CATL setzt alles auf Auslandsexpansion – Reaktion auf Preiskrieg im Heimatmarkt

Der weltgrößte Hersteller von Batterien für Elektrofahrzeuge, Contemporary Amperex Technology Co. Ltd. (CATL), richtet seine Strategie neu aus: Die Expansion ins Ausland steht nun ganz oben auf der Prioritätenliste. Wie Produktionschef Ni Jun gegenüber Bloomberg auf dem Weltwirtschaftsforum im chinesischen Tianjin erklärte, ist der massive Preiskampf in China "ungesund" und drohe, die Branche von innen heraus zu zerstören.

In einem ungewöhnlich deutlichen Statement kritisierte Ni die "irrationale Konkurrenz", die derzeit viele Hersteller unter Druck setze. Auch die Regierung ist alarmiert: In Reaktion auf die jüngste Welle von Preissenkungen hat Peking führende Automarken einbestellt und öffentlich vor einem destruktiven "Wettlauf nach unten" gewarnt. Doch solange die strukturelle Überkapazität in der chinesischen Automobilbranche besteht, ist ein Ende des Preisverfalls kaum absehbar.

 

Expansion mit Hightech-Fabriken in Europa

CATL reagiert auf die Situation mit einem ambitionierten Plan: Durch den Aufbau moderner Fertigungsstätten im Ausland will das Unternehmen seine Abhängigkeit vom chinesischen Markt reduzieren. Besonders Europa steht im Fokus. In Ungarn entsteht derzeit ein Megawerk in Debrecen mit einer geplanten Kapazität von 100 Gigawattstunden jährlich – eine der größten Batteriefabriken des Kontinents. Auch das bereits aktive Werk in Thüringen (Arnstadt) spielt eine Schlüsselrolle in CATLs europäischer Strategie.

Dabei will das Unternehmen nicht einfach bestehende Modelle exportieren. Ni betont, dass neue Fabriken künftig "grüner, intelligenter und rekonfigurierbar" sein sollen. Neben einem deutlich geringeren Energieverbrauch und CO₂-Ausstoß ist der konsequente Einsatz von künstlicher Intelligenz geplant, etwa zur Qualitätskontrolle, Materialprüfung und Prozesssteuerung. Die Transformation zur "Smart Factory" sei laut Ni bereits seit sieben bis acht Jahren im Gange und werde im Ausland noch konsequenter umgesetzt.

 

Lokalisierung als Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit

CATL hat aus den Herausforderungen seines ersten deutschen Werks gelernt. Dort lagen die Kosten – vor allem für Grundstücke, Personal und Betrieb – deutlich über dem, was man aus China gewohnt war. Inzwischen setzt man verstärkt auf modulare, platzsparende Anlagen und eine teilweise Vorfertigung in China. Ganze Produktionsmodule sollen künftig vormontiert exportiert werden, um im Zielland schnell installiert und betrieben zu werden – eine Strategie, die nicht nur Effizienz verspricht, sondern auch lokale Arbeitsmärkte entlasten kann.

Zudem geht CATL in Europa neue Wege bei der Zusammenarbeit mit Kunden: Im ungarischen Werk etwa werden Produktionslinien teilweise direkt auf einzelne Automobilhersteller zugeschnitten. Diese beteiligen sich auch an den Investitionen. Damit reduziert CATL nicht nur das eigene Risiko, sondern schafft auch enge Bindungen zu europäischen OEMs, was angesichts wachsender regulatorischer Anforderungen und geopolitischer Unsicherheiten strategisch klug ist.

 

Kapitalstärke durch Mega-IPO in Hongkong

Finanziert wird die internationale Expansion durch eine spektakuläre Kapitalmaßnahme: Der Zweitbörsengang in Hongkong im Mai dieses Jahres brachte dem Unternehmen rund 4,6 Mrd. USD ein – die größte Börsennotierung des Jahres. Die Aktie legte am ersten Handelstag rund 16 Prozent zu, getragen von einer Überzeichnung um das 115-fache. Großinvestoren wie Sinopec und der Kuwait Investment Authority beteiligten sich prominent an der Platzierung – ein starkes Zeichen für das internationale Vertrauen in CATLs Kurs.

Besonders wichtig für Investoren: Durch die Notierung in Hongkong kann CATL künftig flexibler agieren, etwa bei der Kapitalallokation für Auslandsexpansionen, die in China oft durch strenge Devisenkontrollen limitiert sind. Gleichzeitig stärkt die breite internationale Investorenbasis die Unabhängigkeit des Unternehmens in einer Zeit wachsender geopolitischer Spannungen.

 

CATL setzt Standards: Warum der Batterie-Weltmarktführer seiner Konkurrenz enteilt

CATLs Strategie ist nicht nur zukunftsweisend – sie spiegelt bereits heute eine überlegene Marktposition wider. Mit rund 37 % globalem Marktanteil (Q1 2025, SNE Research) dominiert das Unternehmen den weltweiten Markt für EV-Batterien. Damit liegt CATL weit vor LG Energy Solution (ca. 14 %), BYD (ca. 13 %) sowie Panasonic, SK On und Samsung SDI, die jeweils unter 10 % erreichen. In Europa ist CATL derzeit der einzige chinesische Zellhersteller mit aktiver Produktion – im thüringischen Arnstadt läuft bereits die Serienfertigung.

Der strategische Fokus auf hochautomatisierte, modulare Werke in Kundennähe – kombiniert mit technologischem Vorsprung bei LFP-Zellen, Schnellladefähigkeit und KI-gesteuerten Fertigungsprozessen – verschafft CATL einen strukturellen Vorteil gegenüber der internationalen Konkurrenz.

Allerdings bleibt der regulatorische Rahmen in Europa anspruchsvoll. Ob Lieferkettengesetz, CO₂-Bilanz oder "local content"-Vorgaben: Wer im EU-Markt bestehen will, muss Prozesse neu denken. Für CATL bedeutet das eine Anpassung nicht nur in der Technik, sondern auch in der Unternehmenskultur und Governance.

Für Investoren bleibt das Unternehmen dennoch hochattraktiv. CATL vereint Skalenvorteile, Technologieführerschaft und finanzielle Stärke. Mit einer soliden Bilanz, internationalen Partnerschaften und einer klaren Vision für eine emissionsfreie Mobilität ist der Konzern prädestiniert, auch jenseits des Heimatmarkts Taktgeber einer globalen Batterieindustrie zu bleiben.


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