CAM-Ranking: Chinesische Autohersteller überholen Deutschland in Innovationskraft, BMW an der Spitze
Inmitten der Debatte um Zölle auf chinesische Elektroautos zeigt eine aktuelle Studie des Center of Automotive Management (CAM), dass chinesische Autohersteller in Sachen Innovation deutlich aufgeholt haben. Geely, Saic, Xpeng, BYD und GAC gehören erstmals zu den zehn innovativsten Autoherstellern der Welt, wie das CAM-Ranking unter der Leitung von Branchenexperte Stefan Bratzel zeigt.
BMW an der Spitze, aber Chinas Innovationskraft ist rasant gestiegen
BMW hat es in diesem Jahr an die Spitze des Innovationsrankings geschafft, während der Volkswagen-Konzern auf den sechsten Platz zurückfällt. Die Ergebnisse des CAM-Rankings unterstreichen den Wandel im Automobilsektor und könnten die Debatte um unfaire Wettbewerbspraktiken weiter anheizen.
Chinesische Autohersteller zeigen bemerkenswerte Fortschritte in den Bereichen Elektromobilität, automatisiertes Fahren und On-Board-Elektronik. Die Innovationskraft dieser Unternehmen ist in den letzten Jahren rasant gestiegen: 46 % der globalen Innovationsstärke entfallen mittlerweile auf chinesische Hersteller – ein deutlicher Anstieg gegenüber 21 % im Jahr 2019. Im gleichen Zeitraum ist die Innovationskraft deutscher Hersteller von 45 % auf 23 % gesunken. Laut Bratzel liegt dies auch an der umfangreichen staatlichen Unterstützung, die China seinen E-Auto-Herstellern gewährt. Seit 2009 flossen mindestens 230 Mrd. USD in die Förderung dieser Branche.
Innovationsstärke im Detail
Ein tieferer Blick in das Ranking zeigt, wo die Chinesen besonders stark sind. Geely und Xpeng punkten mit hohen Reichweiten ihrer elektrischen Luxusvans Zeekr 009 und X9. Fünf chinesische Hersteller bieten automatisiertes Fahren auf Level 2+ auch abseits der Autobahn an, was Fahrern erlaubt, die Hände vom Lenkrad zu nehmen, solange sie die Straße im Auge behalten. Bratzel verweist außerdem auf die große Fertigungstiefe der Chinesen. Der chinesische Marktführer BYD beherrscht als Auto- und Akkuhersteller das teuerste Bauteil eines Elektroautos, die Batterie.
Deutsche Hersteller im Vergleich
BMW hat seine Spitzenposition vor allem der Marke Mini zu verdanken, die erfolgreich Innovationen aus höheren Segmenten in kleinere Autos integriert. Volkswagen hingegen kämpft mit Innovationsschwächen bei der Premiummarke Audi, deren neuestes Elektroflaggschiff Q6 e-tron aufgrund von Softwareproblemen erst mit zwei Jahren Verzögerung auf den Markt kommt. Laut Bratzel konnte Audi den eigenen Anspruch, "Vorsprung durch Technik" zu bieten, zuletzt nicht mehr erfüllen. So verzeichnete das CAM in den letzten zwei Jahren lediglich 21 Innovationen bei der VW-Premiummarke Audi. Zum Vergleich: Die deutschen Konkurrenten Mercedes und BMW brachten im gleichen Zeitraum vier- bis fünfmal mehr Innovationen hervor.
Blick in die Zukunft
"Die Innovationsstärke ist ein wichtiger Einflussfaktor bei der Neuordnung der Automobilbranche im Bereich der Elektromobilität. Es zeigt sich eine hohe Korrelation zwischen den innovationsstarken Elektroautobauern und deren globalen Absatzentwicklungen", erklärt das CAM bei der letzten Studie im April. Unter den Top 6 der innovationsstärksten Herstellern befanden sich im damaligen Report die fünf absatzstärksten Elektroautobauer des Jahres 2023. Damals lag Tesla mit 214 Punkten noch mit großem Abstand auf Platz 1, während BMW aktuell als Spitzenreiter auf 155 Punkte kommt. Nun liegt der Autobauer nur noch auf Platz 13. Gründe dafür werden nicht genannt, könnten aber mit der Messung zusammenhängen. Das CAM-Institut definiert Innovation als serienreife Produkte, Technologien und Neuerungen, die Reichweite, Verbrauch, Ladeleistung oder Kundennutzung verbessern. In letzter Zeit brachte Tesla keine neuen serienreifen Produkte auf den Markt, sondern konzentrierte sich auf Updates und die Skalierung bestehender Modelle.
Neben der Innovationsstärke spielen auch die Preise eine wesentliche Rolle für den Erfolg. Deutsche Premiummarken stehen unter dem Druck, dass chinesische Hersteller zunehmend Premiumfahrzeuge zu günstigeren Preisen anbieten. Auf der Automesse in Peking präsentierte der chinesische Smartphonehersteller Xiaomi beispielsweise eine Porsche-ähnliche Limousine, die in China zwischen 30.000 und 40.000 Euro kosten soll.
Dieser Artikel basiert auf einem Bericht aus dem Handelsblatt und wurde redaktionell überarbeitet.
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