Andere traditionelle Unternehmen wie Teladoc Health, Veeva, Electronic Arts und Salesforce.com transformieren sich ebenfalls in GenAI-gestützte Unternehmen und gelten als potenzielle Gewinner der neuen GenAI-Welt.

Die BCA-Aktienliste mit den Disruptoren im Überblick

Tabelle zeigt die BCA-Aktienliste mit den Disruptoren im ÜberblickTabelle zeigt die BCA-Aktienliste mit den Disruptoren im Überblick

Infos zu den Disruptierten

Neben den Disruptoren gibt es auch Unternehmen, deren Geschäftsmodelle durch generische KI-Angebote bedroht sind und die deshalb als die Disruptierten einzustufen sind. Viele dieser Gesellschaften betrachten GenAI nicht als Chance, sondern nur als eine Frage des Überlebens, da zunehmend leistungsfähige, kostengünstige und generische KI-Tools einen Großteil dessen, was sie anbieten, replizieren können.

In der Bildentwicklung sind Unternehmen wie Adobe und Shutterstock unter Druck geraten, da generative Bild- und Video-Modelle ihre traditionellen Kreativwerkzeuge zu verdrängen drohen. Im Bereich der Personaldienstleistungen sehen sich Firmen wie Robert Half und ManpowerGroup dem Risiko ausgesetzt, dass KI-Chatbots Zeitarbeitskräfte und Einsteigerrollen kostengünstiger ersetzen könnten als die Auslagerung in Billiglohnländer.

Im Online-Bildungsbereich steht der KI-Assistent CheggMate von Chegg in intensivem Wettbewerb mit kostenlosen Tools wie den Google KI-Suchzusammenfassungen, was zu einem Rückgang der Abonnentenzahlen und der Einnahmen geführt hat. Im Sektor Webseiten-Entwicklung drohen die Angebote von Unternehmen wie Wix zu Massenware zu werden, da andere Bots ähnliche Funktionen problemlos nachbilden können. Im IT-Consulting laufen Firmen wie Accenture Gefahr, irrelevant oder unrentabel zu werden, da viele ihrer Funktionen ersetzbar sind. Allerdings schlägt Accenture zurück und bietet nun maßgeschneiderte generative KI-Modelle sowie spezialisierte LLMs und Schulungsprogramme an.

Die BCA-Aktienliste mit den Disruptierten im Überblick

Grafik zeigt die BCA-Aktienliste mit den Disruptierten im ÜberblickGrafik zeigt die BCA-Aktienliste mit den Disruptierten im Überblick

Zusammenfassung: Das Fazit des Berichts von BCA aus Anlegersicht ist, dass GenAI die Wettbewerbsvorteile von Unternehmen, deren Wertversprechen leicht durch Allzweck-KI-Modelle reproduziert werden kann, schnell zunichtemacht. Ohne eine sinnvolle Differenzierung besteht das Risiko, dass sie überholt oder vollständig ersetzt werden. Anleger sollten sich daher auf die Disruptoren konzentrieren. Zwar sind hohe Investitionen und volatile Ergebnisse nicht zu übersehen, doch die Wachstumsperspektiven überwiegen.


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