Langsam aber sicher feiert der IPO-Markt in den USA sein Comeback. Welche Aktien gehören auf die Watchliste?

Marius Müllerhoff ist als freier Redakteur beschäftigt. Artikel von freien Redakteuren stellen deren eigene Meinung dar und müssen mit der von aktien nicht korrespondieren.

Nach einer Durststrecke von 1,5 Jahren scheint der Markt für Börsengänge (IPOs) in den USA langsam, aber sicher sein Comeback zu feiern. Während es in 2021 über 1000 IPOs gegeben hat, sahen wir in 2022 lediglich 181 IPOs. In 2023 hat es in den ersten sechs Monaten 84 IPOs gegeben (siehe folgende Abbildung).

Die Gründe für diesen beachtlichen Rückgang waren u. a. die hohen Bewertungen vieler Startups, die durch die steigenden Zinsen signifikant gekappt wurden. Außerdem kamen Inflations- und Rezessionsängste hinzu, weshalb Investoren sehr restriktiv mit frischem Kapital umgegangen sind.

Quelle: https://stockanalysis.com/ipos/statistics/

Nun beginnt sich die Lage auf dem IPO-Markt aufzuhellen. Steigenden Aktienkursen, abnehmende Rezessionsängste und (erwartete) fallende Zinsen sei Dank.  

Ein erster Gradmesser ist der IPO ETF (IPO). Anfang Juni konnte dieser die seit Mitte September 2022 anhaltende Base nach oben verlassen (siehe folgende Abbildung). Die fünf Top Holdings des ETFs sind aktuell Airbnb, Snowflake, Palantir, DoorDash und Roblox. Wichtig ist hierbei zu betonen, dass dies keine Unternehmen sind, die in 2023 oder 2022 auf das Handelspaket gekommen sind, sondern schon ein paar Jahre am Markt gehandelt werden.

Quelle: www.tradingview.com

Zweitens hat es mit Kenvue (Spin-off von Johnson &; Johnson) den größten IPO seit 1,5 Jahren gegeben. Es wurden knapp 4 Mrd. USD eingesammelt. Drittens sahen wir im zweiten Quartal 2023 hinsichtlich der Gesamtsumme an eingeworbenem Kapital einen Anstieg von über 80% gegenüber dem Vorjahr. Letztlich ist eine gewissen Marktbreite am IPO-Markt zu erkennen, d. h. die Börsengänge im weiteren Quartal 2023 stammen aus unterschiedlichen Sektoren.

Kenvue

Kenvue (KVUE) ist ein amerikanisches Unternehmen, das sich auf die Herstellung und den Vertrieb von Produkten für die tägliche Pflege ("Consumer Health") spezialisiert hat. Hierunter fallen u. a. Hautpflege, Schönheit, Selbstpflege und Gesundheit. Das Unternehmen verfügt über mehr als 300 Produkte in seinem Portfolio, die in über 100 Ländern weltweit verkauft werden. Das Unternehmen besitzt bekannte Marken wie Aveeno, Band-Aid, Benadryl, Johnson's Baby, Listerine, Neutrogena und Tylenol.

Kenvue wurde 2022 als Abspaltung der Verbrauchergesundheitssparte von Johnson &; Johnson gegründet. Am 05. Mai 2023 ging Kenvue an die NYSE unter dem Symbol KVUE und sammelte 3,8 Mrd. USD ein. Johnson & Johnson behält ca. 90% der Anteile an Kenvue und plant, diese bis Ende 2023 an seine Aktionäre zu verteilen. Johnson & Johnson wird durch den Spin-Off schlanker strukturiert und kann seinen Fokus auf Arzneimitteln und Medizinprodukten legen. Kenvue wird unabhängig vom Großkonzern und kann sich komplett auf den relevanten Markt "Consumer Health" konzentrieren. Eine Win-Win-Situation.

Quelle: www.traderfox.com

In 2022 erzielte das Unternehmen einen Gesamtumsatz von 15,9 Mrd. USD. Dies entsprach einem Wachstum von 6 %. Es wurde ein Gewinn von 3 Mrd. USD erwirtschaftet, was einem Anstieg von gut 7 % entsprach.

Zu den wichtigsten Wettbewerbern von Kenvue gehören u. a. Procter & Gamble, Unilever und Colgate-Palmolive.

Cava

Cava (CAVA) ist eine mediterrane Fast-Casual-Restaurantkette mit Standorten in den USA. Das Unternehmen wurde 2011 von drei griechisch-amerikanischen Freunden gegründet, die zuvor ein Full-Service-Restaurant namens Cava Mezze betrieben hatten. Cava bietet seinen Kunden die Möglichkeit, ihre eigenen Salate, Pitas, Schüsseln und Dips aus einer Vielzahl von frischen Zutaten und Gewürzen zu kreieren. Cava produziert auch eine Reihe von mediterranen Dips, Aufstrichen und Dressings, die in Lebensmittelgeschäften in den USA verkauft werden.

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Im Jahr 2018 kaufte Cava Group (die Muttergesellschaft von Cava) das Unternehmen Zoës Kitchen für 300 Mio. USD. Hierbei handelt es sich um eine weitere mediterrane Restaurantkette mit mehr als 250 Standorten. Dies machte Cava Group zum größten Restaurantbetreiber in der mediterranen Kategorie in der US-Restaurantbranche.

Am 15. Juni 2023 machte Cava seinen Börsengang an der NYSE. Der Eröffnungskurs lag bei 42 USD. Bis jetzt konnte die Aktie um knapp 15 % zulegen. Das Unternehmen konnte dank des IPOs 318 Mio. USD einsammeln.

Cava hat ein beeindruckendes Umsatzwachstum vorzuweisen. Das Unternehmen hat seinen Umsatz von 2016 bis 2022 jährlich um gut 50% steigern können. In 2022 lag der Umsatz bei 564 Mio. USD. Sein Filialnetz erhöhte sich von 22 im Jahr 2016 auf 263 im April 2023. Trotz des starken Umsatzwachstums erwirtschaftet das Unternehmen noch keinen Gewinn. In 2022 lag der Nettoverlust bei 59 Mio. USD.

Zu den wichtigsten Wettbewerbern von Cava gehören u.a. Chipotle Mexican Grill, Sweetgreen und Panera Bread.

Vesta Real Estate

Vesta Real Estate (VTMX) ist ein mexikanisches Unternehmen, das sich auf die Entwicklung, Verwaltung und Vermietung von Industrieimmobilien spezialisiert hat. Vesta Real Estate wurde 1998 von Lorenzo Berho gegründet, der die Vision hatte, hochwertige und nachhaltige Industrieparks in Mexiko zu schaffen. Das Unternehmen verfügt über ein Portfolio von mehr als 200 Immobilien mit einer Gesamtfläche von über 3 Mio. Quadratmetern in 15 Bundesstaaten Mexikos. Zu den Kunden von Vesta Real Estate gehören namhafte nationale und internationale Unternehmen wie Amazon, DHL, FedEx, General Electric, Nissan, Siemens und Volkswagen.

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Im Jahr 2012 ging Vesta Real Estate an die mexikanische Börse unter dem Symbol VESTA und sammelte 4,4 Mrd. Pesos (ca. 196 Mio. EUR) ein. Der Börsengang ermöglichte es dem Unternehmen, seine Expansion zu beschleunigen und neue Märkte zu erschließen.

Am 30.06.2023 ging Vesta Real Estate an die US-Börse. Der Eröffnungskurs lag bei 32 USD. Die Aktie konnte seitdem um knapp 10% zulegen. Das Unternehmen sammelte durch den IPO insgesamt 387,5 Mio. USD ein.

Der Umsatz in 2022 belief sich auf 178 Mio. USD. Dies entspricht einem Umsatzwachstum von gut 10 %. Der Gewinn je Aktie lag bei 2,98 USD.

Zu den wichtigsten Wettbewerbern von Vesta Real Estate gehören andere mexikanische Industrieimmobilienunternehmen wie Fibra Uno, Terrafina und Prologis.

GEN Restaurant

GEN Restaurant (GENK) ist eine koreanische BBQ-Restaurantkette mit Sitz in den USA. Das Unternehmen wurde 2005 von David Kim und Jae Chang gegründet, die beide aus Korea stammen und eine Leidenschaft für die koreanische Küche haben.

GEN Restaurant bietet seinen Gästen ein interaktives Erlebnis, bei dem sie ihr eigenes Fleisch am Tisch grillen können. Die Speisekarte umfasst mehr als 30 verschiedene Arten von Fleisch, Geflügel, Meeresfrüchten und Gemüse, die mit verschiedenen Marinaden und Gewürzen zubereitet werden. Das Unternehmen produziert auch seine eigenen Saucen, Beilagen und Getränke, die die koreanische Kultur widerspiegeln.

Das Unternehmen hat derzeit 34 Standorte in sieben Bundesstaaten, darunter Kalifornien, Florida, Arizona, Nevada, Hawaii, Texas und New York. GEN Restaurant plant, langfristig etwa 250 Restaurants in den USA zu eröffnen und in neue und bestehende Märkte zu expandieren.

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Am 28.06.2023 ging GEN Restaurant an die Börse und konnte 43,2 Mio. USD einwerben. Obwohl ist ein sehr kleiner Betrag ist, war er fast doppelt so hoch wie erwartet. Dies ist sehr positiv und ein Anzeichen für ein allgemeines Comeback des IPO -Marktes. Der Eröffnungskurs lag bei 18,30 USD. Die Aktie hat seitdem gut 10% an Wert verloren.

Der Umsatz in 2022 belief sich auf knapp 164 Mio. USD. Dies entspricht einem Umsatzwachstum von 16,5 %. Zwischen 2019 und 2022 wuchs der Umsatz im Durchschnitt um 52 % p.a. Das Unternehmen schreibt noch keine Gewinne. In 2022 wurde ein Nettoverlust von knapp 15 Mio. USD verbucht.

Zu den wichtigsten Wettbewerbern von GEN Restaurant gehören andere koreanische BBQ-Restaurantketten wie Kang Ho Dong Baekjeong, Hae Jang Chon und Quarters Korean BBQ.

Weitere IPO-Unternehmen

Weitere IPO-Unternehmen, die kürzlich an die US-Börse gegangen sind, und die man auf dem Radar haben sollte, heißen Kodiak Gas Services (KGS), Savers Value Village (SVV) und Fidelis (FIHL).

Kodiak Gas Services ist ein führender Anbieter von Erdgasverdichtungsdienstleistungen in den USA. Das Unternehmen wurde 2011 gegründet und bietet seinen Kunden effiziente und zuverlässige Lösungen für ihre Logistik-, Produktions- und Vertriebsanforderungen. Das Unternehmen verfügt über eine Flotte von mehr als 1.300 Verdichtern mit einer Gesamtleistung von über 1,8 Millionen PS in allen wichtigen Förderbecken in den USA. Kodiak Gas Services ging am 29.06.2023 an die NASDAQ und sammelte 256 Mio. USD ein. Das Unternehmen erzielte im Jahr 2022 einen Umsatz von 564,1 Mio. USD und einen Nettogewinn von 59 Mio. USD.

Savers Value Village ist eine Secondhand-Ladenkette mit Sitz in den USA. Das Unternehmen wurde 1954 gegründet und hat sich zum Ziel gesetzt, hochwertige Waren zu günstigen Preisen anzubieten. Das Unternehmen hat über 300 Filialen in den USA, Kanada und Australien, die Kleidung, Accessoires, Haushaltswaren, Elektronik, Bücher und mehr verkaufen. Savers Value Village arbeitet mit lokalen gemeinnützigen Organisationen zusammen, um gebrauchte Kleidung und Haushaltswaren für die Wiederverwendung zu sammeln. Das Unternehmen ging ebenfalls am 29.06.2023 an die Börse und konnte 401 Mio. USD einwerben.

Fidelis Insurance Group ist ein globales Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen mit Sitz in Bermuda und Niederlassungen in Irland und dem Vereinigten Königreich. Fidelis Insurance Group wurde im Jahr 2015 gegründet. Das Unternehmen konzentriert sich auf drei Geschäftsbereiche: Spezialversicherungen, maßgeschneiderte Versicherungen und Rückversicherungen.  Am 29.06.2023 ging Fidelis Insurance Group an die NASDAQ und sammelte 89 Mio. USD ein.

 

Der Autor hält folgende Eigenpositionen: Anteile von Airbnb und vom IPO ETF.


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