Wall Street im Korrekturmodus: Mit diesen Indikatoren lässt sich eine erfolgreiche Bodenbildung oder ein drohender Ausverkauf erkennen

Die Wall Street musste in der Vorwoche herbe Verluste hinnehmen. Insgesamt belief sich der Abschlag beim Dow Jones Industrial Average auf 4,5%, das war gleichbedeutend mit der schwächsten ersten Dezemberwoche seit 2008. Auch der S&P 500 Index fiel kräftig zurück und bei einem Abschlag von inzwischen 10,1 % gegenüber dem Jahreshoch steckt auch dieser Index nun laut Definition in einer Korrektur.

Auf die Stimmung unter den Marktteilnehmern drückt dabei eine lange Liste mit Sorgen, zu denen unter anderem der Handelsstreit zwischen den USA und China zählt, eine möglicherweise bald inverse Zinsstrukturkurve, was ein Vorbote für eine Rezession sein könnte, sowie die Unsicherheit um die weitere US-Geldpolitik.

Vor diesem Hintergrund fragen sich viele Investoren natürlich inzwischen nervös, woran sich eine erfolgreiche Bodenbildung erkennen lässt, von der sich mit guten Aussichten auf Erfolg profitieren lässt. Oder im umgekehrten Fall, welche Hilfsmittel es gibt, um zu erkennen, dass noch ein weiterer Ausverkauf bevorstehen konnte, so dass es ratsam wäre, mit einem Neueinstieg noch abzuwarten.

Informationen dazu hat die Bank of America Merrill Lynch (BofAML) zusammengetragen. Insgesamt nennen die Analysten dort 9 Gründe, mit deren Hilfe sich eine große Bodenbildung erkennen lassen soll.

1. Ein BofAML Bull & Bear Indikator von unter 2

Der BofAML Bull & Bear Indikator ist ein Maßstab, mit dem die US-Investmentbank die Stimmung unter den Anlegern misst. Hohe Werte gelten dabei als ein Verkaufsargument, weil die Stimmung zu gut ist, niedrige Werte dagegen als Kaufargument, weil die Stimmung unter den Anlegern zu schlecht sein dürfte, was erfahrungsgemäß jeweils als ein Kontraindikator zu werten ist. Aktuell notiert der Indikator bei 2,7, was bereits relativ nahe an Kaufnotierungen von unter 2,0 ist. Unter dem Kontraindikator-Argument sind im Übrigen auch einige der anderen nachfolgenden Aspekte zu sehen.

BofAML Bull & Bear Indicator

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Source: BofA Merrill Lynch Global Investment Strategy

2. Ein Sprung bei den Rezessionsrisiken von derzeit 15 % auf mehr als 35 %, dazu könnte es unter anderem bei negative Konjunkturdaten wie einem globalen Einkaufsmanagerindex von unter 50 kommen, nachlassenden chinesischen Exporten und Anträgen von mehr als 50.000 bei den US-Arbeitslosenanträgen.

3. Konsens-Gewinnschätzungen, die auf globaler Basis von derzeit plus 8,3 % in Richtung 0 % pro Aktie fallen

Globale Konsensschätzungen für den Gewinn je Aktie

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Quellen: BofA Merrill Lynch Global Investment Strategy, Datastream

4. Ein steigender BofAML Global Wave Indikator, der als ein Frühindikator für anziehende bzw. rückläufige konjunkturelle Dynamik weltweit dient.

5. Eine Ausverkaufswelle bei noch bestehenden langfristigen Bullenwetten, wie den Investments auf steigende US-Tech-Aktien, einen aufwertenden Dollar oder im Bereich von Private Equity.

6. Falls negativ gestimmte Investoren dazu gezwungen sind, ihre auf fallende Notierungen abzielende Positionen in bestimmten Bereichen einzudecken. Dazu zählt man China-Short-Wetten wie Schwellenländer-Anleihen, Emerging Markets-Währungen, zyklischen Aktien aus Asien und Europa sowie Banken), Short-Wetten auf zinssensible Segmente wie REITs und US-Hausbauer oder auf globale Infrastruktur-Aktien.

7. Ein einbrechender Ölpreis, der die Einkaufsmanager-Indizes in China, Japan und in der EU steigen lässt.

8. Kapitalflüsse, die darauf hindeuten, dass Barmittel in Kreditpositionen fließt: Erinnert wird in diesem Zusammenhang daran, dass türkische Anleihen derzeit 17,7 % abwerfen, US-Hochzinsanleihen mit CCC-Rating 12,3 %, Mexiko-Anleihen 9,1 %, globale Hochzinsanleihen 7,0 %, Schwellenländer-Fremdwährungsanleihen 5,6 %, US Investmentgrad-Anleihen mit BBB-Rating 4,8 %.

9. Kapitalflüsse, die darauf hindeuten, dass Barmittel in Dividendenaktien fließt: Erinnert wird in diesem Zusammenhang daran, dass australische Aktien derzeit eine Rendite von 5,4 % abwerfen, britische Aktien 5,1 %, Aktien aus der Eurozone 4,3 % und globale Energie-Aktien 4,3 %.

Indikatoren, die darauf hindeuten, dass das große Kurstief noch viel weiter unter den aktuell gültigen Kursständen liegen könnte

1. Ein starker US-Arbeitsmarkt, der zu einem Sprung bei den Löhnen in Richtung 3,5 % führt.

2. Ein anhaltender Aufstieg von Populisten wie von Oppositionsführer Corbyn in Großbritannien, der Anleihe-Investoren dazu bringt, höhere Kosten für Kapital zu verlangen.

3. Falls negative Entwicklungen am Kreditmarkt zu politischer Impotenz führen, etwa für den Fall, dass Zinssenkungen durch die Fed wie im nachfolgenden Chart unten mit sich ausweitenden Kreditaufschlägen einhergehen.

Spreads bei den US-Hochzinsanleihen & Fed Funds-Senkungen 2007-2009

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Quellen: : BofA Merrill Lynch Global Investment Strategy, Bloomberg.

4. Falls ein negatives Kreditereignis zu einer Flucht aus dem USD führt und dadurch bei USD eine starke Abwertung bewirkt.

5. Falls die Handelssignale auf Kaufen drehen und die Märkte dennoch nicht in den Rally-Modus übergehen. Denn das könnte dann ein Hinweis auf einen bevorstehenden Störfall im Finanzsystem wie nach dem Strickmuster von LTCM, WorldCom oder Lehman sein.

BofAML Bull & Bear Indikator & negative Finanzereignisse

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Quellen: BofA Merrill Lynch Global Investment Strategy, Bloomberg

Bildherkunft: BofA Merrill Lynch Global Investment Strategy, Datastream