The Trade Desk entwickelt eigenes Smart-TV-Betriebssystem – Angriff auf Roku, Google und Amazon

Der Werbegigant The Trade Desk bereitet einen mutigen Schritt vor, um seinen Einfluss im digitalen Werbemarkt zu erweitern und sich direkt mit den Platzhirschen Roku, Google und Amazon zu messen. Wie aus Insiderkreisen zu erfahren ist, arbeitet das Unternehmen im Geheimen an einem eigenen Smart-TV-Betriebssystem. Dieses neue OS (Operating System - Betriebssystem) soll an TV-Hersteller lizenziert werden, die Alternativen zu Google TV, Amazons Fire TV OS oder Roku suchen.

Diese Entwicklung markiert einen strategischen Vorstoß in den stark umkämpften Smart-TV-Markt. Das Betriebssystem wird seit Beginn der Pandemie unter strengster Geheimhaltung entwickelt. Laut der Technologienachrichtenseite Lowpass sind ehemalige Führungskräfte von Roku an dem Projekt beteiligt, wobei einige Teammitglieder ihre Verbindung zu The Trade Desk bewusst auf Plattformen wie LinkedIn verschleiern. Insgesamt sollen Dutzende Mitarbeiter an diesem ambitionierten Vorhaben arbeiten.

The Trade Desk habe bereits Gespräche mit mehreren TV-Herstellern geführt und verspreche diesen deutlich attraktivere Umsatzbeteiligungsmodelle als die etablierten Wettbewerber. Zudem will das Unternehmen laut Lowpass seinen Partnern größere Freiheiten bei der Anpassung der Benutzeroberfläche einräumen – ein signifikanter Vorteil gegenüber den oft rigiden Vorgaben von Roku und Amazon. Ein erster Partner soll bereits gewonnen sein, und das erste Gerät mit dem neuen Betriebssystem könnte bereits im kommenden Jahr auf den Markt kommen.

Das Betriebssystem basiert auf Android AOSP, ähnlich wie Amazons Fire TV OS. Diese Wahl erleichtert die Entwicklung und die Portierung von Apps, birgt jedoch auch Risiken: Google ist in der Vergangenheit vehement gegen TV-Hersteller vorgegangen, die angepasste Android-Versionen nutzten, was Amazon zeitweise daran hinderte, mit bestimmten Herstellern zusammenzuarbeiten. Obwohl Amazon mittlerweile auf ein Linux-basiertes OS umstellt, bleibt abzuwarten, wie Google auf The Trade Desks Vorstoß reagieren wird.

Der Einstieg in den Smart-TV-Markt ist kein leichtes Unterfangen. Neben den etablierten Größen wie Roku, Google und Amazon stehen The Trade Desk auch neue Konkurrenten wie LG, Samsung, Vizio und andere gegenüber, die ihre eigenen Betriebssysteme lizenzieren. Der Markt wird zudem von Playern wie Xumo, einem Joint Venture von Comcast und Charter, TiVo und weiteren Herausforderern umkämpft.

Warum dringt The Trade Desk in diesen überfüllten Markt vor? Laut Quellen von Lowpass könnte das Unternehmen befürchten, von Plattformbetreibern wie Roku aus dem lukrativen Smart-TV-Werbemarkt verdrängt zu werden, da diese zunehmend Publisher unter Druck setzen, den Großteil oder alle Anzeigen auf ihren Plattformen selbst zu verkaufen. Eine weitere Strategie könnte darin bestehen, die Anzahl der Smart-TVs und verbundenen Geräte zu steigern, die für personalisierte Werbung genutzt werden können.

Eines ist klar: The Trade Desk sieht im Connected-TV-Werbegeschäft einen Schlüssel zu künftigem Wachstum. CFO Laura Schenkein betonte zuletzt, dass Videoanzeigen mittlerweile "einen hohen 40-%-Anteil" am Gesamtgeschäft ausmachen. Der Schritt in den Smart-TV-Markt könnte daher eine logische Erweiterung der Geschäftsstrategie sein – und ein potenzieller Gamechanger im Wettbewerb um die besten Werbeplätze im Wohnzimmer der Verbraucher.


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