Schumpeter und die schöpferische Zerstörung in Zeiten der Corona-Pandemie – aussichtsreiche Technologieunternehmen

Michael Seibold ist als freier Redakteur beschäftigt. Artikel von freien Redakteuren stellen deren eigene Meinung dar und müssen mit der von aktien nicht korrespondieren.

Liebe Leser,

was ist der Kern des Kapitalismus? Kapitalismus bedeutet Unordnung, teilweise ist Kapitalismus Chaos – so formulierte es Joseph Schumpeter vor über 100 Jahren und veränderte damit mit seinem Konzept von der schöpferischen Zerstörung die Keimzelle der Ökonomie. Wie er in seinem bekannten Werk in "The Theory of Economic Development" schrieb, das er bereits 1911 veröffentlichte, bestehe die Stringenz des kapitalistischen Systems darin, dass nach einer gewissen Zeit der Depression oder Rezession neue Unternehmer entstehen. Eine Welle des Wohlstands wird durch die neue "Herde" von Unternehmern ausgelöst und der gesamte Zyklus setze sich fort.

Für den großen österreichischen Nationalökonomen Schumpeter sind Krisen keine Beschwerde über die Zerrissenheit des Kapitalismus, vielmehr stecke in einer Rezession die Geburtsstunde für schöpferische Innovationen, neuen wirtschaftlichen Zyklen sowie kompletten Organisationsformen. So schlimm die Corona-Krise für viele und deren Umfeld sich auswirken mag, so lohnt es sich trotzdem, auf die Zeit nach dem wochenlangen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stillstand zu fokussieren. In jeder Krise steckt bekanntlich die Chance auf Verbesserung und Innovation.

Das Konzept von Schumpeter könnte aktueller gar nicht sein, denn wir erleben es gerade selbst. Nur, wenn sich Unternehmen fortwährend in Frage stellen, werden sie stabil bleiben, ansonsten werden sie vom Markt verschwinden und durch neuere, innovativere Unternehmen verdrängt. Für Schumpeter ist ein dynamisches Chaos die Grundlage für eine gesunde Volkswirtschaft, stetiges Gleichgewicht lehnte er ab. So sei nicht die schiere Größe das relevante Kriterium für die Nachhaltigkeit eines Unternehmens, sondern die Anpassungsfähigkeit an sich ändernde Umgebungsbedingungen. So wie eine Zelle nicht im Vorfeld weiß, wie sie zu funktionieren hat, so entscheidend für die Anpassung ist ihre Umgebung. Ist das Umfeld nicht passend genug für die Zelle, so werde sie irgendwann selbst im Kern erkranken.

Was bedeutet schöpferische Zerstörung?

Was etikettiert den Kapitalismus besonders? Es ist seine Neigung zur fortwährenden "schöpferischen Zerstörung". Neue Erfindungen, Techniken und Innovationen lösen alte Formen in regelmäßigen Abständen ab. Wie Phönix aus der Asche muss sich der gesamte Kapitalismus mit seinen Unternehmen immer wieder neu erfinden, indem er alte, nicht mit der Zeit gehende Unternehmen vernichtet. Schumpeter definierte Wachstum so: "Entscheidende Motive für wirtschaftliches Wachstum sind gerade in Stagnations-Phasen herausragende Basis-Erfindungen; sie sind die Impulse für Anschluss-Innovationen in breitem Umfang". Wachstum ist also ein Prozess schöpferischer Zerstörung. Die Produzenten von Waren sehen sich einer ganz besonderen Konkurrenz gegenüber: In diesem Fall sind es nicht die Marktteilnehmer, sondern es ist die Konkurrenz der Innovationen, die alte Produkte binnen kürzester Zeit obsolet machen kann. Und dies gilt auch bei Herstellern, die aktuell als einzige seiner Art dieses Produkt herstellen. Wenn sie es nicht ständig versuchen zu optimieren, werden auch diese Unternehmen es schwer haben, am Markt dauerhaft Bestand zu haben.

Kreative Zerstörung – Digitalisierung

Die "Kreative Zerstörung" ist der Motor für die wirtschaftliche Entwicklung. Viele Wirtschaftszweige haben bereits an Bedeutung verloren, während gleichzeitig neue Tätigkeitsfelder, Unternehmen und ganze Branchen entstanden sind. Wir sehen dies gerade im Bereich der Digitalisierung. Diese hat einen strukturellen Wandel sowohl in der Wirtschaft als auch in der Gesellschaft in Gang gesetzt, vor allem jetzt in Corona-Zeiten sehen wir eine deutliche Beschleunigung dieser Branchen. In nahezu allen Lebensbereichen kommen digitale Produkte zum Einsatz, Prozesse werden digitalisiert, Unternehmen und Menschen aus der ganzen Welt sind immer stärker miteinander vernetzt. Der Transformationsprozess wird um Jahre durch die Krise beschleunigt. "Big Data" wird bereits als der wichtigste Rohstoff des 21. Jahrhunderts bezeichnet. Systeme werden intelligenter und können autonom reagieren und ständig dazulernen. Durch die Digitalisierung werden Wertschöpfungsketten komplett verändert, die räumliche und zeitliche Distanz von Hersteller und Konsument verschwindet nahezu ganz und ermöglicht Echtzeit-Einkaufserlebnisse. Wir haben bereits gesehen, wie der Einzelhandel sowie die Mobilität sich strukturell verändern.

In dieser schöpferischen Kraft liegt ein hohes Potenzial, um neues Wachstum, Produktivität und wirtschaftlichen Aufschwung zu entfachen. Die globale Vernetzung geht mit einem Rückgang an Informations- und Transaktionskosten einher. Durch eine bessere Unterstützung durch digitale Produkte und Dienstleistungen werden sich auch Chancen in Hinblick auf den demographischen Wandel ergeben. Viele befürchten hinter der Beschleunigung der Digitalisierung einen massiven Verlust von Arbeitsplätzen. Diese erscheint mir größtenteils unbegründet. So findet man immer wieder Schlagzeilen, die "jeden zweiten Job" durch die Digitalisierung in Gefahr sehen, weil Roboter und computergestützte Maschinen künftig unsere Jobs ausüben (Frey und Osborne 2017). Leider wird dabei nur auf die negative Seite der Beschäftigungsmedaille eingegangen, ohne die Enormen Chancen der Digitalisierung zu erkennen. Durch den Fortschritt des technologischen Wandels werden auch viele neue Stellen geschaffen. Auch beispielsweise bei der Erfindung des mechanischen Webstuhls oder bei der Erfindung der Eisenbahn, dessen Veränderungen noch viel größere Auswirkungen hatten, haben wir keine geringer, im Gegenteil sogar eine erhöhte Beschäftigungszahl vorgefunden.

So konnte eine ifo-Studie, die die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt nach Berufen und Regionen untersucht hat, nicht zum Schluss kommen, dass in Deutschland durch die voranschreitende Digitalisierung die Arbeit ausgehen wird, so wie es eben in der Vergangenheit auch nicht der Fall gewesen sei. Ein Wandel wird sich vor allem in Berufen mit einem hohen Routinegehalt ergeben, ein deutliches Wachstum wird dagegen für Nicht-Routineberufe wie soziale und pflegerische Berufe, IT-Berufe oder Ingenieursberufe prognostiziert. Empirische Studien haben gezeigt, dass die Digitalisierung in den letzten Jahrzehnten zu einer Arbeitsmarktpolarisierung in den USA, aber auch in Europa und Deutschland, führte. Gewinner dieser Veränderungen sind demnach Beschäftigte mit niedrigen und hohen Qualifikationsniveaus, wohingegen Beschäftigte mit mittleren Qualifikationsniveaus in weniger anpassungsfähigen Berufen relativ zu anderen Gruppen am Arbeitsmarkt verlieren. Auch konnte in Deutschland bislang kein Einfluss der Erhöhung der Roboterdichte auf das Niveau der Gesamtbeschäftigung nachgewiesen werden. Jeder eingesetzte Roboter verdrängte zwar durchschnittlich zwei Jobs in der Industrie (1994-2014). Jedoch entstanden an anderer Stelle, meist im Dienstleistungssektor, auch zwei neue Jobs pro Roboter.

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Quelle: Listen-Viewer von Traderfox

Fazit

Während starken wirtschaftlichen Einbrüchen begann die Blütezeit einiger bekannter Namen, darunter Uber (2009), Airbnb (2008), Microsoft (1975), Disney (1923), General Motors (1908) und General Electric (1890). Wir erinnern uns auch an die Disruption des iPhones von Apple zu Zeiten der Finanzkrise oder als Alibaba das Online-Einkaufszentrum Taobao während der chinesischen SARS-Epidemie 2003 ins Leben rufte. All diese disruptiven Produkte und Dienstleistungen entstanden in der Krise. Während es in Krisenzeiten zur kreativen Zerstörung kommt, weisen schumpetarische Wissenschaftler auf eine "kreative Anhäufung" im wirtschaftlichen Aufschwung hin, wenn also in den Forschungs- und Entwicklungslabors von großen Unternehmen schrittweise Innovationen herbeigeführt werden. Die großen Tech-Giganten wie Apple, Amazon, Microsoft und Alphabet sind Beispiele für die kreative Akkumulation geworden, könnten aber durch Investitionen in der Krise in neue Geschäftsbereiche ein Teil einer neuen Welle kreativer Zerstörung sein. Letztendlich besteht kein Zweifel daran, dass die Covid-19-Pandemie, die das Leben vieler Menschen auf den Kopf gestellt hat, zu einer Fülle an neuen Geschäftsmöglichkeiten führen wird.

Liebe Leser,

ich wünsche Ihnen noch weiterhin viele erfolgreiche Investments!

Bis zur nächsten spannenden Story,

Michael Seibold

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Bildherkunft: https://unsplash.com/photos/eAQz3nkN_WE