Software-Ausblick 2026: Evercore ISI setzt auf die Skalierung der KI-Giganten
In einer umfassenden Branchen-Analyse hat die Investmentbank Evercore ISI kurz vor dem Jahreswechsel die Weichen für das Börsenjahr 2026 gestellt. Während an den Märkten über eine mögliche Sättigung des KI-Hypes debattiert wird, zeichnen die Analysten ein Bild der technologischen Kontinuität. Die zentrale Botschaft der Studie: Auch wenn die Marktbreite im kommenden Jahr zunehmen dürfte, ist eine Abkehr vom "Software-Infrastructure Trade" nicht in Sicht. Im Gegenteil: Die fortschreitende Adaption Künstlicher Intelligenz sorgt dafür, dass die Nachfrage nach Cloud-Kapazitäten und moderner Infrastruktur die großen Plattformanbieter als tragende Säulen des Sektors festigt.
Das Trio der Giganten als Fundament
An der Spitze der Favoritenliste für das Jahr 2026 stehen mit Microsoft, Salesforce und Oracle drei Schwergewichte, die jeweils unterschiedliche Rollen im Portfolio einnehmen. Microsoft wird dabei als die unangefochtene Standardplattform der Unternehmenswelt positioniert. Laut Evercore führt bei der Skalierung von KI-Projekten kaum ein Weg an der Azure-Welt vorbei, was den Titel zum bevorzugten Large-Cap-Pick für sicherheitsorientierte Investoren macht.
Salesforce hingegen wird als dynamischer Turnaround-Kandidat gehandelt. Hier überzeugen die Analysten vor allem die Fortschritte der neuen KI-Agenten-Strategie, die über bloße Assistenzsysteme hinausgeht. Gepaart mit einer Bewertung, die auf Basis des freien Cashflows im historischen Vergleich attraktiv erscheint, bietet Salesforce aus Sicht von Evercore ein überlegenes Chance-Risiko-Verhältnis.Oracle komplettiert das Trio, wird jedoch mit einer differenzierteren Einschätzung versehen. Trotz der Risiken durch die hohe Verschuldung und die enge Verflechtung mit OpenAI überwiegt die positive Prognose: Die massive Nachfrage der großen Hyperscaler nach Oracles spezialisierter Cloud-Infrastruktur dürfte den unternehmenseigenen KI-Rollout massiv stützen und die bilanziellen Bedenken in den Hintergrund drängen.
Die vertikale Erweiterung durch Daten und Anwendungen
Die Analyse von Evercore geht jedoch weit über die reinen Infrastruktur-Riesen hinaus und definiert eine logische Hierarchie für den KI-Erfolg. Ein zentraler Baustein in diesem Gefüge ist Snowflake. Die Analysten stufen die Daten-Cloud als essenziell ein, da sie das notwendige Fundament für das Training und den Betrieb moderner Unternehmens-KI bildet. Ohne eine sauber strukturierte Datenbasis bleibt KI wirkungslos, weshalb Snowflake als Profiteur der zweiten Welle der KI-Adoption gesehen wird.
Parallel dazu rücken Anwendungen in den Fokus, die KI für spezifische Zielgruppen nutzbar machen. Hier hebt Evercore insbesondere Intuit hervor. Das Unternehmen nutzt KI, um komplexe Finanzprozesse für kleine und mittlere Unternehmen zu automatisieren – ein Marktsegment, das laut der Studie bisher noch unterschätzt wird, aber eine hohe Zahlungsbereitschaft für echte Produktivitätsgewinne zeigt. Für Anleger, die über den Tellerrand der reinen Software-Welt hinausblicken wollen, wird zudem Samsara als Top-Pick im Mid-Cap-Bereich empfohlen. Samsara steht für die Brücke zwischen Software und physischer Welt und profitiert von der Digitalisierung industrieller Abläufe, was das Portfolio um eine reale Komponente ergänzt.
Cybersicherheit: Palo Alto Networks vor dem Strategie-Sieg
Ein besonderes Augenmerk legt Evercore auf den Sicherheitssektor. Palo Alto Networks (PANW) wurde dabei zum absoluten "Top-Pick" im Bereich Cybersecurity gekürt. Die Analysten erwarten, dass sich das Narrativ rund um das Unternehmen im Jahr 2026 "maßgeblich verschieben" wird. Grund dafür ist die fortschreitende Plattform-Strategie: Evercore rechnet damit, dass die Synergien aus den Übernahmen von CyberArk (CYBR) und Chronosphere ab 2026 voll zum Tragen kommen. Dieser integrierte Ansatz könnte Palo Alto zum dominierenden Akteur machen, wenn Unternehmen versuchen, ihre immer komplexeren KI-Infrastrukturen gegen neue Bedrohungsszenarien abzusichern.
Differenzierung als Schlüssel zum Erfolg
Trotz des grundsätzlichen Optimismus mahnt Evercore zur Selektion. Während Infrastruktur- und Datenanbieter glänzen, könnten klassische Back-Office-Anwendungen ohne klaren KI-Mehrwert zunehmend unter Druck geraten, da Unternehmen ihre Budgets konsequent in Richtung wertschöpfender Technologien umschichten. Auch bei Unternehmen mit einer starken Abhängigkeit von staatlichen Aufträgen raten die Analysten zur Vorsicht, da hier die Ausgabendynamik im Vergleich zum privaten Sektor gedämpft bleiben könnte.
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