Nikkei erreicht neuen Rekord: Überwindung der 1989er-Blase und die treibenden Kräfte dahinter

Der japanische Aktienmarkt feierte am Donnerstag einen historischen Moment, als der Nikkei-225-Index einen Rekord brach, der über drei Jahrzehnte Bestand hatte. Mit einem Anstieg um 2,2 % schloss der Index bei 39.098,68 Punkten, womit er den langjährigen Rekord von 1989 übertraf. Diese Entwicklung setzt die eindrucksvolle Rally fort, die bereits im Vorjahr mit einem Zuwachs von 30 % begann und mit weiteren 16 % Zuwachs seit Jahresbeginn anhält.

Der lange Aufstieg des Nikkei zu neuen Höhen

Mehr als drei Jahrzehnte nach dem Platzen der spektakulären Spekulationsblase der späten 1980er-Jahre, in der exzessive Kreditvergabe, überschwängliche Investitionen in Immobilien und Aktien sowie eine überhitzte Wirtschaft zu astronomisch hohen Bewertungen führten, hat der Nikkei-225-Index eine bedeutende Schwelle überschritten. Im gleichen Zeitraum verzeichnete der Dow Jones Industrial Average einen bemerkenswerten Anstieg: von 2.753,20 Punkten am Ende des Jahres 1989 auf 38.612,24 Punkte am vergangenen Mittwoch, was einer Vervierzehnfachung seines Wertes entspricht.

Was treibt den Nikkei an?

Die jüngsten Nachrichten aus der Chipindustrie, insbesondere der beeindruckende Umsatzsprung des US-Chipherstellers NVIDIA, der sein Ergebnis im letzten Quartal mehr als verdreifachen konnte, haben maßgeblich zu den Gewinnen des Nikkei am Donnerstag beigetragen. Diese positive Entwicklung in der Techbranche hat auch japanische Unternehmen wie Tokyo Electron, einen führenden Hersteller von Halbleiterfertigungsgeräten, beflügelt. Das Unternehmen verzeichnete am Donnerstag ein Plus von 6 % und ist im laufenden Jahr um 45 % gestiegen. Ebenso konnte die SoftBank Group, dank ihrer Tochtergesellschaft Arm, die als Chipdesignunternehmen von der steigenden Nachfrage im KI-Sektor profitiert, am Donnerstag um 5,1 % zulegen und hat dieses Jahr bereits einen Gewinn von 40 % erzielt.

Neben den Erfolgen in der Chipindustrie tragen weitere Faktoren wie ein schwacher Yen, fortschrittliche Corporate-Governance-Reformen und internationale Kapitalzuflüsse zur Stärkung des Nikkei bei.

Bemerkenswert ist das wachsende Interesse ausländischer Investoren an Japan, teilweise angeregt durch die positiven Bewertungen von Investmentlegenden wie Warren Buffet. Dies hat zu einem signifikanten Kapitalzufluss geführt, mit Nettoinvestitionen in japanische Aktien, die im Januar 2024 einen der höchsten monatlichen Werte seit Beginn der Aufzeichnungen erreichten. Ausländische Investoren waren sieben Wochen in Folge bis zum 17. Februar Nettokäufer japanischer Aktien und kauften insgesamt etwa 25,4 Mrd. USD mehr, als sie verkauften, laut Daten des Finanzministeriums. 

Der Einfluss des schwachen Yen auf Japans Wirtschaftsaufschwung

Ein Schlüsselfaktor hinter dem beeindruckenden Aufschwung Japans ist der anhaltend schwache Yen, getrieben durch die globale Zinslandschaft. Während Zentralbanken weltweit auf den Druck der Inflation mit schnellen Zinserhöhungen reagierten, hielt die Bank of Japan ihren Leitzins stabil bei -0,1 %. Diese Entscheidung reflektiert Japans im internationalen Vergleich niedrige Inflationsrate.

Die daraus resultierende Zinsdifferenz zu den USA und Europa machte den Yen für Devisenhändler weniger attraktiv, was zu einer deutlichen Abwertung der Währung führte. Diese Entwicklung erwies sich als Segen für Japans Exportindustrie: Ein schwächerer Yen steigert die Wettbewerbsfähigkeit japanischer Produkte auf dem Weltmarkt und erhöht die in Yen umgerechneten Auslandserlöse. Ein prominentes Beispiel hierfür ist Toyota, das seine Gewinnprognose für das Geschäftsjahr bis Ende März um über 50 % anhob und damit einen neuen Rekordgewinn erwartet – ein Trend, der sich auch bei anderen großen Exporteuren abzeichnet.

Reformen der Corporate Governance in Japan tragen Früchte

Japans verstärkter Fokus auf Corporate-Governance-Reformen zahlt sich aus und erhöht die Attraktivität für nationale sowie internationale Investoren. Die japanische Regierung hat unter dem 2022 ermordeten Präsidenten Shinzo Abe Unternehmen dazu aufgerufen, ihre Aufsichtsräte durch das Hinzufügen externer Mitglieder zu diversifizieren, um die Unternehmensführung transparenter zu gestalten.

Zusätzlich hat die Einführung des Topix Prime Index durch die Tokioter Börse eine kritische Überprüfung von Unternehmen bewirkt, die bislang wenig Handelsvolumen zeigten oder unter ihrem Buchwert notierten. Diese Unternehmen sind nun gefordert, ihre Strategien zur Wertsteigerung transparent zu machen.

Ein beachtlicher Anteil der im Topix gelisteten Unternehmen ist von diesen Maßnahmen betroffen, was die Markterwartung einer Freisetzung des latenten Potenzials stärkt. Erste Anzeichen dafür sind in Form von erhöhten Dividendenausschüttungen und verstärkten Aktienrückkäufen erkennbar. Zudem kündigten große Versicherungen an, ihre Kreuzbeteiligungen mit anderen bedeutenden Unternehmen zu reduzieren, was die Corporate Governance weiter stärkt.

Revolution bei der steuerfreien Aktienanlage in Japan

Japan setzt mit einer bedeutenden Reform des Nippon Individual Saving Account (Nisa) neue Maßstäbe für steuerfreie Investitionen. In einem bemerkenswerten Schritt hat die Regierung den jährlich zulässigen Höchstbetrag für Investitionen auf 3,6 Mio. JPY verdreifacht und gleichzeitig die Beschränkung der Steuerbefreiung von fünf Jahren aufgehoben. Darüber hinaus wurde die maximale Gesamtanlagesumme auf beachtliche 18 Mio. JPY (ungefähr 110.000 Euro) angehoben.

Diese strategische Entscheidung zielt darauf ab, die umfangreichen Ersparnisse japanischer Haushalte in den Aktienmarkt umzuleiten und dadurch das Wachstum des heimischen Kapitalmarktes zu fördern. Die ambitionierten Ziele der Regierung umfassen eine Verdoppelung der NISA-Konten von 17 Mio. im Jahr 2022 auf 34 Mio. bis 2027 sowie eine Verdopplung der durch NISA getätigten Investitionen von 28 Bio. JPY auf 56 Bio. JPY.

Analysten von Morgan Stanley MUFG prognostizieren, dass diese Reform einen wesentlichen Antrieb für aktive japanische Aktienfonds darstellen wird, mit einer erwarteten Investitionssumme von 5,4 Bio. JPY (etwa 33 Mrd. Euro) allein in diesem Jahr – mit steigender Tendenz. Trotz einer bisherigen Präferenz vieler Japaner für ausländische Aktienmärkte, gewinnt die Anlage in heimische Aktien zunehmend an Beliebtheit. Diese Entwicklung könnte selbst bei einer möglichen Marktkorrektur zu neuen Höchstständen zum Jahresende führen.

 

 

 

 

 

 


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