Novo Nordisk: Machtkampf führt zu Komplettumbau im Aufsichtsrat
Beim dänischen Pharmakonzern Novo Nordisk kommt es zu einem beispiellosen Führungswechsel: Der Vorsitzende des Aufsichtsrats Helge Lund und alle unabhängigen Direktoren treten im November zurück. Hintergrund ist ein Konflikt mit der Novo Nordisk Foundation, die über ihre Holding mehr als 70 % der Stimmrechte kontrolliert.
Die Stiftung hatte eine umfassende Neubesetzung des Boards gefordert – der bisherige Aufsichtsrat wollte sich dem nicht beugen. Nachdem keine Einigung erzielt wurde, erklärten alle unabhängigen Mitglieder ihren Rücktritt. Der Schritt kam überraschend und belastete die Aktie, die am Dienstag rund 1,6 % nachgab.
An ihre Stelle soll auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am 14. November ein neues Gremium gewählt werden, das von Lars Rebien Sørensen, dem ehemaligen CEO von Novo Nordisk (2000–2016), geleitet werden soll. Sørensen erklärte, er wolle den Vorsitz maximal drei Jahre behalten.
Der Wechsel erfolgt in einer schwierigen Phase: Das Unternehmen hatte im September den Abbau von 9.000 Stellen angekündigt und kämpft mit den Folgen des Nachfrageeinbruchs beim einstigen Erfolgsmedikament Wegovy. In den USA, dem wichtigsten Markt für die Abnehmpräparate, konnte Novo Nordisk die starke Nachfrage zeitweise nicht bedienen. Dadurch entstand ein wachsender Markt für legale Nachahmerprodukte, während Eli Lilly mit seinem Konkurrenzmittel Zepbound Marktanteile gewann.
Kritik gab es in den vergangenen Monaten auch an der Zusammensetzung des bisherigen Aufsichtsrats. Investoren bemängelten, dass das Gremium zu wenig US-Erfahrung habe – obwohl der amerikanische Markt für Novo Nordisk geschäftlich entscheidend ist. In einer Konferenz sagte Lars Rebien Sørensen, die USA seien für das Unternehmen "unser tägliches Brot", und räumte ein, "mehr Vertreter mit Erfahrung aus den Vereinigten Staaten" im Aufsichtsrat wären wünschenswert.
Sørensen kritisierte zudem, die Unternehmensführung habe "zu spät" auf Veränderungen im Markt für Abnehmmedikamente reagiert. Zugleich nannte er den massiven Stellenabbau ein "großes Versagen", betonte aber, dass die Stiftung die laufenden Restrukturierungspläne unterstütze.
Der neue CEO Mike Doustdar, erst seit August im Amt, soll nun mit einem von der Stiftung dominierten Aufsichtsrat das Vertrauen der Investoren zurückgewinnen. Ob die Neuausrichtung gelingt, wird entscheidend sein für die Zukunft eines Unternehmens, das lange als Symbol für Stabilität und Erfolg galt und nun vor einem Neuanfang steht.
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