RWE – Schicht im Schacht oder doch 30 % Kurspotenzial?

Im Dezember 2018 ging das Steinkohle-Zeitalter in Deutschland mit der Schließung der letzten deutschen Zeche in Bottrop zu Ende – Schicht im Schacht! Eine Industriekultur und ein wirtschaftlicher Aufschwung, der ohne Kohle so wohl nie möglich gewesen wäre, erfahren die letzten Auswirkungen eines Strukturwandels. Der Job unter Tage war sicherlich kein Traumberuf. Wer aber im Ruhrgebiet auch nur ein bisschen die Augen und Ohren offengehalten hat, der konnte selbst in den letzten Jahrzehnten, in den ja eine Zeche nach der andren schloss, den Stolz der Bergmänner wahrnehmen. In einer Region, in der Zechensterben und Stahlwerksschließung lange gleichbedeutend mit Massen- und Langzeitarbeitslosigkeit gleichzusetzen war, kann man nicht einfach so sagen "aus und vorbei und Schwamm drüber". Was Generationen von Bergmännern und Stahlkochern zusammen geschweißt hat, hört nicht von heute auf morgen auf.

Doch dann ist auf einmal wirklich Schluss mit Kohle aus dem Schacht, weil das politisch so gewollt ist. Schließlich müssen Klimaziele erfüllt werden. Die Energiewende wird kommen. Regenerativen Energien gehört die Zukunft und wer da nicht mitziehen will, dem sei nicht zu helfen. Betroffen von diesem Wandel sind nicht nur die Bergmänner, sondern auch die Konzerne der Versorger, die Jahrzehntelang die Entwicklung im Ruhrgebiet geprägt haben. Genauso verunsichert wie die letzten Bergmänner ist man womöglich auch in der Konzernspitze von RWE. Planungssicherheit in der Branche war eine Illusion – spätestens nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel nach der Kraftwerk-Katastrophe in Fukushima quasi über Nacht die Stecker an den Atomkraftwerken in der Republik zog.

RWE bekam kürzlich erst reichlich Gegenwind zu spüren, als der geplante Ausbau des Braunkohletagebaus am Hambacher Forst durch einen Rodungstopp in die Schlagzeilen geriet. Spurlos vorbei gingen solche Ereignisse auch nicht an der Aktie von RWE. Laut Der Aktionär habe der von der Kohlekommission angekündigte Ausstieg aus der Kohleverstromung zu deutlichen Abschlägen bei dem Titel geführt. Das gesamte konventionelle Energiegeschäft von RWE werde derzeit mit -4,3 Mrd. Euro bewertet. So hoch veranschlage der Markt die Kosten für Pensionsrückstellungen, Abfindungen und den Rückbau von Kraftwerken. Der Markt gehe also davon aus, das RWE keine müde Mark Gewinn mehr mit der konventionellen Kraftwerksparte machen werde.

Diese Annahme sei unrealistisch. Viele der bestehenden Kohlekraftwerke könnte noch 20 Jahre weiter betrieben werden. Bis 2022 wolle die Kohlekommission eine Stilllegung von rund 30 % der deutschen Kohlekraftwerke erreichen. Laut Goldman Sachs sei davon auszugehen, dass RWE auch 2022 noch ein EBITDA von 650 Mio. Euro allein aus Braunkohle und Nuklearenergie erwirtschaften werde. Außerdem werde RWE – wie andere Betreiber von Kohlekraftwerken – Entschädigungszahlungen von rund 3,5 Mrd. Euro als Kompensation für die Stilllegung von Kohlekraftwerken erhalten.

Zudem dürfe die Stilllegung von Kohlekraftwerken dazu führen, dass die derzeit kaum ausgelasteten Gaskraftwerke des Konzerns wichtiger werden. Bereits in 5 Jahren sei hier ein Beitrag von rund 400 Mio. Euro jährlich zum EBITDA zu erwarten. Ein Abschlag von über 4 Mrd. Euro für das konventionelle Energiegeschäft sei daher deutlich zu hoch. Spekulativen Anlegern rät Der Aktionär daher mit einem Kursziel von 28 Euro zum Kauf der Stammaktie von RWE (30 % Potenzial).

Ein Kursziel von 26 Euro hat derzeit die Privatbank Berenberg für die Aktie von RWE, nachdem Anfang Februar das alte Ziel von 24 Euro um 2 Euro angehoben wurde (21 % Potenzial). Laut Analyst Andrew Fisher ignoriere die aktuelle Marktbewertung völlig die Vorteile der künftigen Transformation des Konzerns zu einem Anbieter erneuerbarer Energien. Der Analyst beziffert den Abschlag der Aktie auf den Sektor auf gut ein Fünftel. Im Fall der erneuerbaren Energien werde dem Papier sogar derzeit ein Discount von 60 % zugebilligt.

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Bildherkunft: RWE