Annäherung der Rivalen: AMD erwägt Intel als Fertigungspartner

Laut einem exklusiven Bericht von Semafor befindet sich Intel in frühen Gesprächen mit dem Rivalen AMD, um diesen als Kunden für Intels Auftragsfertigung ("Foundry") zu gewinnen. Weder Intel noch AMD haben bislang Stellung genommen. Konkrete Details – etwa welche Produktsegmente betroffen wären, welche Prozessknotenzeile infrage kommt oder ob eine Kapitalbeteiligung Teil eines möglichen Deals wäre – bleiben unklar. Ein verbindlicher Abschluss ist ausdrücklich weder bestätigt noch ausgeschlossen.

Warum die Gespräche so bemerkenswert sind

Bislang lässt AMD den überwiegenden Teil seiner Chips bei TSMC in Taiwan produzieren. Nach Angaben der beteiligten Quellen handelt es sich um reine Sondierungsgespräche. Wie viel Fertigung AMD im Erfolgsfall tatsächlich verlagern würde, ist ebenso unklar wie die Frage, auf welchen Prozessknoten Intel produzieren dürfte. Eine Kooperation mit Intel – selbst wenn sie sich nur auf weniger komplexe oder untergeordnete Komponenten erstrecken würde – käme einem Tabubruch gleich. Schließlich konkurrieren die beiden Konzerne seit Jahrzehnten direkt im x86-Prozessorgeschäft. Für Intel wiederum wäre ein AMD-Auftrag ein enormer Vertrauensbeweis und ein wichtiger Schritt, um die eigenen Foundry-Ambitionen glaubhaft zu untermauern. Nachdem der Konzern in den vergangenen Jahren technologisch und in Bezug auf Kapazitäten deutlich hinter TSMC zurücklag, könnte er mit einem solchen Mandat zeigen, dass die Fertigung in den USA wieder konkurrenzfähig ist.

Reaktionen an der Börse

Die Finanzmärkte reagierten unmittelbar auf die Berichte. Intels Aktienkurs legte am 1. Oktober 2025 deutlich zu und schwankte je nach Handelszeitpunkt zwischen rund 3,5 % und 7 % im Plus. AMD-Papiere stiegen im Vergleich dazu nur moderat. Die Kursbewegung spiegelt die Hoffnung wider, dass Intel seine Foundry-Sparte durch die Gewinnung namhafter Kunden neu beleben und stärker am globalen Auftragsfertigungsgeschäft partizipieren könnte.

Chancen und Risiken

Für Intel wäre ein Mandat von AMD ein "Proof of Concept": ein praktischer Beleg dafür, dass das Foundry-Modell funktioniert und auch für externe Kunden attraktiv ist. Damit könnte das Unternehmen ein Signal an weitere potenzielle Auftraggeber senden. AMD wiederum würde durch zusätzliche Fertigungsoptionen seine Abhängigkeit von TSMC verringern und sich strategische Flexibilität sichern – sei es zur Kostenkontrolle, zur besseren Verfügbarkeit oder zur Absicherung gegen geopolitische Risiken. Gleichzeitig müssten beide Unternehmen sensible Fragen klären: Wie lässt sich der Schutz vertraulicher IP garantieren? Welche Produkte eignen sich überhaupt für eine Fertigung beim direkten Wettbewerber? Und welche Auswirkungen hätte eine solche Annäherung auf das Kräfteverhältnis im Halbleitermarkt?

Ein Signal mit geopolitischem Kontext

Die Gespräche fügen sich in eine breitere Bewegung ein: Westliche Regierungen, allen voran die USA, drängen Technologiekonzerne dazu, mehr Fertigungskapazitäten in den eigenen Märkten aufzubauen. Subventionen und politische Programme sollen Lieferketten diversifizieren und die Abhängigkeit von asiatischen Gießereien reduzieren. Ein Deal zwischen Intel und AMD würde damit nicht nur ökonomische, sondern auch geopolitische Bedeutung erlangen.

Ausblick

Im Moment handelt es sich vor allem um ein Stimmungssignal. Intel zeigt, dass das Unternehmen weiter aktiv um Großkunden wirbt, und AMD macht deutlich, dass es seine Optionen prüft. Ob sich aus den Gesprächen tatsächlich ein Vertrag entwickelt, dürfte sich in den kommenden Monaten entscheiden. Sollte es zu einer Vereinbarung kommen, könnte diese zunächst kleinere Volumina oder weniger kritische Produktlinien betreffen. Gleichwohl hätte ein solcher Schritt Signalwirkung weit über das direkte Geschäft hinaus – sowohl für die Wettbewerbsdynamik zwischen Intel und AMD als auch für die strategische Positionierung der Halbleiterindustrie im Westen.


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